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Eine Latina für die Lausitz

Cristina Hoyos Gaviria hat einen langen Weg zurückgelegt. Sie geht für ein Halbjahr in Deutschland zur Schule – und hat sich dafür Mücka ausgesucht.

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© André Schulze

Von Sabine Ohlenbusch

Eigentlich hat sich die Lausitz ja mich ausgesucht“, sagt die 15-Jährige lächelnd. Die Schweizer Schule, die sie in ihrer Heimatstadt Bogotá besucht, sieht für die deutschen Klassen ein Halbjahr im deutschsprachigen Ausland vor. Deshalb hat sie sich für eine Gastfamilie in die Datenbank des Humboldteums eingetragen. Dieser Verein vermittelt zwischen deutschsprachigen Schulen im Ausland und Gastfamilien. Die Familien entscheiden sich dazu, einen Schüler aus Quito in Ecuador oder aus Nagano in Japan aufzunehmen. Oder eben aus Bogotá in Kolumbien. So ist Cristina zu Familie Thomas gekommen. Und sehr froh darüber. „Wir sind in den Herbstferien eine Woche zusammen in den Urlaub ins Erzgebirge gefahren“, erinnert sie sich.

Auch sonst ist Cristina in die Lebenswelt der Familie integriert. Gemeinsam mit Gastschwester Annika besucht sie die neunte Klasse der Comenius-Schule in Mücka. Beim Spendenlauf der Schule im September ist sie dabei gewesen, genau wie sonst im Schulalltag. Gerade ist sie mit einer Klassenkameradin im Kindergarten in Mücka für ihr Schulpraktikum. Dort ist Kerstin Kiese, Leiterin der Kita „Storchennest“, zufrieden mit ihr. „Sie ist seit zwei Tagen hier und hat sich sehr gut eingegliedert. Da sie sehr gut Deutsch spricht, kann sie dieselben Aufgaben übernehmen wie ihre Freundin“, äußert sie und fügt hinzu: „Auch zu den Kindern hat sie schnell Zugang gefunden.“ Auch Klassenkameraden und Lehrer finden, dass Christina sich gut eingelebt hat. „Es wird tragisch, wenn sie im Dezember wieder zurückgeht“, fürchtet Samira Schulz, die dieselbe Klasse der Comenius-Schule besucht.

Aber vielleicht gibt es ja irgendwann ein Wiedersehen mit ihren alten Freunden in Deutschland. Denn Cristina möchte Jura studieren und dafür mindestens für ein Semester ins europäische Ausland. Und das ist in jedem Fall näher als Südamerika.

Für den Schüleraustausch nach Deutschland ist sie wegen ihrer sehr guten Deutschkenntnisse, aber auch dank ihres ausgeglichenen Wesens ausgesucht worden. Dies garantiert sowohl die Schule als auch das Humboldteum den Gasteltern für alle teilnehmenden Schüler. Das Programm soll nicht nur der Sprachkompetenz der Teilnehmer, sondern auch dem Kontakt zwischen den Kulturen dienen.

Cristinas Schule in der kolumbianischen Hauptstadt gibt es schon seit 1948. Neben Deutsch können hier die Schüler auch Französisch ab der ersten Klasse wählen. Vom Kindergarten bis zur Matura, dem Schweizer Abitur, begleitet die Schule die Kinder. Die Institution ist Teil der Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH), die 1 700 Schulen weltweit vernetzt. Sie haben alle gemein, dass sie deutschsprachigen Unterricht anbieten und bestimmte Prüfungen und Sprachzertifikate abnehmen. So können deutsche Lehrer an diesen Schulen unterrichten und es gibt eben auch geförderte Austauschprogramme. Cristinas Gastschwester Annika kann also auch nach Bogotá zu Besuch kommen, allerdings ist hierfür nur ein Aufenthalt von einem Monat vorgesehen.

Was Cristina besonders an der Lausitz beeindruckt? „Der Herbst mit seinen leuchtenden Farben“, meint sie. „In Bogotá haben wir keine Jahreszeiten und die Bäume sind immer grün.“ Vielleicht erlebt sie sogar noch, dass es schneit, bis sie im Dezember zurück nach Hause fährt.