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Einbruchserie mit der Axt

Im Drogenrausch schlug ein Riesaer Glastüren und Fenster ein. Er hatte sogar seinen eigenen Fahrer dabei.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Die Masche war fast immer dieselbe: René R. packte seine wuchtige Axt in eine Sporttasche, schnupfte ein halbes Gramm Crystal und ließ sich von einem älteren Bekannten zum Tatort fahren. Dort stieg der Riesaer aus – und drosch ohne Rücksicht auf Verluste gläserne Eingangstüren oder Fenster ein. Oft genug verletzte sich der 33-Jährige an den Scherben, so dass Blutlachen zurück blieben. Das störte den mehrfach Vorbestraften wenig. Genauso wenig wie die Tatsache, dass der Alarm anging und er mehrfach von Kameras gefilmt wurde. Der Drogenrausch stumpfte offenkundig ab: René R., der eigentlich anders heißt, raffte, was er tragen konnte: Vor allem Zigaretten, aber auch zwei Kästen Freiberger Pils und 24 Dosen Coca Cola gehörten zu seiner Beute.

Die BFT-Tankstelle in Strehla: Zigaretten im Wert von 650Euro, dazu hoher Sachschaden an einer zerschlagenen Eingangstür.
Die BFT-Tankstelle in Strehla: Zigaretten im Wert von 650Euro, dazu hoher Sachschaden an einer zerschlagenen Eingangstür. © Sebastian Schultz
Die mittlerweile geschlossene Gulf-Tankstelle in Strehla: Die Tür hielt stand, 1000Euro Sachschaden gab es trotzdem.
Die mittlerweile geschlossene Gulf-Tankstelle in Strehla: Die Tür hielt stand, 1000Euro Sachschaden gab es trotzdem. © Sebastian Schultz
Der Riesaer Rewe-Markt an der Merzdorfer Straße: Tabak- und Süßwaren für 2100Euro, Sachschaden 1000Euro.
Der Riesaer Rewe-Markt an der Merzdorfer Straße: Tabak- und Süßwaren für 2100Euro, Sachschaden 1000Euro. © Sebastian Schultz
Die Riesaer Star-Tankstelle an der Rostocker Straße: 18Stangen Zigaretten für mehr als 500Euro, 1500Euro Schaden.
Die Riesaer Star-Tankstelle an der Rostocker Straße: 18Stangen Zigaretten für mehr als 500Euro, 1500Euro Schaden. © Sebastian Schultz
Die Riesaer Total-Tankstelle an der Leipziger Straße: 22Stangen Zigaretten für 870Euro und 2200Euro Sachschaden.
Die Riesaer Total-Tankstelle an der Leipziger Straße: 22Stangen Zigaretten für 870Euro und 2200Euro Sachschaden. © Sebastian Schultz

Nachgewiesen werden konnten ihm schließlich acht Einbrüche in Tankstellen und Supermärkte in Riesa und Strehla. Einmal davon blieb es beim Versuch: Die Tür einer Tankstelle erwies sich als zu stabil für seine Axt, die er laut Aktenvermerk als sein „Markenzeichen“ sah und zärtlich, als „mein Baby“ bezeichnete. Doch selbst in dem Fall, wo er an der Glastür scheiterte, hinterließ er 1 000 Euro Sachschaden. Der Wert der Beute in den anderen Fällen summiert sich auf mehr als 5 000 Euro, der übrige Sachschaden auf rund 9 000 Euro.

Für die Delikte zwischen Weihnachten 2014 und Mai 2015 sitzt der Mann mit dem Drogenproblem längst hinter Gitter. Für ihn hatte es sich doch als dumm erwiesen, keine Rücksicht auf Schnittverletzungen zu nehmen: An den Tatorten wurden Blutproben sichergestellt, nach und nach gingen die Auswertungen bei den Ermittlern ein. Immer wieder fand sich die DNS von René R., die wegen seiner Vorstrafen der Kripo bekannt ist. Und dann brüstete er sich offenbar auch noch gegenüber einem Mithäftling in der JVA Zeithain. Der jedenfalls – so geht es aus Aufzeichnungen der Polizei hervor – lud Ermittler ins Gefängnis ein, um mit ihnen sein Wissen über die Einbruchserie zu teilen. Als die klarstellten, dass sie ihm keine Hafterleichterungen im Austausch zusichern könnten, blieb es bei Andeutungen.

Die reichten allerdings aus, um den Fahrer von R. zu ermitteln. Den brauchte der Axt-Mann, weil er selbst weder Fahrerlaubnis noch Auto hatte. Und so brachte ihn der 15 Jahre ältere Hartz-IV-Empfänger mit seinem Renault jeweils mitten in der Nacht zu den Tatorten. – Der Fahrer räumte seine Beteiligung am Donnerstag vor dem Schöffengericht auch nach einigem Drucksen ein. Er habe mal eine Schachtel Zigaretten, mal 20 Euro als Gegenleistung bekommen – aber vor allem mitgemacht, weil er sich bedroht fühlte. Das nahm ihm das Gericht nicht so ganz ab, weil sich im Verlauf der Verhandlung herausstellte, dass das Diebesgut auch in der Garage des Fahrers in Weida zwischengelagert wurde und der auch bei den „Verkaufstouren“ an diverse Abnehmer den Fahrer spielte. Weil er sich letztlich als kleines Licht in der Hierarchie herausstellte und bislang fast unbescholten lebte, kam er wegen Beihilfe mit einem Jahr Bewährung davon – und muss 100 Arbeitsstunden leisten. Mittlerweile allerdings ist klar: Auf das Konto von R. gehen deutlich mehr Einbrüche, wie die spätere Auswertung von Blutspuren ergab. Der Axtmann sitzt wegen anderer Delikte aber ohnehin bis 2018 hinter Gittern.