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Ein Hainewalder Urgestein geht in Rente

Martina Elsner hat Limo hergestellt und dann den Menschel-Markt mit aufgebaut. Jetzt widmet sie sich neuen Aufgaben.

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© Matthias Weber

Von Holger Gutte

Hainewalde. Wesentlich mehr Kundschaft als sonst üblich wird am Mittwoch im Menschel-Markt in Hainewalde erwartet. Es ist der letzte Arbeitstag von Martina Elsner. Und für viele im Ort ist die 63-Jährige ein Hainewalder Urgestein. „Wen man auch in Hainewalde fragt, alle werden sie hinter dem Verkaufstisch im Menschel-Markt in der Talstraße 69 vermissen. Aber sie gönnen ihr jetzt auch den Ruhestand. „Sie hat einfach eine angenehme Art und immer ein gutes Wort für die Kunden auf den Lippen“, sagt Andreas Hänsch. Er arbeitet in der Produktion des Getränkeherstellers.

Dort hatte 1983 Martina Elsner als Aushilfskraft bei Menschel-Limo angefangen. Zwei Jahre später ist sie dann fest eingestellt worden. „Bis zur Wende habe ich da gearbeitet“, erzählt sie. Dann ist am Firmensitz an der Scheibe 13 ein kleiner Verkaufsladen aufgemacht worden. Fortan war sie Verkäuferin bei Menschel-Limo. Während sie erzählt, kommt eine Kundin ins Geschäft. Die Begrüßung ist herzlich. Man kennt sich eben auf dem Dorf. Manche Kunden kommen mehrmals in der Woche. Manche, weil sie was vergessen haben, manche aber auch, weil der Markt ein beliebter Treffpunkt zum Quatschen ist.

„Wenn jemand im Dorf heiratet, erfährt man es hier zuerst“, sagt Christian Zabel. Der Senior-Chef in Ruhestand des Getränkeherstellers schätzt an Martina Elsner vor allem, dass sie über all die Jahre immer ein offenes Ohr für die Kundschaft hatte. „Sie hat den Laden mit zu dem gemacht, was er heute ist. Sie hinterlässt schon eine Lücke“, sagt er.

Während im Laden immer mehr Leute sich lobend über Martina Elsner äußern, verkriecht die sich davon sichtlich gerührt lieber in Arbeit. Ein Mann der seine Zeitung und Getränke holt, kommt da gerade recht. Gleich danach klingelt wieder das Telefon. Martina Elsner nimmt die Bestellung entgegen. Danach legt sie die bestellten Waren zurecht. Ein Fahrer von Menschel-Limo wird sie später ausliefern. Rentner, die nicht mehr gut zu Fuß sind oder kein Auto mehr fahren, schätzen diesen Service vom Menschel-Markt. Denn hier gibt es längst nicht nur Getränke. Hier kann man auch Lebensmittel von der Milch bis zum Gemüse, Haushaltswaren, Gartengeräte, Zeitungen, Sämereien und vieles mehr kaufen. Auch einen Post-Modern-Stützpunkt gibt es. „Wir haben vor allem regionale Produkte“, berichtet Martina Elsner. Und was nicht da ist, wird besorgt. Das wissen auch die Kunden. „Da muss auch keiner auf seinen Lieblings-Joghurt verzichten“, sagt die Fast-Rentnerin.

So richtig vorstellen, ab Donnerstag nicht mehr hinter dem Ladentisch zu stehen, kann es sich die 63-jährige Hainewalderin noch nicht. Den ersten Tag zu Hause will sie mal faul sein und sich ausruhen, meint sie. Denn am Mittwoch wird der Laden bestimmt proppenvoll sein. Vor allem die Stammkunden werden sich bei ihr verabschieden wollen. Davon geht auch Bärbel Mätzelt aus. „Sie war eine gute Kollegin und ist meine beste Freundin“, sagt die 61-jährige Hainewalderin. Neben Bäcker und Fleischer ist der Menschel-Markt das einzige Lebensmittelgeschäft im Dorf. Und die Kunden schätzen den Service hier. „Dafür sorge ich aber nicht allein, sondern auch meine Kolleginnen im Geschäft und die Fahrer“, schildert Martina Elsner. Vor allem in der Adventszeit geben die Kunden ihnen als kleines Dankeschön dafür auch etwas zurück. Da werden für sie beispielsweise Gestecke und Weihnachtsschmuck gebastelt. Und auch die vielen Kinderzeichnungen an der Wand hinter dem Verkaufstisch stammen längst nicht alle von Frau Elsners Enkeln.

„Ich gehe jetzt mit einem lachenden und einem weinenden Auge in Rente“, sagt sie. Ihr Mann ist schon in Ruhestand. Und im Haus und Garten gibt es immer etwas zu tun. Außerdem wohnen ja auch ihre Kinder und Enkel in Hainewalde. Da hat sie als Oma dann noch mehr Zeit für sie.

Martina Elsner blickt trotzdem gern auf ihre Zeit bei Menschel-Limo zurück. „Mit einer Sorte West- und einer Sorte Ostbier und unseren Limos haben wir nach der Wende im Verkaufsladen an der Scheibe angefangen“, erzählt sie. Der Laden war damals eine umfunktionierte Garage gleich neben der Produktionsstätte.

Seit 2001 gibt es den Menschel-Markt in der Talstraße – dort, wo vorher ein Baumarkt angesiedelt war. „Anfangs hatten wir nur einen kleinen Teil des ehemaligen Baumarktes genutzt. Dann hat unser Chef aber alles erworben und ausgebaut“, erzählt sie. Sorgenvoll blickt Martina Elsner zur Ladentür. Die Mandau, die nur wenige Meter vom Geschäft vorbeifließt, ist bedrohlich über die Ufer getreten. „2010 haben wir bei dem schlimmen Hochwasser großes Glück gehabt“, sagt sie. Nur von der Hofseite kam etwas Wasser rein. Vor dem Markt hatten sie die Zementsäcke aus dem Geschäft geopfert und damit eine kleine Schutzmauer errichtet. „Ich hoffe, dass so ein Hochwasser nie wieder kommt. Die Leute haben alles wieder so schön hergerichtet“, sagt sie. Inzwischen kommt wieder ein Kunde. Sie weiß genau, was er will. Man kennt sich eben. „Meine Kolleginnen werden den Laden auch ohne mich genauso weiterführen“, sagt sie. Und ein bisschen Wehmut klingt da schon mit. Spontan fällt ihr nach über 30 Jahren in der Firma kein besonderes Erlebnis ein. Es war für sie einfach eine schöne Zeit, die sie nicht missen möchte.