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„Ein Bild ist nie fertig“

Dietmar Frauenstein feiert diesen Freitag seinen 70. Geburtstag. Als Maler ist er über seine Heimat Fischbach hinaus bekannt.

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© Thorsten Eckert

Von Nadine Steinmann

Fischbach. Das 130 Jahre alte Haus von Dietmar Frauenstein versprüht allein durch sein Alter einen gewissen Charme. Betritt ein Besucher die Räumlichkeiten, fallen ihm dann mehrere Dinge sofort ins Auge. So hängt beispielsweise direkt im Flur an der Wand zur rechten Seite eine kleine Ahnengalerie. Sie zeigt die Vorfahren seiner Frau Martina, die zum Großteil im Schmiedegewerbe tätig waren. Linker Hand führt eine Treppe ins Obergeschoss. Auch sie kann der Besucher nicht empor steigen, ohne regelmäßig anzuhalten und zu staunen. Denn die komplette Wand ist übersät mit Bildern. Bilder von Landschaften, Blüten und der Arnsdorfer Ortschaft Fischbach. Besonders interessant anzuschauen ist das große Bild am Ende der Treppe. Auf den ersten Blick denkt der Betrachter, es handelt sich um ein normales Fenster, doch die Aussicht passt so gar nicht nach Fischbach – ein großer See, die hohen Berge im Hintergrund, die Sonne, die gerade aufgeht. Das Fenster selbst ist eine geschickte Illusion, die durch das kleine Fensterbrett nahezu perfekt wirkt.

Die alte Schmiede nutzt Dietmar Frauenstein mittlerweile als Atelier. Auch hier sind in jeder Ecke Bilder zu finden. Einen freien Fleck gibt es eigentlich nicht.
Die alte Schmiede nutzt Dietmar Frauenstein mittlerweile als Atelier. Auch hier sind in jeder Ecke Bilder zu finden. Einen freien Fleck gibt es eigentlich nicht. © Thorsten Eckert

Alle Bilder, die der Besucher dort sieht, hat Dietmar Frauenstein selbst gemalt. Wie viele es sind, weiß wohl keiner. Und das soll es noch längst nicht gewesen sein, denn nicht nur entlang der Treppe, sondern auch im Wohnzimmer, im Erdgeschoss und in der alten Schmiede, die zum Haus dazugehört und die er mittlerweile als Atelier nutzt, hängen und stehen Hunderte Bilder des Malers.

Ein Traumjob in Bischofswerda

Die Liebe zur Farbe und zur Ölmalerei begleitet Dietmar Frauenstein schon sein ganzes Leben. Geboren und aufgewachsen ist der heute 70-Jährige im Dresdner Stadtteil Leubnitz. Während der Schulzeit, in der fünften oder sechsten Klasse – er ist sich nicht mehr sicher – entstand das erste Bild des Malers. „Es war eine Zeichnung von Wilhelm Pieck“, erzählt der Fischbacher lachend. „Es hing sehr lange in der 68. Grundschule an der Wand.“ Für ihn war schnell klar, die Malerei sollte auch sein berufliches Leben begleiten. Zunächst absolvierte er eine Ausbildung zum Chemigrafen, stellte also Druckstöcke her. Dabei arbeitete er unter anderem auch für die Sächsische Zeitung. Doch die Technik schritt immer weiter voran. Und der Fortschritt zwang ihn, sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Doch das Beste an dieser Zeit: Er lernte seine Frau Martina kennen, die er 1968 in Stolpen heiratete. Gemeinsam zogen sie nach Fischbach in das Haus, das seit 130 Jahren in Familienbesitz ist.

Sein weiteres berufliches Leben führte ihn schließlich nach Radeberg zu einer Möbelfabrik. Hier war er vor allem im Bereich der Oberflächenbearbeitung der Holzmöbel eingesetzt. „Die Firma lebte zu 100 Prozent vom Export, lieferte nach Saudi-Arabien und Dubai“, berichtet Dietmar Frauenstein. Doch am glücklichsten machte den Maler die Zeit beim Beleuchtungsglaswerk Bischofswerda. „Das war mein Traum“, erzählt das heutige Geburtstagskind. Denn in diesem Unternehmen stellte er Siebdrucke her, beschäftigte sich mit Glasmalerei. „Doch dann kam die Wende“, berichtet Frauenstein mit einer Spur Trauer. Die Firma in Bischofswerda überlebte den Umbruch nicht. Doch ein glücklicher Zufall führte den Maler schließlich zurück in seine Geburtsstadt. „Mein Schwiegersohn hat damals in der Sempergalerie gearbeitet“, berichtet Frauenstein. Ein paar kurze Nachfragen und Gespräche bescherten ihm schließlich einen Job bei der Firma Canaletto, die zahlreiche historische Bauten in der Landeshauptstadt restauriert hat. Doch auch hier war ihm das Glück nicht hold, einige Kunden der Firma zahlten nicht und so musste Dietmar Frauenstein gezwungenermaßen auch diesen Job beenden und ging frühzeitig in Rente.

Doch von da an konnte er sich noch intensiver der Malerei widmen. Seine erste Ausstellung hatte er übrigens im Gemeindehaus Lomnitz. „Das war aber schon zu tiefsten DDR-Zeiten“, so der Fischbacher. Es folgten viele weitere Schauen, unter anderem in Moritzburg. Besonders stolz ist er jedoch auf seine Ausstellung, die er im vergangenen Jahr im Sächsischen Innenministerium hatte. „Ich hatte so viele und große Flächen zur Verfügung. Es hingen fast 50 Bilder von mir an den Wänden“, zeigt sich der 70-Jährige noch immer begeistert.

„Ein Bild muss man beobachten“

Seine Inspirationen holt sich der Hobbymaler vor allem aus der freien Natur. Oft ist er mit dem Fotoapparat in seiner Heimat und in der Region unterwegs, hält fest, was ihm besonders gefällt. Die Aufnahmen landen allesamt in seinen Fotoboxen. „Wenn ich dann an einem Morgen das Verlangen verspüre, suche ich mir ein Motiv aus und male es“, erzählt der gebürtige Dresdner. Ein oder zwei Stunden ist er dann völlig in seine Arbeit vertieft, danach macht er eine Pause. „Manchmal steht das Bild mehrere Wochen, bevor ich es wieder anfasse“, erzählt er. Die Zeit, die er für die Fertigstellung eines Gemäldes braucht, lasse sich gar nicht erfassen. „Ein Bild wird eigentlich auch nie fertig“, berichtet Frauenstein. Immer wieder fallen dem Künstler Kleinigkeiten auf, die er noch verändern oder verbessern könnte. „Man muss das Bild beobachten“, erklärt er.

Seine Werke sind zu 99 Prozent Ölmalereien, das letzte Prozent sind vor allem Bleistiftzeichnungen. Einige seiner Werke hat er auch verkaufen können, doch primär soll die Liebe zur Malerei ein Hobby bleiben. In der Gemeinde Arnsdorf ist er auf jeden Fall bekannt. Auch Bürgermeisterin Martina Angermann hat schon einige Bilder von ihm erworben. Und auch im Kulturhaus der Ortschaft Fischbach hängen zehn größere Bilder des Malers, der diesen Freitag 70 Jahre alt wird und auf ein erfülltes sowie farbenfrohes Leben zurückblicken kann. Wir als Sächsische Zeitung sagen herzlichen Glückwunsch!