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Ein Tauchturm fürs Wasserreich

Der Aquapark im Liberecer Centrum Babylon samt Hotel mit 200 Mitarbeitern plant Neubauten.

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© Jan Skvara

Von Katja Zimmermann

Liberec. Stockfinster wird es in den feuchtwarmen Hallen. Dicht an dicht stehen die Menschen, den Blick dem nun leeren Schwimmbecken zugewandt. Plötzlich unterbricht ein Wasserstrahl die erwartungsvolle Stille. Quer über den Riesenpool baut sich eine neun Meter breite „Wasserwand“ auf und dient als Projektionsfläche für wabernde Laser-Wellen. Unter dramatischen Klängen scheinen riesige Delfine kurz darauf auf die Zuschauer zuzuschwimmen. Tintenfische und Seesterne zwirbeln durch wankende Wasserpflanzen. Das Publikum lässt sich immer wieder „Ahs“ und „Ohs“ entlocken. – Dreimal täglich kommen die Aquapark-Besucher im „Centrum Babylon“ in Liberec (Reichenberg) in den Genuss dieser 3D-Lasershow.

Daniel Vajner leitet das Babylon, das ein Familienbetrieb ist. Er reist täglich aus Prag an.
Daniel Vajner leitet das Babylon, das ein Familienbetrieb ist. Er reist täglich aus Prag an. © Jan Skvara

Die bunten Laser-Gestalten sind voll auf das neue Konzept des Bades abgestimmt, das sich in dem einem orientalischen Märchenschloss nachempfundenen Bau schräg unterhalb des Liberecer Bahnhofs befindet. Erst 2014 war der Aquapark mit Riesenkraken, Haifischen und Co. in eine Untermeereswelt in Anlehnung an Jules Vernes Roman „Zwanzigtausend Meilen unterm Meer“ umgestaltet worden. Die durch den Schriftsteller beschriebenen Erfindungen lassen schließlich sogar Parallelen zur reichen industriellen Vergangenheit der Stadt Liberec zu, als es noch Reichenberg war.

Daniel Vajner ist seit zwei Jahren der Generaldirektor des „Centrum Babylon“, zu dem neben dem Bad unter anderem auch ein Wellnessbereich, der Lunapark, das Einkaufsstädtchen oder der iQpark – das ist ein Wissenszentrum – gehören. Unter dem „großen Chef“ stehen fünf Direktoren für die Bereiche Wirtschaft, Technik, Gastronomie, Hotel sowie Unterhaltung. Rund 200 Menschen stehen in dem riesigen Komplex in Lohn und Brot.

„Den Komplex hat mein Vater erbaut“, erzählt der 40-jährige Vajner, der jeden Tag zwischen seinem Wohnort Prag und dem Liberecer „Babylon“ pendelt. Und das, obwohl er daheim eine Frau und zwei Kinder im Alter von neun und 19 Jahren hat. Schon seit 15 Jahren arbeitet er in der Familienfirma. Zum Ausgleich zu seinem sehr bürolastigen, mentalen Job mag er in seiner Freizeit die Gartenarbeit. Daniel Vajner, studierter Bauingenieur, liebt es, seine Energie in Verbesserungen zu stecken. So sollen beim nächsten Umbau beziehungsweise der Erweiterung des Aquaparks ein Schwimmbecken mit Bahnen sowie ein Tauchturm entstehen, verrät er seine Vision.

Da das „Babylon“ früher eine Fabrik war, wirkt das Innere wie ein Labyrinth. Trotz vieler Wegweiser fragen sich Gäste häufig gegenseitig, ob das Gegenüber nicht zufällig weiß, welcher Weg beispielsweise zur Hotelrezeption führt. Dieses Problem wird bald behoben, wenn es nach Daniel Vajner geht. Er träumt von einer Art Wegweiser-Informations-Plattform für internetfähige Handys, mit deren Hilfe sich jeder Gast schon bald individuell und selbstständig durch das verwinkelte Gebäude lotsen kann.

Auch draußen geht es um Wege und Verbindungen. Der Aquapark arbeite zum Beispiel mit dem Skigebiet am Jeschken zusammen, erzählt Daniel Vajner: „Uns fährt auch der Skibus an.“ Es gebe preiswerte Kombitickets – ebenfalls zusammen mit dem neuen Wissenschaftszentrum „iQLandia“ gegenüber dem „Babylon“. Das riesige Hotel verfügt über verschiedene Versammlungsräumlichkeiten bis hin zum Kongresssaal für 1000 Personen. Übers Jahr finden viele Firmen- oder Großveranstaltungen statt – 2014 waren es 380.

