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Dresdner retten Bauernhaus

Janine und Mario Werab machten aus einem verfallenen Hof in Schmiedefeld ein Schmuckstück. Nun leben drei Generationen zusammen.

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© Steffen Uunger

Von Ingolf Reinsch

Schmiedefeld. Vom Land in die Großstadt – viele gehen diesen Weg. Janine und Mario Werab entschieden sich für die entgegengesetzte Richtung: Sie zogen mit ihren beiden Kindern, die jetzt sieben und neun Jahre alt sind, vor drei Jahren von Dresden nach Schmiedefeld. „Wir wollten raus aus der Stadt“, begründet es Janine Werab, weshalb sich die Familie nach einem Haus im Dresdner Umland umsah. Fündig wurde sie bei Ebay-Kleinanzeigen. Dort wurde ein Vierseithof im Großharthauer Ortsteil Schmiedefeld zum Verkauf angeboten. Auf der „grünen Wiese“ in Stadtnähe zu bauen, wäre für sie nie infrage gekommen, sagt die 38-Jährige.

Ein besonderer architektonischer Schatz: Das Haus verfügt über ein Kreuzgewölbe.
Ein besonderer architektonischer Schatz: Das Haus verfügt über ein Kreuzgewölbe. © Steffen Uunger

Sieben Jahre lang war der Hof unbewohnt, ehe ihn die Familie kaufte. Entsprechend hoch waren Verfall und Investitionsbedarf. Die vierköpfige Familie zog zunächst ins Ausgedingehaus nebenan, während sie das unter Denkmalschutz stehende Haupthaus sanierte. In zwei Jahren machte sie es zu einem Schmuckstück. Außen wurden nicht nur Putz, Fenster und Türen erneuert, auch das Fachwerk im Obergeschoss musste komplett neu aufgebaut werden. Eine besondere Herausforderung, denn Dachstuhl und Dach, das auf dem Fachwerk ruhen, konnten erhalten werden.

Dachstuhl angehoben

Mittels Hydraulik wurde der Dachstuhl Stück für Stück angehoben, sodass die Zimmerer darunter das Fachwerk neu errichten konnten. Ausgefacht wurde es auf traditionelle Weise. Auch im Haus wurde viel vom Originalen bewahrt und zugleich moderner Wohnkomfort geschaffen. So wurden die bestehenden Balken an den Decken und Wänden erhalten. Wände wurden mit Lehm verputzt. Zugleich wurden die alten Decken und Dielen durch neue ersetzt und Räume entkernt. Aus drei kleinen Zimmerchen im Obergeschoss entstand ein großes Wohnzimmer mit Essbereich und offener Küche. Die Fachwerkbalken in der Mitte wirken wie ein Raumteiler. Hier spielt sich jetzt ein Großteil des Familienlebens ab. Seit Dezember wohnt Familie Werab im Obergeschoss des Hauses.

Finanzielle Unterstützung für Bauherren

Die Region Westlausitz stellt über das europäische Programm Leader Fördergelder für Projekte im ländlichen Raum zur Verfügung. Neben Kommunen, Unternehmen und Vereinen können auch private Bauherren davon profitieren.

Wer ein leer stehendes Gebäude wieder für Wohnzwecke nutzt, kann bis zu 40 Prozent der Baukosten gefördert bekommen. Bei der Umnutzung, etwa beim Umbau einer Scheune fürs Wohnen, sind es bis zu 30 Prozent. Die Obergrenze der Förderung liegt bei 100000 Euro.

Voraussetzung für eine Förderung ist, dass mit den Bauarbeiten noch nicht begonnen wurde, solange über den Zuschuss nicht entschieden ist.

Die Anträge müssen beim Regionalmanagement eingereicht werden. Dort kann man sich auch kostenlos beraten lassen. Angedockt ist das Management beim Planungsbüro Schubert in Radeberg.

Zur Region Westlausitz gehören zwölf Städte und Gemeinden, darunter Bischofswerda, Frankenthal, Großharthau und Rammenau.

Kontakt: Daniela Retzmann, Telefon 03528 41961039, [email protected]www.region-westlausitz.de

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Im Erdgeschoss richteten sie eine zweite Wohnung ein. Sie ist schon seit Oktober vergangenen Jahres bezogen – von Mario Werabs Eltern. Dafür haben sie gern ihre Zweiraumwohnung in Freital aufgegeben, sagt Bettina Werab. Sie genießt die Nähe zu ihren Kindern und Enkeln – und freut sich schon auf das Frühjahr, wenn es im Garten was zu tun gibt. Gleich am Haus gibt es einen Bauerngarten. Hinterm Hof befindet sich eine große Streuobstwiese. – Die Mutter von Janine Werab und ihr Lebensgefährte machen das Familienleben komplett: Sie bauten die Scheune auf dem Hof für sich zum Wohnhaus aus.

Fachwerk erneuert

Fachfirmen kamen zum Zuge. Doch was irgendwie ging, erledigten die Werabs in Eigenleistungen, so zum Beispiel sämtliche Abrissarbeiten im Haus. Freunde halfen ihnen dabei. Mit Baukosten von 300 000 Euro hatten sie gerechnet. Am Ende wurden es 360 000 Euro, bedingt vor allem durch das Fachwerk, das eben nicht nur teilweise ausgebessert, sondern komplett erneuert werden musste. Gefördert wurde der Umbau durch das Leader-Programm der Region Westlausitz. Janine und Mario Werab bekamen die maximal mögliche Förderung von 100 000 Euro, weil sie ein leer stehendes Gebäude auf dem Land fürs Wohnen erhalten haben.

Von diesem Programm können auch andere Bauherren profitieren. Noch bis zum 2. März läuft der aktuelle Projektaufruf. Noch ist der für private Vorhaben zur Verfügung stehende Fonds nicht ausgeschöpft, sagt Daniela Retzmann vom Regionalmanagement der Westlausitz. Bauherren können sich also noch bewerben – für die laufende Förderperiode oder auch für die folgende. Nach den Erfahrungen wird es in diesem Jahr wahrscheinlich noch einen zweiten Projektaufruf geben. „Bauherren, die jetzt noch nicht so weit sind, um eine Förderung zu beantragen, können sich trotzdem schon mit uns in Verbindung setzen, um für die nächste Periode alles vorzubereiten“, sagt Daniela Retzmann.

Familie Werab ist in Schmiedefeld angekommen. Die Kinder gehen in Großharthau zur Schule. Die Familie wurde im Dorf gut aufgenommen. Die Nachbarn sind nett und hilfsbereit, sagt Janine Werab. Die Kinder wurden in der Vorweihnachtszeit gleich zum Krippenspiel mit eingeladen. Janine und Mario Werab arbeiten in Dresden – sie ist als Fotografin mit eigenem Studio selbstständig, er arbeitet im Serumwerk. In einer knappen Viertelstunde sind sie mit dem Auto am Dresdner Stadtrand. Sie genießen die Vorteile der Großstadt – und leben stressarm in ihrem eigenen Haus auf dem Lande. Eine gute Balance.