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„Ein spürbarer Zuschlag ist berechtigt“

Streik. Carola Reimann, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, unterstützt die Ärzte in ihren Forderungen.

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Die Klinikärzte streiken seit Tagen. Haben Sie Verständnis für ihre Forderungen?

Ich sehe mit Sorge, dass so viele Ärzte auf die Straße gehen und protestieren. Ich habe Verständnis für die Forderungen der Ärzte nach angemessenen Arbeitszeiten. Die Forderung nach 30 Prozent höheren Einkommen geht allerdings am Leben vorbei.

Zahlen die Ärzte jetzt den Preis dafür, dass sie sich zu lange mit Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen und höheren Einkommen zurückhielten?

Tatsächlich gibt es da Defizite aus der Vergangenheit, aber es nützt wenig, jetzt darüber nachzudenken. Wichtig ist, dass die Mediziner menschlichere Arbeitszeiten bekommen. Es ist ein Unding, was in einigen Krankenhäusern auf den Stationen los ist. Allerdings gibt es auch Beispiele von Krankenhäusern, die sich erfolgreich auf neue Arbeitszeitregelungen umgestellt haben, die der Rechtsprechung folgen. Wir appellieren an die Krankenhäuser, das überall umzusetzen.

Welche Gehaltsforderung wäre aus Ihrer Sicht realistisch?

Ich will mich nicht in Tarifverhandlungen einmischen. Das ist Sache der Tarifpartner. Aber die Forderung nach einem spürbaren Zuschlag ist berechtigt. Allerdings müssen die Ärzte auch mal gucken, wie das Gehaltsgefüge innerhalb der Hierarchie aussieht. Es sind nicht die Chefärzte, die auf die Straße gehen. Die jungen Mediziner werden benachteiligt.

Muss der Tarifkonflikt schnell gelöst werden?

Die Patientenversorgung ist natürlich sicher gestellt. Die Ärzte machen das ja mit einem hohen Verantwortungsgefühl. Viele Behandlungen lassen sich gut planen. Notfälle werden behandelt. Aber auch wer auf eine nicht so dringende Operation wartet, will das nicht länger tun als nötig. Die Ärzte müssen allerdings auch aufpassen, dass nicht der Eindruck entsteht: Ohne sie geht es auch ganz gut. Die privaten Krankenanstalten sagen natürlich schon: Alles, was ihr jetzt nicht behandelt, kommt sowieso zu uns.

Ich habe großes Verständnis für die Forderungen. Und ich glaube, die Botschaft ihrer Proteste ist inzwischen durchaus auch in der Bevölkerung angekommen. Die Ärzte müssen aber aufpassen, dass sie in dieser Auseinandersetzung nicht auf der Strecke bleiben.

Das Gespräch führte Sven Siebert