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Eigenheimsiedlung versinkt in Fäkalien

Die Ursache ist bekannt. Bis zur Lösung wird es noch Jahre dauern.

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© Fotos: privat

Von Mario Heinke

Reste von Papier und Fäkalien hängen noch zwischen den untersten Zweigen der Koniferen, in der beschaulichen Siedlung „An der Aue“, die gleich hinter dem Autohaus Glaubitz an der Görlitzer Straße liegt. Ein unangenehmer Hauch von Jauche liegt am Dienstag noch in der Luft und die Bewohner der Einfamilienhäuser sind stinksauer. Hans-Peter Franke hat die Überflutung der Siedlung am Sonnabend auf einem Handy-Video festgehalten. „Land unter“, nennt er den kleinen Film.

Der Starkregen hat wieder einmal eine kleine Flutkatastrophe in der Siedlung ausgelöst. Die Gründe sind bekannt. Schuld ist die Mischwasserleitung, die von Oberseifersdorf und Zittau-Nord kommt. Wenn es stark regnet, so wie am Sonnabend, kann der Kanal die Wassermassen nicht aufnehmen. Fäkalien und Abwasser werden dann nach oben direkt in die Eigenheimsiedlung gespült. Das Wasser drückt außerdem die Gullideckel in der Straße nach oben. Allein 2013 wurden die Grundstücke „An der Aue“ siebenmal überflutet, seither wiederholt sich die Sintflut in regelmäßigen Abständen.

Bis zu 20 Zentimeter stand die Siedlung am Sonnabend an manchen Stellen unter Wasser. Die Anwohner riefen den Bereitschaftsdienst der Süd-Oberlausitzer Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsgesellschaft (Sowag) an. Die Sowag schickte eine Kanalreinigungsfirma, die den ganzen Sonntag damit beschäftigt war, die Fäkalien abzupumpen. Die „großen Stücke“ und das Papier holten die Mitarbeiter des Unternehmens mit der Harke von den Grundstücken. „Keine angenehme Arbeit für die Männer“, sagt Anwohnerin Verona Renz. Sie ärgert sich darüber, dass ihr Rasen immer wieder aufs Neue mit Krankheitserregern und Keimen verseucht wird. In der Siedlung leben viele Kinder, deshalb sind die Folgen besonders dramatisch, wenn die Rasenflächen nicht mehr zum Spielen genutzt werden können. Die unsichtbaren Ablagerungen gefährden nicht nur die Gesundheit, sondern beinträchtigen auch die Lebensqualität, finden die Eigenheimbesitzer.

Im vergangenen Jahr hatte der Abwasserzweckverband „Untere Mandau“ (AZV) den Bau eines Regenüberlaufs angekündigt, um das überschüssige Wasser in den Eckartsbach abzuleiten. Das Projekt läuft unter der Bezeichnung „RÜ 17“, eine Vorentwurfsplanung liegt vor. Aufgrund der Investitionskosten von rund 1,2 Millionen Euro beantragte der AZV beim Freistaat Fördermittel für den Regenüberlauf. „Wir wollten den Bau im Rahmen der Hochwasserschadensbeseitigung 2013 mit Fördermitteln finanzieren“, erklärt AZV-Chef und Bürgermeister von Olbersdorf Andreas Förster. „Alle Versuche, für den RÜ 17 Fördermittel zu bekommen, sind gescheitert“, sagte Förster am Dienstag. Er ist der Meinung, dass der AZV nicht vor 2018/2019 das nötige Geld zum Bau bereitstellen kann, und sieht Zittau in der Mitverantwortung.

Die Anwohner wollen nun einen Brief an den Zittauer Oberbürgermeister schreiben. Der OB ist allerdings gar nicht zuständig, denn das Mischwassernetz gehört an der Stelle dem AZV. „Wir weisen seit 15 Jahren im Verband darauf hin, dass ein Überlauf neben der Görlitzer Straße nötig ist“, sagt Andreas Paape, Leiter der Zittauer Bauverwaltung. In der Vergangenheit habe der Verband andere Prioritäten gesetzt, formuliert Bauamtsleiter Ralph Höhne das Problem etwas diplomatischer.

Fakt ist: Die AZV-Mitgliedsgemeinden Olbersdorf, Mittelherwigsdorf, Großschönau, Hainewalde, Jonsdorf, Oybin und Bertsdorf-Hörnitz haben ihre Netze weitgehend saniert, während ins Zittauer Netz nur wenig investiert worden ist. „Wir müssen jetzt innerhalb des Verbandes eine Lösung finden“, sagt Höhne. Ein Blick auf die Mitgliederstruktur des AZV zeigt, das müsste möglich sein, denn Zittau ist der größte Beitragszahler.