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Ein Dresdner Strafbefehl auf Zypern-Reise

Die Justiz hat nun geschafft, was dem Landtag nicht gelang: Sie fand das frühere Landesbank-Paar Andrea Braun und Michael Weiss.

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Von Annette Binninger

Die Mühlen der Justiz mahlen manchmal langsam. Aber sie mahlen eben doch, auch wenn es gelegentlich etwas länger dauert: Nach den jahrelangen Landesbank-Affären gibt es seit Kurzem zumindest eine Geldstrafe gegen eine vor fast fünf Jahren in den Affären-Strudel verstrickte Bankerin.

80 Tagessätze a 100 Euro, also insgesamt 8000 Euro, soll die Ex-Chefin der ehemaligen Landesbank-Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL), Andrea Braun, zahlen. Einen entsprechenden Strafbefehl habe das Amtsgericht bereits Ende Juli erfolgreich zugestellt, bestätigte eine Behördensprecherin der SZ. Er ist aber noch nicht rechtskräftig.

Das Amtsgericht Dresden betrachtet es als erwiesen, dass Braun – mittlerweile verheiratet mit Ex-Landesbank-Chef Michael Weiss – Beihilfe zur uneidlichen Falschaussage geleistet hat. Ein Vorstandsmitarbeiter, Christian S., hatte aktienrechtlich erforderliche Dokumente rückdatiert – ein Skandal vor vielen weiteren Landesbank-Skandalen, die vor vier Jahren zum totalen Image-Verlust der Bank führten. Im Sommer 2007 musste sie wegen riskanter Auslandsgeschäfte notverkauft werden.

Gericht fehlte eine Kleinigkeit

Das Amtsgericht Dresden versucht damit, endlich ein prominentes Verfahren zu beenden. Dass dies erst jetzt gelingt, ist das Ergebnis einer Justiz-Posse, die das Daueraffären-Spiel rund um die Ex-Landesbank nur um eine kleine, aber schillernde Facette reicher macht.

Denn das Amtsgericht Dresden hatte bereits Ende Oktober 2007 einen Strafbefehl gegen Braun beantragt – dann aber Anfang Januar überraschend das Verfahren vorläufig eingestellt.

Dem Gericht fehlte eine Kleinigkeit: die Adresse von Frau Braun. Das damalige Skandal- und Liebespaar Weiss/Braun der Landesbank hatte sich 2005 ganz aus Deutschland zurückgezogen und sich – mittlerweile zur Kleinfamilie herangewachsen – auf der Sonneninsel Zypern ein paradiesisches neues Zuhause geschaffen, uneinsehbar auf den Anhöhen von Paphos, Meeresblick inklusive. Und auch wenn der Arm der Justiz sonst sehr lang sein soll – bis nach Zypern reichte er offenbar nicht. Erst als im Februar 2008 diese Zeitung das Pärchen auf Zypern ausfindig machte, geriet die Justiz in Zugzwang. Braun wurde zur Fahndung ausgeschrieben. Damit hätte jeder ihrer Grenzübertritte dokumentiert werden müssen. Dann ging jedoch plötzlich alles – relativ – schnell. Das Amtsgericht beantragte Amtshilfe. Nach SZ-Informationen gelang es schließlich Kontaktbeamten des Bundeskriminalamts, die Zypern-Adresse des Paares herauszufinden.

Landtag scheitert erneut

Der Landtag agierte da bisher weniger glücklich. Seit Jahren wollte er das Skandalpärchen zur Zeugen-Befragung in den Untersuchungsausschuss zur Landesbank nach Dresden vorladen. Bisher zweimal ohne Erfolg. Und auch der dritte Anlauf, den das Aufklärungsgremium Ende Juli mit hohem logistischen und finanziellen Aufwand startete, droht im zypriotischen Sande zu versickern. Per Post, per Bote und in ein Postfach verschickten die Abgeordneten die Vorladung zu einem November-Termin an die Ex-Banker auf der Sonneninsel. Nur leider erneut mit einer falschen Anschrift. Zudem dürfte ein Rechtschreibfehler jedem Postboten auf Zypern die Zustellung unmöglich machen.

Trauriges Fazit der Zypern-Initiative des Landtags: Bisher sei das Schreiben nicht bei Weiss und Braun eingetroffen. Das bestätigte ihr Dresdner Rechtsanwalt, Stefan Heinemann, auf SZ-Nachfrage.

Er hat inzwischen Einspruch gegen den Strafbefehl für Andrea Braun eingelegt. Näher wollte sich Heinemann mit Hinweis auf seine anwaltliche Schweigepflicht nicht äußern; auch nicht dazu, ob Braun zu einer voraussichtlich im Herbst anberaumten Verhandlung vor dem Amtsgericht Dresden erscheinen wird. Im Untersuchungsausschuss wird das Paar aber höchstwahrscheinlich nicht mehr erscheinen. „Wir haben uns bis auf die Knochen blamiert“, meint ein Ausschuss-Mitglied zerknirscht.