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Großen Andrang gab beim Model-Casting im Görlitzer Kaufhaus zwar nicht. Dafür waren echte Hingucker unter den Kandidaten.

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© nikolaischmidt.de

Von Daniela Pfeiffer

Zu zweit ist man mutiger. Also hat Elisa ihren Kumpel Jonathan mitgebracht. Die beiden 18-Jährigen sind am Sonnabend ins Kaufhaus zum Modelcasting gekommen. Und da wird nicht lange gefackelt. Anmeldebogen ausfüllen und direkt auf den Laufsteg – in Form eines langen roten Teppichs. An dessen einem Ende stehen zwei Dutzend Schaulustige, am anderen sitzt die Jury. Also Augen zu und durch.

Nein, Augen besser auf, Blick souverän nach vorn gerichtet und jetzt bloß nicht stolpern oder allzu sehr staksen, stampfen, schlürfen. Bei Elisa Buse klappt das schon beeindruckend gut, dafür, dass die Schülerin bis auf ein Casting, das sie mal in Berlin mitgemacht hat, noch keinerlei Erfahrung hat. Auch die Jury findet ihren ersten Lauf ganz gut. Und die müssen es wissen, alle drei sind Profis: Model Paula, die Berlinerin Andrea Rometsch von der Agentur Q.Fashion Model-Agency und Andrej Subarew, Modedesigner aus Berlin und künstlerischer Direktor des Euro Fashion Award.

Dieser Modepreis soll im April 2016 im Kaufhaus verliehen werden. Professionelle Models werden die neuen Kollektionen vorführen – von jungen Designern, die bislang noch nicht feststehen. Die Bewerbungsphase läuft gerade, im Dezember will die Jury bekannt geben, wer seine Mode in Görlitz zeigen darf und somit Chancen auf den mit 30 000 Euro dotierten Preis hat.

Damit der regionale Charakter nicht verloren geht, sollen eben auch junge, schöne Damen und Herren aus Görlitz oder Zgorzelec die Chance bekommen, mitlaufen zu dürfen. Wenn sie denn das Casting am Sonnabend genutzt und erfolgreich überstanden haben.

Elisa hat viele ihrer Freunde angesprochen, ob sie nicht mitkommen möchten. Getraut hat sich letztlich nur Jonathan Mosig. Seine Eltern haben ihm Mut gemacht, er sehe doch gut aus und habe die perfekten Maße. Modisch interessiert ist er auch, die Klamotten müssen schon den neuesten Trends entsprechen. Am Sonnabend ist er trotzdem total aufgeregt, wie er eingesteht. Sein erster Lauf gerät ein wenig steif, sagt die Jury, er solle es noch mal probieren, lockerer diesmal – und die Schultern zurücknehmen. Er probiert es – und es gelingt besser.

In bunter Schlumperhose

Er ist nicht der einzige junge Mann, der sich am Sonnabend traut, insgesamt vier sind da, und fünf junge Mädchen. Sogar drei Tänzer von der Tanzcompany des Görlitzer Theaters wollen es probieren. Die beiden jungen Damen allerdings unterbieten die geforderte Mindestgröße von 1,74 Meter bei Weitem und können so nur zusehen, wie ihr Mittänzer Martin Schultz Kristensen die Jury absolut begeistert. In bunter Schlumperhose legt er einen coolen Auftritt auf den Laufsteg hin, beim zweiten Lauf – diesmal mit freiem Oberkörper, den er noch mit einer kleinen Tanzbewegung beendet – sind sie hin und weg. Der 28-jährige Däne, der seit 2014 in Görlitz lebt, bleibt gelassen und geht gleich, als er fertig ist. Dass er souverän weiter ist und damit im April mitlaufen kann, dürfte er gar nicht mehr mitbekommen haben.

Inzwischen sind die anderen dran: Nur in Bademode sollen sie ihren nächsten Lauf absolvieren. Bei 14 Grad im Kaufhaus und immer mehr Blitzlichtgewitter am Ende des Teppichs. Aber ein Kandidat wie der andere macht seine Sache gut. Manche sogar sehr gut. Bei Jonathan und Elisa läuft es immer besser, die Aufregung hat sich gelegt. Jonathan hat noch Kumpel Adam Riahi getroffen, den er vom Fußball kennt. „Ein Bekannter, das beruhigt“, sagt Jonathan. Die Schwester hat Adam überredet, es doch auch zu versuchen. „Er hat ein Gesicht, das heraussticht“, findet sie. Warum also nicht einfach mal probieren, sagt Adam. Sein erster Lauf ist nicht gerade bravourös, doch die Jury gibt Tipps, was er verbessern kann.

Die Sache mit dem Arm

Spätestens als die langbeinigen, superschlanken Mädchen in knappen Bikinis auf riesigen Absatzschuhen den Teppich entlangstolzieren, erinnert dies an Germanys Next Topmodel aus dem Fernsehen. Aber Elisa beteuert, dass das ganz gewiss nicht ihr Ziel ist. Nie im Leben würde sie da mitmachen und sich vor ganz Fernseh-Deutschland bloßstellen lassen. Muss sie vielleicht auch nicht, denn die Jury ist restlos begeistert von der Blondine. „Elisa ist ein sehr hübsches Mädchen, sehr natürlich mit einer tollen Ausstrahlung“, schwärmt Andrea Rometsch später.

Nur die Sache mit dem Arm müsste sie noch in den Griff bekommen. „Ich habe sie gefragt, ob er mal gebrochen war, weil sie ihn so seltsam verkrampft hielt“, so Andrea Rometsch. Aber nichts dergleichen, wohl irgendwie so eine Angewohnheit, lächelt Elisa. Und sie kann lächeln, denn sie ist mit drei Ja-Stimmen souverän weiter. Genau wie Tänzer Martin und ein polnisches Geschwisterpaar.

Für Jonathan war das Casting am Ende nur eine Erfahrung, weitergekommen ist er nicht. Bei Adam schwankte die Jury: Er bekam zweimal Ja, einmal Nein. Der wackelige Kopf ist schuld – den müsse er unbedingt noch in den Griff bekommen.