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Ein Ort für gute Ideen

Am Institut für Angewandte Photophysik ist der Gründergeist sehr lebendig. Das hat auch viel mit dessen Leiter zu tun, dem Physiker Karl Leo.

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Innovative Entwicklungen bleiben am IAP nicht lange im Labor verborgen. Dafür findet Karl Leo immer wieder mutige Menschen mit Doppelbegabung.
Innovative Entwicklungen bleiben am IAP nicht lange im Labor verborgen. Dafür findet Karl Leo immer wieder mutige Menschen mit Doppelbegabung. © Bild: Ronald Bonss

Von Jana Mundus

Manchmal kann es passieren, dass Karl Leo kurz den Überblick verliert. Sieben oder acht? Er denkt eine Weile nach, dann zählt er auf: Novaled, Heliatek, CreaPhys, Senorics, Symboled, Dresden Microdisplay, leXsolar, sim4tec. „Es müssten acht Ausgründungen gewesen sein, an denen ich beteiligt war oder bin“, sagt er dann.

Dabei ist er kein Geschäftsmann. Er ist Professor für Optoelektronik an der TU Dresden und Leiter des dortigen Instituts für Angewandte Physik (IAP). Genau dort sind in den vergangenen Jahren viele gute Ideen entstanden und in die Wirtschaft überführt worden. Bei so viel Gründerspirit gehört für Karl Leo aber auch eines immer mit dazu: Der Gedanke, dass auch etwas schiefgehen kann. Wie die Industrie funktioniert, hat der Physiker Anfang der 1990er-Jahre in den USA gelernt. Zwei Jahre arbeitete er für den Telekommunikationskonzern AT&T in dessen Forschungslabor. „Während dieser Zeit habe ich gesehen, wie schön es ist, ein Produkt zu entwickeln und etwas Nützliches für die Menschheit zu tun.“ Eine Erfahrung, die ihn bis heute prägt.

An der TUD lernt er später Hartmut Fröb kennen. Über Jahrzehnte hatte dieser sich bereits mit Aufdampfquellen beschäftigt. Ein wichtiges Thema, wenn es beispielsweise um Materialreinheit geht, die gerade für die Pharmazie oder die Nanotechnologie essenziell ist. Fröb ist überzeugt, dass das etwas ist, das die Industrie braucht. „Also habe ich gesagt, gründen wir mal eine Firma.“ CreaPhys ist 1999 Leos erste Ausgründung. Ein Erfolg. Seit 2016 gehört das Unternehmen zur weltweit agierenden MBRAUN Group.

Gesucht: Kreative Köpfe mit Doppelbegabung

Das IAP zieht heute viele Menschen mit Gründungswillen an, sagt der Professor. Die jährliche Weihnachtsfeier ist ein gutes Beispiel dafür. Dort schauen viele Ehemalige vorbei, die in den ausgegründeten Firmen tätig sind. „Bei denen fragen die aktuellen Studierenden dann natürlich gern nach“, erzählt Leo. Immer wieder entstehen gute Idee im Team. Manchmal auch Dinge, die wieder verworfen werden. Letztlich sind es oftmals Doktoranden, die nach ihrer Promotion den Schritt ins eigene Unternehmen wagen. „Viele sind damit sehr erfolgreich geworden“, freut sich Karl Leo. Vorher brauchen sie allerdings Durchhaltevermögen. „Technologieentwicklung heißt meist, es dauert lange und es wird teuer.“ Ein Umstand, der gerade gegenüber Investoren kein allzu gutes Argument darstellt. „Von der ersten Idee bis zur tatsächlichen Gründung können schon einmal zwei bis drei Jahre vergehen.“ Die Kunst ist in solchen Phasen auch, Leute zusammenzubringen, die zum einen fachlich exzellent sind und zum anderen gute Unternehmer werden können. „Leute mit solch einer Doppelbegabung zu finden, ist die große Herausforderung.“

TU Dresden unterstützt den Gründergeist

Von dem Status der TUD als Exzellenzuniversität könnten die Gründer jederzeit profitieren. Zum einen durch die gute Ausbildung, die sie hier bekommen. Dazu gehören beispielsweise auch Businessplan-Seminare, die den Blick auf die eigene Geschäftsidee und die Frage, wo Geld dafür zu bekommen ist, schärfen. Seit ein paar Jahren wird am IAP auch der Masterstudiengang „Organic and Molecular Electronics“ angeboten.

