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Einblicke ins Asylquartier

Zwei Stunden lang öffnete das Hotel Saxonia für Besucher. Manche Frage blieb dabei allerdings unbeantwortet.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Die farbigen Bezüge liegen schon auf dem Doppelbett bereit, verpackt in durchsichtigem Plastik. Daneben: zwei Kleiderschränke, ein Doppelstockbett, ein kleiner Tisch und ein kleiner Kühlschrank; an der Wand hängt ein Spiegel. Eine Nebentür führt in das kleine Badezimmer mit Dusche und WC. Zwischen neun und 20 Quadratmeter groß sind die Zimmer, in denen ab kommender Woche bis zu 84 Asylbewerber unterkommen sollen. Die Räume sind aufgeräumt, sauber. Das mache schon alles einen guten Eindruck, sagt eine Seniorin – und merkt ein wenig skeptisch an: „Mal sehen, ob die neuen Bewohner hier auch Ordnung halten können.“ Eine andere Frau muss an den Urlaub zu DDR-Zeiten denken. So gut habe sie es auf mancher FDGB-Reise nicht gehabt.

Das Interesse am ehemaligen Hotel Saxonia ist groß, das hat auch René Silz bemerkt. Die ersten Besucher zum Tag der offenen Tür – drei ältere Pärchen – hat er schon pünktlich um 15 Uhr an der Eingangstür begrüßt. Ab kommender Woche wird Silz dann hier Heimleiter sein, eine Art Mädchen für alles: Er soll dafür sorgen, dass die 84 Asylbewerber im Heim Ordnung halten, in ihren Zimmern wie in den Gemeinschaftsräumen, er wird die Post verteilen – und er wird auch bei jedem individuellen Problem der erste Ansprechpartner für die neuen Bewohner sein. Nur für die soziale Betreuung sei die Diakonie zuständig. Wie genau das ablaufen soll, müsse noch geklärt werden. Unklar sei beispielsweise, ob die Mitarbeiter der Diakonie auch ein Büro in dem ehemaligen Hotel beziehen können. Von dieser Frage abgesehen ist das Hotel nach mehrmonatigen Umbauarbeiten bezugsfertig, sagt Marcel Thumser vom Ausländeramt des Landkreises Meißen. Nur ein geringfügiger Wasserschaden müsse noch beseitigt werden. Das sei allerdings Vermietersache.

Insgesamt 41 Zimmer stehen den Asylbewerbern in dem ehemaligen Hotel zur Verfügung. Die kleineren seien Einzelzimmer, für die größeren habe das Landratsamt zusätzlich zu den Ehebetten noch Doppelstockbetten liefern lassen. Davon abgesehen hätten sich die Neuanschaffungen in Grenzen gehalten, sagt Thumser. Die Kühlschränke habe man noch zusätzlich geordert, weil die Mini-Bar zu klein gewesen wäre. „Die übrige Einrichtung war bereits im Hotel vorhanden.“ Umgebaut worden war vor allem der Küchenbereich. Links des Eingangsbereichs befinden sich jetzt zwei große Küchen mit insgesamt acht Kochzeilen.

Ein Tag der offenen Tür im Asylbewerberheim – im Landkreis Meißen sei das nichts Ungewöhnliches, sagt Marcel Thumser. „Wir veranstalten generell kurz vor der Eröffnung so einen Tag.“ Ziel ist es, den Anwohnern Einblicke hinter die Kulissen zu ermöglichen. Ein Angebot, das die Riesaer offenbar gern annehmen. In der ersten Stunde herrscht im Saxonia ein reges Begängnis, immer wieder kommen neue Grüppchen Neugieriger. Nicht jeder, weil er sich über den Betrieb des Asylheims informieren will. „Ich habe auch schon mit zwei Frauen gesprochen, die hier früher einmal gearbeitet haben“, erklärt Thumser. „Die wollten einfach einmal schauen, wie es jetzt hier aussieht.“ Eine andere Frau erzählt auf Nachfrage, sie habe früher einmal in dem Hotel übernachtet.

Vorerst nur 40 Bewohner

Auch manche Frage versuchen der neue Heimleiter und die Mitarbeiter des Landratsamtes zu beantworten. Gelegentlich stoßen sie dabei allerdings an ihre Grenzen. Bei der Frage, wie teuer denn nun der ursprünglich mit bis zu 300 000 Euro veranschlagte Umbau tatsächlich geworden ist, verweist Marcel Thumser ans Hochbauamt. Auch zu den monatlichen Kosten, die der Landkreis an den Betreiber zahlt, äußert er sich nicht. Bekannt ist hingegen, dass das Landratsamt dem Eigentümer 8 400 Euro Kaltmiete im Monat überweisen wird. Auch die Frage, die einem älteren Herren auf dem Herzen brennt, bleibt unbeantwortet: „Wer zieht denn nun genau hier ein“, fragt er, „Muslime oder Christen?“ Weder Heimleiter René Silz noch Marcel Thumser vom Ausländeramt können dazu feste Aussagen machen. Nur eines steht fest. „Am Dienstag werden die Ersten eintreffen“, sagt Thumser. Voraussichtlich etwa 40 Asylsuchende werden dann erwartet.