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Ein Depot für die Görlitzer Schätze

Bürgermeister Wieler hat einen neuen Welterbeplan. Dabei spielen Hirschwinkelhalle und Waidhaus eine neue Rolle.

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© Nikolai Schmidt

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Die Denkmaldepots der Stadt sind rappelvoll. Unzählige Dinge aus alten Häusern sind eingelagert. Dinge, die bei Sanierungen nicht mehr gebraucht, aber nicht weggeworfen wurden. Viele Garagen und private Räume sind Bürgermeister Michael Wieler zufolge angemietet, um alles zu lagern. Die Mieten dafür wurden stets aus der Altstadtstiftung bezahlt – jenem Gremium, das das jährlich eingegangene Geld vom Görlitzer Millionenspender verwaltete. Das Ende des Spenden-Märchens bedeutet im Kleinen eben auch, dass diese Mieten nun aus anderen Töpfen kommen müssten.

Die Stadt hat eine andere Idee: Sie möchte die Hirschwinkelhalle als zentrales Denkmaldepot der Stadt einrichten, als Schau- und Verkaufsdepot. Denn, dass die gesammelten Utensilien und Exponate auch verkauft werden, ist üblich. Vor allem an Privatleute, die alte Häuser sanieren und Wert auf originale Details legen. Künftig sollen Görlitzer und Touristen in der Hirschwinkelhalle einen Verkaufs- und einen Schauraum besuchen können. Michael Wieler sieht das als kleinen neuen Besuchermagnet. „Wir haben sehr viele Exponate dabei, anhand derer sich Stadtgeschichte wunderbar erklären lässt“, sagt er. Die Europastadt GmbH könnte das mit touristischen Führungen verbinden. „Hier pflegt die Stadt Kulturerbe in einer Weise, die sie welterbewürdig macht“, findet Wieler als Kultur- und Baubürgermeister. Zugleich kann das die seit der Flut 2010 überwiegend leerstehende Halle beleben. Seit Jahresanfang trainieren hier zwar die Boxer des NFV Gelb-Weiß Görlitz. Doch ein großer Teil der Halle ist ungenutzt.

Das Konzept ist Teil der überarbeiteten Welterbe-Strategie, die die Stadt jetzt verfolgt. Sie besteht aus zwei Ästen. Zum einen ist da der Gedanke, die einzigartige Sanierungsgeschichte zu präsentieren. Welcher Ort wäre dafür besser geeignet als das Waidhaus – als ältestes weltliches Gebäude der Stadt schon ein einmaliges Denkmal für sich, aber auch über viele Jahre Fortbildungszentrum für Handwerker und Denkmalpfleger. Kurse in dieser Richtung seien hier weiterhin wünschenswert. Darüber hinaus soll das Waidhaus ganzjährig für Führungen geöffnet werden. Zu sehen gibt es auch hier genug. In den Werkstätten gebe es noch viele Werkstücke, zudem könne man hier sehen, was an originaler Denkmalsubstanz in Görlitz vorhanden ist und wie es aufgearbeitet werden kann. Und das Haus soll in die Altstadtstiftung gegeben werden. Die sucht ja nach neuen Inhalten, ist aber weiterhin für die Verwaltung und Verteilung eingehender Spenden da. „Jedenfalls hoffen wir, dass es vielleicht weiter kleinere Spenden gibt“, sagt Michael Wieler. Aber auch die Erlöse aus dem Verkauf des Buches über den Görlitzer Architekten Gerhard Röhr, das der frühere Denkmalpflege-Chef Peter Mitsching geschrieben hat, kommen ausschließlich der Stiftung zugute. Das Buch ist weiterhin in der Unteren Denkmalpflege zu erhalten.

Zum anderen soll das geplante Jakob-Böhme-Zentrum Kern einer Welterbe-Stadt Görlitz werden und als geistiges Kulturerbe gewissermaßen das Gegenstück zum materiellen bilden. Die Jakob-Böhme-Ausstellung, die bereits 30 000 Besucher in Dresden sahen, soll nach Stationen in Amsterdam, Coventry und Wroclaw letztlich 2020 oder 2021 dauerhaft in der Dreifaltigkeitskirche installiert werden. Hier stellt die Stadt sich schließlich das Welterbe-Zentrum vor. Die Ideen dazu sind sehr klar, die Finanzierung, in die sich Bund, Land, Kirche und Stadt teilen wollen, steht aber noch nicht. Vielleicht ist sie bis Ende September 2018 ja festgezurrt. Dann nämlich will Görlitz der Welterbe-Kommission schon einiges bieten. Deutschland ist 2018 Kulturerbe-Jahr und Görlitz darf die zentrale Konferenz dazu ausrichten: die Kultur-Routen-Tagung. An der Kultur-Route liegen Städte, die zum Welterbe gehören. Nicht nur deren Vertreter werden sich vom 26. bis 28. September 2018 ein Bild vom Kandidaten Görlitz machen, sondern unter den erwarteten 250 bis 300 Experten sollen sämtliche Fachleute und Entscheider auf Welterbe-Ebene sein. Das Rathaus sieht das gleichermaßen als Herausforderung und große Chance, sich im besten Licht zu präsentieren. „Das ist der richtige Weg für eine erfolgreiche Bewerbung, praktisch ein Meilenstein dafür“, sagt Oberbürgermeister Siegfried Deinege.