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Dresdens größtes Talent geht nach Jena

U-15-Nationalspielerin Marie-Kristin von Carlsburg sucht beim Bundesligisten etwas, was ihr Rähnitz nicht bieten kann. Noch nicht.

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Von Alexander Hiller

Dresden ist Fußball-Provinz. Zumindest, wenn man die Balltreterei von der weiblichen Seite betrachtet. Das mag angesichts der Euphoriewelle, die während der Fifa-Frauenweltmeisterschaft zeitweise aus dem Rudolf-Harbig-Stadion schwappt, merkwürdig klingen.

Doch die besten Dresdner Fußballmädels zieht es immer noch in die Ferne, wenn sie sich weiterentwickeln wollen. Bestes Beispiel dafür ist Marie-Kristin von Carlsburg. Das quirlige blonde Mädel vom 1.FFC Fortuna Rähnitz ist derzeit Dresdens einzige deutsche Fußball-Nationalspielerin. Oder besser – sie war es bis vor wenigen Wochen. Denn die U-15-Auswahlstürmerin läuft in der kommenden Spielzeit für den Nachwuchs des Frauen-Erstligisten FF USV Jena. „Ich glaube, es ist sowohl für mich als auch für meine Karriere in der Nationalmannschaft der richtige Schritt. Denn meine Technik ist nicht gerade das Gelbe vom Ei“, sagt Marie-Kristin von Carlsburg. Und genau an jener Schwäche muss sie verstärkt arbeiten. U-15-Bundestrainerin Bettina Wiegmann hat sie in dieser Überzeugung gestärkt. „Sie hat mir gesagt, wenn ich meine Technik entscheidend verbessere, dann kann ich mal eine Große werden“, erzählt von Carlsburg. Einer wie Wiegmann kann man diese Einschätzung glauben. Die vierfache Europameisterin und Weltmeisterin von 2003 brachte es auf 154 Länderspieleinsätze.

Eigentlich führt der Weg für die besten sächsischen Fußballerinnen irgendwann nach Leipzig. Dort sind die Kickerinnen am Landesstützpunkt bei Bundesliga-Aufsteiger Lok Leipzig konzentriert. Deshalb nimmt das Dresdner Sportgymnasium auch keine Fußballerinnen auf. Marie-Kristin von Carlsburg versuchte trotzdem bis zuletzt, dass sie weiter in Dresden bleiben kann, sagt sie. „Ich habe lange nach einer rechtlichen Lücke in diesem starren System gesucht, um doch ans Sportgymnasium nach Dresden zu wechseln, doch es war vergeblich“, unterstreicht sie. Denn die Pirnaerin ging bislang in ihrer Heimatstadt an eine ganz normale Lehreinrichtung – die Johannes-Pestalozzi-Schule. Mit Freistellungen und Ausnahmeregelung tut man sich dort verständlicherweise schwerer als an Schulen mit sportlicher Ausrichtung. „Außerdem spielt Rähnitz zwar bereits in der Regionalliga, aber ich will höher hinaus“, sagt die blonde junge Frau ehrgeizig. Schon allein deshalb macht ein Wechsel für sie Sinn. Aber warum ausgerechnet Jena? „Normalerweise ist es bei jungen Fußballerinnen so, dass man sich bei den Vereinen selbst bewerben und vorstellen muss. Ich hatte aber mehrere Angebote, Leipzig und Jena waren für mich interessant. In Leipzig sind die Wege zwischen Schule, Internat und Sportplatz sehr weit, in Jena liegt alles sehr nah beisammen“, sagt sie. Im Thüringer Talentezentrum, in das sie am 10. August offiziell einzieht, kann sie nun sieben Trainingseinheiten pro Woche absolvieren, bei Fortuna waren es lediglich drei bis vier. Und noch einen gravierenden Unterschied gibt es. Während die Angreiferin mit ihren B-Jugendmädels von Fortuna in der Dresdner Stadtklasse gegen C-Jugend-Jungs antreten musste, spielen die gleichaltrigen Jenaer Mädchen in der thüringischen Landesklasse für C-Jugend-Jungen mit. „Das ist qualitativ ein erheblicher Unterschied, da wird man mehr gefordert“, erklärt die schnelle Adlige, die ihren Gegnern in der Stadtklasse regelmäßig davonrannte.

„Im Moment ist so ein Wechsel noch eine ganz natürliche Sache für uns. Wir haben derzeit noch nicht die Möglichkeiten, ein solches Talent zu halten“, unterstreicht Fortunas Vize-Präsident Sven Lehmann. „Wenn man es optimistisch sieht, sind wir stolz darauf, Marie-Kristin so weit entwickelt zu haben, aber ihr Wechsel tut uns schon weh“, bekennt er. Um an diesem Zustand in Dresden etwas zu ändern, bräuchten die jungen Kickerinnen der Landeshauptstadt in erster Linie schulische Alternativen zum Sportgymnasium. „Dazu sind wir mit Schulen mit sportlichem Profil im Gespräch“, sagte Lehmann. Andererseits müsste der 1. FFC Fortuna Rähnitz in naher Zukunft wohl eine sportlich höhere Perspektive als die derzeitige Regionalliga-Zugehörigkeit bieten.