Ausgebildet werden Fachleute, die interdisziplinär eingesetzt werden können und damit auch mögliche Köpfe für weitere innovative Firmen sind. Den Studiengang koordiniert heute das Center for Advancing Electronics (cfaed), das 2012 im Rahmen der Exzellenzinitiative an der TUD entstand. Vermittelt werden während der vier Semester Kenntnisse aus den Bereichen Physik, Chemie, Werkstoffwissenschaft, Elektrotechnik und Maschinenbau. Von dem guten Kontakt zu Unternehmen – auch zu früheren Ausgründungen – profitieren die Studierenden, sei es durch Praktika oder durch Kooperationen für ihre Abschlussarbeiten. Wichtig für Gründer sei aber auch eine fundierte Begleitung in der Phase der Patentanmeldung, erklärt Leo. Denn die wäre Pflicht, wenn ein Technologieunternehmen gegründet wird. Zu groß ist ansonsten das Risiko, dass ein Konkurrent die Idee kopiert. Experten der TUD helfen in diesen Fragen und außerdem bei der Vertragsgestaltung für die Ausgründung des Unternehmens. „Zusätzlich holen wir uns meist die TUDAG als Partner mit ins Boot“, sagt der Physiker. Die Transfergesellschaft der TUD ist an vielen Ausgründungen des IAP beteiligt.

Bei all den neuen Unternehmen, die Karl Leo mit auf den Weg gebracht hat: Gibt es unter den acht einen persönlichen Favoriten, eine Firma, auf deren Entwicklung er besonders stolz ist? „Ich liebe alle meine Kinder gleich“, sagt er und lacht. Sie wären einfach auch schlecht untereinander zu vergleichen. Novaled ist ein Materialhersteller. Seine Technologie ist heute im Display eines jeden Samsung-Smartphones verbaut. „Heliatek entwickelt eine neue Herstellungstechnologie und ein neues Produkt.“ Bis ihre leichten und biegsamen Solarfolien flächendeckend eingesetzt werden können, mussten zwangsläufig einige Jahre vergehen. „Das ist bei solch einem Vorhaben nun einmal unumgänglich und Teil des Geschäfts“, sagt Karl Leo. Wertvolle Zeit für wertvolle Entwicklungen.

Hinfallen hilft und bringt die Menschen weiter

Doch er weiß auch, dass das in der Unternehmenswelt nicht immer einfach zu vermitteln ist. „Es ist leider nur ein Privileg der Wissenschaft, dass wir lange an Dingen arbeiten können.“ In der Industrie sind oft schnellere Ergebnisse gefordert. Auch wenn die Fördermöglichkeiten in Deutschland recht gut sind, gibt es Grenzen. Dann müssen auch schmerzliche Entscheidungen getroffen werden. Der Professor hat selbst schon erlebt, wie das ist. Die ausgegründete Firma sim4tec wollte Software zur Simulation von physikalischen Vorgängen in organischen Bauelementen entwickeln und vertreiben. Der Plan ging jedoch nicht auf, letztlich blieb nur die Insolvenz.

Für Karl Leo kein Problem. „Wenn etwas schiefgeht, ist das gar nicht schlimm“, sagt er. Aus solchen Situationen ließe sich immer etwas lernen. Auch diese Erkenntnis, hat er seiner Zeit in den USA zu verdanken. Dort sei die Fehlerkultur eine deutlich andere als in Deutschland. „Dort geben die Banken sogar gern jemandem Geld, der schon einmal ein Unternehmen in den Sand gesetzt hat.“ Der Gedanke, scheitern zu können, sollte gerade bei Gründern mit in den Köpfen sein. Das mache den Blick am Ende weiter. „Das kann für so ein Vorhaben nur von Vorteil sein.“

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