„Je etwa 40 Prozent unserer Gäste sind Deutsche und Tschechen, rund 20 Prozent sind Polen“, erzählt Michaela Vrbová, die für das Marketing zuständig ist. 80 Prozent der Gäste auf der alljährlichen Silvesterveranstaltung kommen allerdings tatsächlich aus Deutschland. Hotelgäste dürfen übrigens bereits ab 8 Uhr in das Schwimmbad. Für alle anderen öffnet der Aquapark erst regulär um 10 Uhr.

Noch vor wenigen Minuten hat Monika Šírová aus Liberec unter einem roten Zelt eine lustig dekorierte Kindergeburtstagstafel eingedeckt, weil die eigentlich dafür zuständige Kollegin überraschend ausgefallen war. Die unkonventionelle Stoff-Überdachung steht im Lunapark, dem Rummel-areal mit seinen Karussells neben dem Aquapark. Die 44-Jährige ist die Betriebsleiterin im „Babylon“. Sie ist dafür verantwortlich, dass im Aquapark, im Bowling-Center und im Lunapark alles glatt läuft und funktioniert. Nebenbei beantwortet sie noch Hunderte von E-Mails und nimmt Reservierungen entgegen.

Wenn besonders viele Besucher da sind, beispielsweise in der Ferienzeit oder an Feiertagen, rennt Monika Šírová ständig zwischen ihren Einsatzorten hin und her. Gerade macht sie eine Stippvisite im Schwimmbad. „Ungefähr 30 Angestellte arbeiten im Vergnügungsbereich“, erzählt sie am Beckenrand, als neben ihr gerade zwei Kinder in riesigen Gummi-Bällen übers Wasser laufen. „Aquazorbing“ nennt sich das und ist der letzte Schrei und in dem Spaßbad zurzeit besonders angesagt.

Für die kleineren Gäste gibt es darüber hinaus eine abenteuerliche Kletteranlage mit dem Namen „interaktive Wasserburg“; laut Michaela Vrbová ist sie die einzige ihrer Art in Tschechien. Auf der Sonnenterrasse dahinter ist vor allem im Sommer viel los. Sogar eine Grillmöglichkeit gibt es hier. 2016 soll nebenan sogar ein Volleyball-Feld gebaut werden.

Wumm! Mit einem Affenzahn schießt ein Jugendlicher durch eine der vielen Rutschen und endet im „Space Bowl“, einer Art Riesenschüssel, um deren trichterförmigen Boden er mehrmals herumkreiselt, bevor er durch das mittige Loch in den kleinen Ausstiegspool darunter plumpst. Adrenalin pur! Aber überdies nicht ungefährlich. Deswegen ist dort auch eine Kamera angebracht. Einer der Schwimmmeister ist rund um die Uhr zur Stelle.

Seit über einem Jahr gehört Markéta Kosová aus Liberec zu dem Schwimmmeister-Team. Nebenbei absolviert sie ein Fernstudium im Fach Öffentliche Verwaltung an der Metropolitní-Universität in Prag. Ihr Tag im Aquapark beginnt um 6 Uhr. Alles muss kontrolliert und gesäubert werden. Dann beobachtet sie mit ihren Kollegen die Besucher, damit sie sofort eingreifen können, falls doch einmal etwas passiert.

So gehört das Verarzten von kleinen Verletzungen zum Alltag der Bademeister. Eine gefährlichere Situation hat Markéta Kosová aber auch schon erlebt: „Ein Vater hatte zwei kleine Kinder mit in die Space Bowl genommen“, erinnert sie sich. Nach dem obligatorischen Plumps in die Tiefe am Ende der Rutschpartie schluckte eins der Kinder plötzlich Wasser und war dem Ertrinken nahe. „Der Vater geriet in Panik, aber zum Glück ging alles gut aus“, erzählt die 22-Jährige, die sofort mit einer Kollegin zu Hilfe eilte. Glücklich resümiert sie: „Die Zusammenarbeit in unserem Team ist einfach ausgezeichnet.“

Centrum Babylon: Öffnungszeiten: Sonntag bis Donnerstag, 10 bis 21 Uhr; Freitag und Sonnabend bis 22 Uhr. Die Lasershow findet täglich um 10.45 Uhr, 16.45 Uhr und 20.30 Uhr statt. Infos und Preisliste (auch auf Deutsch) unter: www.centrumbabylon.cz