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DRK-Suchdienst findet noch Vermisste

Viele Menschen wissen nicht, was mit ihren Angehörigen im Zweiten Weltkrieg passiert ist. Ingo Ulrich aus Görlitz will ihnen helfen.

Von Gabriela Lachnit
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Ingo Ulrich leitet den DRK-Suchdienst in Görlitz.
Ingo Ulrich leitet den DRK-Suchdienst in Görlitz. © SZ-Archiv

Es ist erstaunlich, wie viele Menschen noch immer in die monatliche Sprechstunde beim DRK-Suchdienst kommen. Sie wollen Gewissheit, was mit ihren Angehörigen im Zweiten Weltkrieg passiert ist. Denn noch immer sind viele Schicksale ungeklärt. Licht ins Dunkel bringt hier in Görlitz Ingo Ulrich. Seit 2008 leitet er den Suchdienst des DRK. Jeden ersten Donnerstag im Monat bietet er eine Sprechstunde an.

Mittlerweile sind es Enkelkinder, die Ulrichs Hilfe suchen. „Auf so mancher Familienfeier geht es um Verwandte, über deren Verbleib niemand etwas weiß. Das ist dann oft der Anlass, beim DRK-Suchdienst Hilfe zu erbitten“, erklärt Ingo Ulrich. Der 78-Jährige, der seit 62 Jahren für das DRK aktiv ist, erklärt: „Da ist jede Menge zu erledigen, sind Unterlagen der Suchenden zu sichten, Anträge zu stellen und alles nach München in die Zentralstelle des Suchdienstes zu schicken.“ Dort und auch in Berlin werden viele Unterlagen aus der Zeit des Krieges aufbewahrt. Außerdem muss er mit verschiedenen Dienststellen anderer Organisationen, darunter die Deutsche Kriegsgräberfürsorge, in Kontakt treten, wenn in der Zentralstelle keine oder nur lückenhafte Unterlagen über den Betreffenden vorliegen. Während die Erwartungen, etwas von den Vermissten zu hören, in früheren Jahren viel höher lagen, sind sie jetzt eher gedämpft. Denn auch die Angehörigen wissen, dass mittlerweile viel Zeit ins Land gegangen ist. Es werde immer schwieriger, Schicksale aufzuklären. Ohnehin unterstützt die Bundesregierung die lokalen Suchdienststellen nur noch bis zum Jahr 2023. Was dann wird, weiß Ulrich nicht. Bis dahin aber will er gemeinsam mit Christa Busch den DRK-Suchdienst in Görlitz betreiben – weiterhin im Ehrenamt.

Mehr als 400 Görlitzern konnten Ingo Ulrich und Christa Busch in den vergangenen elf Jahren helfen, herauszufinden, was mit ihren Angehörigen in Kriegszeiten oder kurz danach passiert ist. Bei mehr als der Hälfte dieser Leute gab es hundertprozentige Sicherheit über ein Schicksal. Die Angehörigen konnten endlich, nach Jahrzehnten, Gewissheit erlangen. Bei vielen Suchenden wich der letzte Hoffnungsfunke, dass der Angehörige vielleicht doch den Krieg überlebt hat. „Mit der Gewissheit über das Schicksal setzte die Trauer und bald deren Verarbeitung ein“, sagt Ingo Ulrich. Manchmal seien die Angehörigen aber auch nur froh gewesen, endlich die Ungewissheit ablegen zu können.

Zwar sei es mit immer weiter fortschreitender Zeit schwieriger, Auskünfte über Vermisste zu erlangen, es lohne sich aber trotzdem. Denn Informationen gibt es immer noch. Jede Anfrage von Suchenden werde beantwortet, wenngleich nicht immer mit einer abschließenden, endgültigen Aussage zu dem Vermissten.

Sprechstunde des DRK-Suchdienstes in Görlitz ist jeden ersten Donnerstag im Monat in der Lausitzer Straße 9 in Königshufen, 13 bis 17 Uhr. Nächster Termin: 4. April. Die Beratung beim Suchdienst ist kostenfrei.

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