Merken

Ein „Kerlchen“ als Mitbewohner

Eine Reichenbacherin päppelt einen jungen Igel auf. Auch im Naturschutztierpark wird untergewichtigen Tieren über den Winter geholfen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Constanze Junghanß

Von Constanze Junghanß

Reichenbach. Gerade mal 250 Gramm Lebendgewicht brachte das Igelkind auf die Waage, als es Ende November auf der Wiese vor dem Wintergarten herumtappte. Katja Kirschner tat der Kleine leid. Überlebt hätte der Igel den anstehenden Winter vielleicht ohne menschliche Hilfe nicht, dachte sie sich. Die Reichenbacherin – die bereits Amselkinder aufgezogen hat – holte den Mini-Igel deshalb in ihr Haus. Seitdem lebt „Kerlchen“– wie der Igel getauft wurde – gemeinsam mit Katze, Nymphensittich und Kaninchen unter einem Dach. Selbstverständlich in einem eigenen Raum. Dort bekam der Igel Asyl im von der Familie extra für ihn besorgten Käfig. Aus dem darin liegenden Stroh hat „Kerlchen“ eine kugelrunde Höhle gebaut, in der das Igeljunge den Großteil der Zeit verschläft. Mittlerweile wiegt der Igel um die 600 Gramm. „Vom Tierarzt haben wir ihn durchchecken und gegen Lungenwürmer behandeln lassen“, erzählt Katja Kirschner.

Denn Lungenwürmer können tatsächlich ein Problem werden. Was auch Manuela Kleemann von der Wildtierauffangstation des Görlitzer Naturschutztierparks bestätigt. Nehmen die Parasiten überhand, sterben die Igel. In der Wildtierauffangstation werden die Stachler ebenfalls versorgt. Aufgenommen werden im Tierpark vor allem verletzte oder untergewichtige Igel. Aktuell wird in der Station ein solches Tier betreut. „Das wurde von Leuten vor einer Woche in Görlitz gefunden und zu uns gebracht“, sagt Manuela Kleemann. Mit etwa 300 Gramm Gewicht war der Igel zu winzig, um die kalten Tage zu überstehen. Allerdings sind auch junge Igel bis zum Dauerfrost auf Nahrungssuche unterwegs. Sie legen sich einen Energievorrat an, bevor sie ihren Winterschlaf antreten. Nicht jeder im Spätherbst herumstromernde Igel braucht also tatsächlich Hilfe. Der Naturschutztierpark weist auf seiner Internetseite darauf hin, dass der Insektenfresser am besten im Garten überwintert, wenn man ihm Versteckmöglichkeiten schafft. Große geschützte Laubhaufen können das ebenso sein, wie isolierte Holzkisten. Zufüttern kann man dann bei Bedarf mit Igelfutter aus der Zoohandlung oder auch mit Katzennassfutter. Das gibt es auch für „Kerlchen“ in Reichenbach.

„Unsere Igel bekommen zudem ab und an Mehlwürmer, Avocado oder Bananenstücke“, sagt Manuela Kleemann. Absolut tabu dagegen ist Milch. Denn die sei schädlich für Igel. Frisches Wasser aber gehört zum aufpäppeln mit dazu. Im Görlitzer Tierpark werden die Igel ab einem Gewicht von 500 bis 600 Gramm wieder in die Freiheit in den Gartenbereich entlassen. Mindestens sechs Stachler sind vor einigen Wochen von tierliebenden Menschen der Einrichtung zur Pflege gebracht worden. „Kerlchen“ tritt auch wieder den Weg zurück in die Natur an. Spätestens dann, wenn die Temperaturen noch etwas steigen werden.