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Einkaufen ohne Geld

Auf dem Gelände der Rabryka entsteht ein Umsonst-Laden. Damit er im Juni starten kann, ist noch viel Hilfe nötig.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ingo Kramer

Görlitz. Nina und Raphael Weniger haben gemeinsam in Leipzig gelebt, in Dresden – und seit zwei Jahren sind sie in Görlitz, wo er über das Senckenberg-Museum studiert. Im Vergleich zu den großen Städten haben sie in Görlitz eines vermisst: Einen Umsonst-Laden. „Das ist ein Ort, an dem jeder Sachen abgeben kann, die noch gut sind“, sagt Nina. Das kann zum Beispiel Kleidung sein, auch Möbel, Bücher, CDs, Geschirr oder Besteck. „Aber es sollte kein Müll sein, sondern Sachen, bei denen man denkt, dass sich darüber jemand freut“, ergänzt sie. Und es ist kein Tauschladen. Das heißt, wer will, gibt etwas ab und wer nichts abzugeben hat, kann sich auch ohne Gegenleistung und ganz ohne Geld etwas nehmen.

Die Idee für einen solchen Laden hatte das junge Ehepaar lange im Hinterkopf. Dass es jetzt konkret wird, hat zwei Gründe: Sie haben den passenden Ort gefunden und jede Menge Mitstreiter. Das „Kernteam“ für den Umsonst-Laden besteht derzeit aus sechs jungen Leuten. Darüber hinaus helfen noch weitere mit. Und bei der Suche nach dem geeigneten Ort sind sie auf die Rabryka gestoßen, die einstige Hefefabrik an der Bautzener Straße. Auf deren Gelände parkt seit fast zwei Jahren der „Info-Kiosk“. Der existierte einst als Kunstobjekt in Dresden, ging später auf Wanderschaft und landete schließlich vor zwei Jahren für das studentische Zukunftsvisionen-Festival in Görlitz. Einen Monat lang stand er vor dem Theater und diente als Bar. Seither fand sich keine neue Verwendung.

Raphael, Nina und ihre Mitstreiter sind keine Mitglieder beim Second-Attempt-Verein, aber sie sind mit ihrer Idee auf offene Ohren gestoßen. Ihre Initiative haben sie „UmFairTeilung“ genannt und den Kiosk „Wertschätzkabinett“. Um das Wertschätzen von Sachen geht es ihnen, um Nachhaltigkeit, die Eindämmung des Konsumrausches: „Sachen, die noch gut sind, muss man nicht wegwerfen, sondern kann sie anderen kostenlos zur Verfügung stellen“, sagt Raphael. Nur Nahrung und andere verderbliche Produkte sind im Umsonst-Laden aus hygienischen Gründen tabu.

Bevor das „Wertschätzkabinett“ starten kann, ist noch Arbeit nötig. Am 29. Mai, ab 10 Uhr, gibt es einen großen Baueinsatz. Mitmachen kann jeder, der Zeit und Lust hat. Vorher sammelt die Initiative noch schöne Sachen, um den Info-Kiosk zu gestalten. Gefragt sind vor allem Regale, Lampen, Läufer, Teppiche und Tücher, dazu Holz, Kleiderbügel und Lichterketten. Von allem aber nicht zu viel, denn der Info-Kiosk ist nicht allzu groß. Und auch hier keinen Müll, sondern Dinge, die noch schön sind, aber im eigenen Haushalt vielleicht nicht mehr gebraucht werden. All das kann im Büro der Rabryka abgegeben werden – oder, wenn keiner da ist, einfach in die Box gelegt werden, die vorn am Eingang neben der alten Villa steht.

Wenn genug zusammenkommt und der Baueinsatz am 29. Mai erfolgreich ist, soll das „Wertschätzkabinett“ Anfang Juni eröffnen. Zu den Bürozeiten der Rabryka, also Montag bis Freitag, 10 bis 18 Uhr, ist es offen. Jeden Mittwoch, 17 bis 20 Uhr, soll es zudem eine „Präsenzzeit“ geben, zu der jemand vor Ort am Kiosk ist, Fragen beantwortet, das Prinzip erklärt. „Es ist zunächst als Probe bis zum Herbst geplant“, sagt Nina. Läuft es gut, könnte daraus später auch ein „richtiger“ Laden werden. Das braucht aber mehr Vorarbeit, vor allem ein Finanzierungskonzept. Doch das steht jetzt noch nicht an. Erst einmal muss es anlaufen.

Kontakt per E-Mail: [email protected]