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Droht ein neuer Kalter Krieg?

Solche Töne hatte man zwischen Moskau und Washington lange nicht gehört. Der Konflikt im Kaukasus löste einen heftigen Schlagabtausch aus, der an die Zeiten des Kalten Krieges erinnerte. US-Präsident George W. Bush warf Russland vor, mit der Militäroperation gegen Georgien „überzogen“ zu reagieren.

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Von Frank Grubitzsch

Solche Töne hatte man zwischen Moskau und Washington lange nicht gehört. Der Konflikt im Kaukasus löste einen heftigen Schlagabtausch aus, der an die Zeiten des Kalten Krieges erinnerte. US-Präsident George W. Bush warf Russland vor, mit der Militäroperation gegen Georgien „überzogen“ zu reagieren. Im Gegenzug beschuldigte der russische Regierungschef Wladimir Putin die US-Regierung, zur Verschärfung der Lage beigetragen zu haben, indem sie bis zu 2000 georgische Elitesoldaten aus dem Irak in den Südkaukasus bringen ließ.

Angesichts des verbalen Muskelspiels warnte Georgiens Ex-Präsident Eduard Schewardnadse vor einem „neuen Kalten Krieg“. Besonnene Politiker halten das für übertrieben. Wie steht es um die Partnerschaft, die Bush und Putin in den vergangenen Jahren so oft beschworen hatten? Noch im April, als sich die beiden scheidenden Präsidenten in Sotschi trafen, hatten versöhnliche Töne dominiert. Allerdings blieben schon damals die wichtigsten Streitfragen ungelöst.

Streitpunkt 1: die

strategischen Interessen

Bei den Interessengegensätzen zwischen den USA und Russland geht es um weit mehr als den Kaukasus. Auch das „virtuelle Projekt“ Georgien, wie Putin abfällig formulierte, ist nur ein Teil im globalen Puzzle. Nach Ansicht von Experten sieht Moskau nun offenbar die Chance, die monopolare Dominanz der USA zu beenden und das eigene Gewicht in der Welt zu stärken. Das setzt voraus, Russlands Einfluss an der südlichen Peripherie zu verteidigen und US-Ambitionen abzuwehren. Beobachter halten das Kalkül für einfach: Da die USA zurzeit durch die Kämpfe in Afghanistan und im Irak gebunden seien, müsse man militärische Reaktionen nicht fürchten. Zudem kann der Kreml auf das Beispiel der früheren serbischen Provinz Kosovo verweisen, um die Loslösung von Abchasen und Südosseten aus dem georgischen Staatsverband zu zementieren. Schließlich wirkt der „Fall Georgien“ wie ein Exempel auf andere Staaten, die sich als potenzielle Partner des Westens sehen – wie die Ukraine oder Aserbaidschan.

streitpunkt 2: die

erweiterung der Nato

Schon gegen den Nato-Beitritt der baltischen Staaten sowie Polens, Tschechiens und weiterer südosteuropäischer Länder hatte Russland massiv Einspruch erhoben. Durch die Pläne für eine weitere Ausdehnung nach Osten sieht Moskau die eigenen Sicherheitsinteressen bedroht. Nach dem Konflikt im Kaukasus liegt die Aufnahme Georgiens nun in weiter Ferne. Der Krieg hat Bedenken bestätigt, das Bündnis werde so in die Wirren des Kaukasus hineingezogen. Dagegen sehen Polen und Balten in der Aufnahme Georgiens die einzige Möglichkeit, künftig „Aggressionen“ zu verhindern. Beim Bukarester Nato-Gipfel im April war das Thema auf das Jahresende vertagt worden.

Streitpunkt 3: der aufbau

eines Raketenabwehrsystems

Die USA begründen ihr Projekt, ein Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien zu errichten, mit der möglichen Bedrohung durch den Iran. In Russland verstärkt es das Gefühl der strategischen Einkreisung. Der Kreml kündigte deshalb an, die Streitkräfte und die Waffensysteme zu modernisieren. Mit dem Angebot, eine Radarstation in Aserbaidschan in das Abwehrsystem zu integrieren, zeigte Putin auf dem G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm Kompromissbereitschaft. Die Idee hatte nach Experteneinschätzung kaum Erfolgschancen.

Streitpunkt 4: der Bestand

der Abrüstungsverträge

Als Reaktion auf die Raketenabwehrpläne hatte Putin bereits im April 2007 gedroht, aus dem KSE-Vertrag auszusteigen. In dem Abkommen einigten sich beide Setien auf die Begrenzung der konventionellen Streitkräfte in Europa. Der Westen warf Russland immer wieder vor, die Verpflichtungen nicht vollständig erfüllt zu haben. Dabei ging es um jene russischen Truppen, die in der von Moldawien abtrünnigen Republik Transnistrien sowie in Abchasien und Südossetien stationiert sind. (mit dpa)