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Ein Garten gegen das Vergessen

Am Wichernhaus in Mittelherwigsdorf hat die Diakonie Löbau-Zittau etwas Besonderes für ihre Heimbewohner angelegt. Das Modell kommt auch schon woanders gut an.

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© www.foto-sampedro.de

Von Holger Gutte

Für die Bewohner des Neubaus am Wichernhaus in Mittelherwigsdorf, wie Maria Jäntsch und Erhard Gürtler, gibt es jetzt viel Neues zu sehen. „Mit einem Sinnesgarten geht die Diakonie Löbau-Zittau hier jetzt neue Wege“, sagt deren Prokuristin, Birgit Wagner. Die Wegführung durch den Garten ist vollkommen barrierefrei und so angelegt, dass Rollstuhlfahrer bequem aneinander vorbeifahren können. Und es gibt keine Borde oder andere Sturzmöglichkeiten im Garten. Alle Wege führen schleifenförmig zudem wieder zur Terrasse am Haus. Ein Verlaufen ist im umzäunten Garten quasi nicht möglich.

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Es ist ein Garten, der älteren oder an Demenz erkrankten Leuten wieder etwas Orientierung geben soll. „Sie können hier beim Laufen durch den Garten ihre Sinne schärfen“, schildert die Heimpflegedienstleiterin des Wichernhauses, Ines Bahr. Es gibt beispielsweise Klangkörper, die zum Klingen gebracht werden können. Die Brombeeren sind bewusst so gepflanzt worden, dass die Heimbewohner beim Vorbeilaufen auch mal davon naschen können. Das soll später auch bei den zwei transportablen Hochbeeten möglich sein, die noch aufgebaut werden. Gemeinsam mit ihren Pflegern werden die Hausbewohner sie mit Erdbeeren und Gemüse bepflanzen und pflegen. Überall stehen Bänke im Garten, die zum Verweilen und Ausruhen einladen. Und es gibt einen Laubengang, in den man sich auch mal zurückziehen kann.

Die Altenpflegerinnen bleiben bei ihren Rundgängen gern an den blühenden Pflanzen stehen. Die Bewohner des Wichernhauses können sie anfassen und an den Blüten riechen. Und sie machen das gern. Erinnerungen kommen hoch. Auch das könnte bei einigen die Sinne wieder etwas schärfen. „Wir werden uns mit den Bewohnern viel auf der Terrasse und im Pavillon aufhalten“, sagt Ines Bahr.

Rund 100 000 Euro sind jetzt in den Sinnesgarten am Wichernhaus in Mittelherwigsdorf investiert worden. Die deutsche Fernseh-Lotterie hat das Projekt mit 30 000 Euro unterstützt. „Wir wollten unbedingt speziell für Demenzkranke einen Sinnesgarten anlegen. Und die Lage hier am Neubau ist ideal dafür“, berichtet die Prokuristin der Diakonie Löbau-Zittau, Birgit Wagner.

In den Bau eines zweiten Hauses an ihrem Standort am Wichernhaus in Mittelherwigsdorf hat die Diakonie Löbau-Zittau etwa zwei Millionen Euro investiert. Das Gebäude ist erst im Oktober vergangenen Jahres, nach einjähriger Bauzeit, eingeweiht worden. 26 an Demenz erkrankte Frauen und Männer werden seither im Neubau fachgerecht betreut. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss sind jeweils 13 Heimbewohner in insgesamt vier Doppelzimmern und 18 Einzelzimmern untergebracht.

Anders als in dem im Jahr 2000 eröffneten Haus I sollen im Neubau ausschließlich demenzkranke Leute betreut werden. Das bringt für Personal und Bewohner Vorteile. Und die werden jetzt in einem neuen Betreuungskonzept umgesetzt. Validation ist dabei das Schlagwort und heißt nichts anderes, als die Gefühlswelt des Patienten ernst zu nehmen. Mit verschiedenen Methoden soll dabei Wertschätzung dem Demenzkranken vermittelt und Stress abgebaut werden. Mit dem Sinnesgarten, einem großen Balkon, der Terrasse und im Pavillon im Garten haben sie dafür nun mehr Möglichkeiten für ihre Betreuungsangebote als vorher. Beide Häuser sind voll belegt. Zusammen werden hier nun mittlerweile 73 Frauen und Männer betreut.

Im Sinnesgarten gibt es übrigens noch eine Besonderheit. Als Architekt hatte Jörg Dörndorfer von der mit dem Neubau beauftragten Hochkircher Baufirma beim Anlegen des Sinnesgartens eine schöne Idee. Ein einfaches Dankeschön ist den Bauleuten wegen der guten Zusammenarbeit mit der Einrichtung nicht genug gewesen. Und so hatten sie dem Personal und den Bewohnern im Wichernhaus mit einer Skulpturen-Gruppe im Sinnesgarten etwas Bleibendes geschenkt.

Symbolisch sollte damit Heimpflegedienstleiterin Ines Bahr noch vier Oberlausitzer mit im Haus aufnehmen. Denn die vier Granitstelen haben nicht nur einen hölzernen Kopf. Jede hat einen Namen und stellt eine Person dar, zu der es auch eine Geschichte gibt.

Für die Diakonie Löbau-Zittau ist der Garten in dieser Form der erste seiner Art. Ganz neu ist die Idee allerdings auch in der Region nicht: So legte die Herrnhuter Diakonie für ihr Altenpflegeheim Anna-Nitschmann-Haus ebenfalls eine solche Grünoase an. „Es hat einige Jahre gedauert, bis die Pläne fertig waren und auch Fördergelder flossen“, erinnert sich Kristin Schiffner, Sprecherin der Herrnhuter Diakonie. Aber 2016 schließlich war der „Garten der Sinne“ endlich fertig. Auch er ist mit einem Wegenetz versehen, auf dem man in Schleifen immer weiter laufen kann. Auch er ist eingezäunt, damit die Heimbewohner sich nicht entfernen und verlaufen können. Und auch Klangelemente sind eingebaut. (mit SZ/abl)