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Ein Wundermittel gegen Mückenstiche?

Ein Mann aus Gröditz hat ein Gerät gegen den Juckreiz nach Insektenstichen erfunden. Es funktioniert erstaunlich simpel.

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© Sebastian Schultz

Von Eric Weser

Gröditz. Am Anfang steht ein fieser Schmerz, ausgelöst durch eine Wespe. Die hatte sich in André Liebermanns Gartenschuhen versteckt und zugestochen, als der nichtsahnende Gröditzer seine nackten Füße in die Latschen steckte. Nach dem „Autsch!“ kommt das Jucken und Brennen. „Ich wusste irgendwo her, dass Hitze hilft“, erzählt der Gröditzer. Aber woher nehmen? Das Erstbeste, was zur Verfügung steht, ist der Rand eines heißen Tellers aus der Mikrowelle. Raus damit, ein paar Sekunden drauf auf den Stich. „Das tat erst mal ein bisschen weh“, erinnert sich Liebermann.

Der Ur-Prototyp von André Liebermanns „Stichlinderer“. Die stilisierte Mücke soll das Logo für das Produkt werden.
Der Ur-Prototyp von André Liebermanns „Stichlinderer“. Die stilisierte Mücke soll das Logo für das Produkt werden. © Sebastian Schultz

Aber nur kurz. Denn schon nach wenigen Minuten hatte sich alles Schmerzen und Jucken in Wohlgefallen aufgelöst. Dieses Erlebnis wird zur Geburtsstunde eines neuen, inzwischen patentierten Gerätes. Von seinem Erfinder hat es den Namen „Stichlinderer“ verpasst bekommen.

Auf den ersten Blick sieht das Teil eher unspektakulär aus und wirkt wie ein bisschen wie aus der heutigen, digitalen Zeit gefallen: Denn es handelt sich letztlich um zwei Holzstücke, die über einen Strick verbunden sind. André Liebermann führt vor, wie die Apparatur funktioniert: Den Holzblock auf eine feste Unterlage legen, den Holzstift fest umfassen und in eine Rille im Holzblock drücken. Der Rest ist Rubbeln. Nach einigem Hin und Her hat der kleine Metallkopf am Ende des Stifts rund 50 Grad Celsius erreicht. Das ist die Temperatur, bei der die Gifte zerstört werden, die etwa Mücken beim Stechen in die Haut abgeben.

Hautärzte zweifeln zwar daran, dass die Hitze das Gift zerstört. Aber Hitze könne wahrscheinlich die Enzyme zerstören, die den Juckreiz auslösen. Dafür müsse die Wärme sofort auf den Stich.

André Liebermann hat gerade die Produktion der ersten Stichlinderer-Serie beendet. Doch bis dahin war es aber ein langer Weg. Begonnen hat er am Tag nach dem Wespenstich, als Liebermann in der heimischen Garage mit dem Tüfteln startete. Sein Ziel war klar: „Es braucht ein transportables Gerät ohne Strom und chemische Substanzen.“ Eine Apparatur, die absolut simpel und sofort einsatzfähig ist. „Man kann ja immer und überall gestochen werden“, so der 48-Jährige. Aus Holzresten, einem Metallstück und einem pinken Stück Strick bastelt André Liebermann in der heimischen Garage den ersten Prototyp. Der funktioniert auch, ist aber noch zu klobig und auch schwer. Der gelernte Werkzeugmacher baut neue, kompaktere Varianten, bei denen sich der Reibestift im Holzblock versenken lässt. Die Metallspitze wählt er kleiner, damit sie die Reibungswärme schnell abgibt. Schließlich soll sich niemand verbrennen. Eine Gefahr, die bei heftigem Rubbeln durchaus besteht.

„Liefern Sie mal 2 000 Stück“

Um die Herstellung zu vereinfachen, entwickelt André Liebermann nebenher gleich noch eigene Werkzeuge. Um die Rille vernünftig ins Holz zu bekommen, baut er erst einen Fliesenschneider um, dann entwickelt er aus alten Fahrzeugteilen einen verbesserten Nachfolger. Aus dem Motor eines alten Brotbackautomaten entsteht eine Schlafmaschine fürs Holz.

Während seine Garage mehr und mehr zur Stichlinderer-Manufaktur wird, überlegt der Erfinder, ob schon jemand anderes auf die gleiche Idee gekommen ist. Recherchen zeigen: Offenbar gibt es eine solche Apparatur noch nicht. Zwar sind „Stichheiler“ im Handel erhältlich, die bei Insektenstichen auch mit punktueller Hitze helfen. Diese Teile bestehen aber aus Plastik, brauchen Batterien und sind sperriger als Liebermanns Stichlinderer, die in jede Hosentasche passen. Derweil zeigen weitere Testläufe des Gerätes bei Freunden und Bekannten: Das schlichte Holzteil mit dem Mücken-Logo kommt an.

Mehr und mehr beschleicht den André Liebermann das Gefühl, dass er etwas erfunden haben könnte, was sich vielleicht verkaufen lässt. „Am Ende kann jeder Haushalt so etwas gebrauchen.“ Der Gröditzer lässt seine Idee beim Patentamt schützen. Daneben macht sich Liebermann, der sein Geld sonst unter anderem mit Fotoaufnahmen aus der Luft verdient, auf die Suche nach Partnern. Die sollen ihm bei einer möglichen Massenherstellung und Vertrieb unterstützen. Ein Händler zeigt Interesse am Verkauf des Gerätes. Liebermann soll prompt 2 000 Stück liefern. „Da saß ich erst mal in der Klemme.“

Die ersten 100 Serien-Stichlinderer hat André Liebermann komplett allein hergestellt. Sie sollen jetzt testweise mit einem Vertriebspartner für etwas mehr als zehn Euro das Stück übers Internet verkauft werden. Der Erfinder hofft auf den Durchbruch. Dann hätte der fiese Schmerz von einst vielleicht doch etwas Gutes.