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Eine Friedensglocke für Zittau

Nach 74 Jahren soll die Johanniskirche nun ihr größtes Geläut zurückbekommen. Eine Erneuerung wäre auch für die kleinen Schwestern nötig.

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© Rafael Sampedro

Von Mario Heinke

Noch in diesem Jahr soll die Johanniskirche eine Friedensglocke bekommen. „Das Symbol der unabhängigen Friedensbewegung wird sich auf der Bronzeglocke wiederfinden“, kündigt Pfarrer Christoph Stempel von der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde St. Johannis an. Er steht gemeinsam mit Türmer Felix Weickelt und Heike Eisenhut-Schumann vom Bauplanungsbüro Risch im knarrenden Glockenstuhl. Der Staub von Jahrzehnten flirrt im Sonnenlicht, das durch die schmalen Luftschlitze ins Innere des Nordturmes dringt. Auf Höhe des Sockels der schlanken, achteckigen Spitze befindet sich der Glockenstuhl der großen Glocke, eine Etage darunter hängen drei kleinere Glocken. Die Aufhängung, die Antriebe und die marode Technik wirken wenig vertrauenserweckend. Rostbraun ist die dominierende Farbe. Im November sind zwei Glocken wegen technischer Mängel außer Betrieb genommen worden. Derzeit läutet nur noch eine Glocke.

Die Glocken der Johanniskirche wurden im Februar 1942 zu Kriegszwecken eingeschmolzen. „Kirchenglocken spiegeln die Wirren der Weltgeschichte wieder“, sagt Türmer Felix Weickelt. Im Ersten Weltkrieg wurde die erste große Glocke eingeschmolzen. 1921 ersetzt, fiel auch sie dem Krieg zum Opfer. So gesehen wirkt der Zweite Weltkrieg bis heute nach, weil die große Glocke noch immer fehlt. Die drei kleineren Glocken erhielt die Kirche nach dem Krieg vom Glockenfriedhof in Hamburg. Ursprünglich waren sie für Kirchen bestimmt, die nun kriegsbedingt in Polen lagen und statt evangelisch nun katholisch waren. „So blieben sie hier hängen“, sagt Stempel.

Die Herkunft lasse sich den Inschriften entnehmen. 1966 plante die Kirchgemeinde schon einmal, eine neue Glocke gießen zu lassen. „Als jedoch die Heizung in der Klosterkirche ausfiel, wurde entschieden, das Geld für die Reparatur der Heizung zu verwenden“, erzählt Pfarrer Stempel. Er wird im Sommer in den Ruhestand verabschiedet und hatte die „Glockenfrage“ schon abgehakt. Vor Weihnachten erhielt er jedoch die Zusage der Ostdeutsche Sparkassenstiftung. „Da war die Freude groß“, sagt Stempel. Mitte Februar übergab der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien und deren Stiftung, Michael Bräuer, den Förderbescheid in Höhe von 60 000 Euro.

Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung finanziert gemeinsam mit der Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien den Guss und den Aufzug der großen Glocke. „Krieg und Zerstörung sollten nie das letzte Wort haben“, kommentiert der Pfarrer die Geschichte und ergänzt ganz irdisch: „Der Kupferpreis ist im Moment ganz unten.“ Glockenbronze besteht bekanntlich größtenteils aus Kupfer. Die neue Glocke soll das Geläut wieder komplettieren und noch vor Weihnachten ein vollständiges Klangerlebnis schaffen. „Der Schlagton wird h°“, verrät der Musikstudent Weickelt.

Nur acht Betriebe führen in Deutschland das seltene Glockengießerhandwerk noch aus. Wo die Zittauer Glocke entstehen wird, ist noch nicht entschieden. Klar ist schon ihr Gewicht. „Sie wird rund 2,9 Tonnen schwer sein“, sagt Frau Eisenhut-Schumann. In den nächsten Wochen haben die Gutachter das Wort. Sie messen Schwingungen, berechnen die Statik und begutachten den Zustand der Technik. Fakt ist: Mit der Finanzierung der Bronzeglocke ist es nicht getan. Für die notwendige Sanierung der gesamten Technik im Nordturm benötigt die Kirchgemeinde zusätzliche Mittel und hofft deshalb auf viele Spender. „Die Glockenweihe wird ein bedeutendes Ereignis für die Stadt“, frohlockt der Türmer. Sie soll von Festlichkeiten und einem Festumzug begleitet werden.

Spenden an: Ev. luth. Kirchenvorstand Zittau; IBAN: DE23850501003000077773, BIC: WELADED1GRL; Zahlungsgrund: Spende Geläut Johanniskirche