Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Merken

Ein tierisches Model

Im Tierheim Gröbern wurde am Donnerstag gedreht. Es geht um Hochzeitsmode für Hunde. Tierschützer sehen das kritisch.

Teilen
Folgen
NEU!
© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Gröbern. Strolch kommt aufgeregt angerannt, bellt sich die Lunge aus dem Leib. Der Winzling macht sich wichtig. Sabine Kaden, die Leiterin des Tierheimes Gröbern, beruhigt. „Der kläfft nur, der beißt nicht.“ Dass Strolch so aufgeregt ist, hat wohl einen Grund: Heute soll er Filmstar werden. Die Produktionsfirma 99ProMedia aus Leipzig, die für den privaten Fernsehsender Vox arbeitet, ist in Gröbern angekommen, gemeinsam mit Uwe Herrmann, dem Chef eines Brautmodeausstatters aus Dresden, und dessen Assistentin Winnie. Und Strolch ist der Star des Tages, soll ein tierisches Modell werden. „Zwischen Tyll und Tränen“ heißt die Serie, die ab Herbst auf Vox laufen, rund 150 Folgen haben und täglich von Montag bis Freitag ausgestrahlt werden wird. „Wir wollen mal etwas Neues machen, nicht nur Mode für Brautleute vorstellen, sondern auch für Hunde, die mit zur Hochzeit genommen werden. Für viele sind die Tiere doch Familienmitglied und manchmal auch Kindersatz“, sagt Winnie, die aus Meißen stammt und ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte. Bei manchen Hochzeiten würden die Hunde die Eheringe auf einem Ringkissen hereinbringen, sagt sie. Und wenn die Tiere mit zur Hochzeit gingen, müssten sie auch entsprechend gekleidet sein, meint die Assistentin der Geschäftsführung.

Der Anzug, in den Strolch, der vierjährige Jack-Russel, steigen soll, ist eine Sonderanfertigung. Von der Stange gibt es so was nicht zu kaufen, jedenfalls nicht bei Herrmanns Brautmoden. Tierheimchefin Sabine Kaden sieht die Dreharbeiten mit gemischten Gefühlen. Einerseits freut sie sich, dass damit das Tierheim mehr Aufmerksamkeit erhält. Andererseits sind Tierschützer generell gegen eine Vermenschlichung von Tieren, weil dies mit artgerechter Haltung nun mal nichts zu tun hat. „Wenn Strolch nicht mitmachen will, brechen wir das ab“, sagt sie.

„Das soll keine Quälerei sein“

Da hat sie die volle Zustimmung von Winnie. „Das soll keine Quälerei sein, sondern Mensch und Tier sollen daran Freude haben“, sagt sie. Mit dem Experiment wolle man auch darauf aufmerksam machen, dass es vor der eigenen Haustür viel Elend gäbe. Die Leute sollen animiert werden, Tierheime zu unterstützen und beispielsweise Tierpatenschaften zu übernehmen.

Von Tierelend könnte Sabine Kaden stundenlang erzählen. Das Heim ist derzeit mit 15 Hunden und mehr als 70 Katzen brechend voll. „Es ist Hochsaison für kleine Katzen. Das Problem ist, dass die Muttertiere nicht sterilisiert werden“, sagt die Tierheimchefin. Wenigstens lassen sich kleine Katzen schnell wieder vermitteln. Bei älteren Problemhunden sieht das freilich ganz anders aus. So bei zwei eineinhalb und zwei Jahren alten Rottweilern. „Die Besitzer wurden mit ihnen nicht fertig, die Nachbarn beschwerten sich. Die Tiere kamen hier völlig unerzogen an“, sagt die Chefin des rund 100 Mitglieder zählenden Tierschutzvereins Meißen und Umgebung. Jetzt bemühen sie und die beiden Tierheim-Mitarbeiter sich darum, die Rottweiler zu erziehen. Dann sollen sie getrennt vermittelt werden. Manche Tiere hingegen sollen in Gröbern bleiben. Die beiden Ziegen zum Beispiel, die vor dem Schlachter gerettet wurden. „Die sind unsere Maskottchen“, sagt sie.

Strolch ist inzwischen von seinem Anzug befreit, tollt herum, bellt wieder die Leute an. Ohne Kragen und Fliege fühlt er sich viel wohler. Sein Glück wäre wohl perfekt, wenn er nun noch seine Susi finden würde. Zufrieden sind auch Drehteam und Modehaus. Letzteres will eine Tierpatenschaft in Gröbern abschließen.