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Einmal aus der Zeit fallen

Höfisches und Herzliches zum diesjährigen Winterball auf Schloss Schönfeld.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Schönfeld. Er ist der einzige, der den Adel an diesem Abend zurechtweisen darf. Zeremonienmeister Daniel Mc Kennzie obliegt es zum Beispiel darauf zu achten, dass die Herren bei Tisch ihre Hüte abnahmen. Marquis hin oder her – Etikette muss sein.

Angela Rose und Rene Dwars spielen Radmühle.
Angela Rose und Rene Dwars spielen Radmühle. © Klaus-Dieter Brühl
Zeremonienmeister Daniel Mc Kennzie (Daniel Bautz) – im heimischen Thale wirft er eher Baumstämme.
Zeremonienmeister Daniel Mc Kennzie (Daniel Bautz) – im heimischen Thale wirft er eher Baumstämme. © Klaus-Dieter Brühl
Preußenkönig Friedrich II. (Steffen Leu) gibt sich die Ehre.
Preußenkönig Friedrich II. (Steffen Leu) gibt sich die Ehre. © Klaus-Dieter Brühl

Im bürgerlichen Leben gehört Daniel Bautz den Harzer Highländern an und die werfen für gewöhnlich Baumstämme und schwingen die Axt im heimischen Thale. Doch was Liebe nicht alles vermag. Zur Hochzeit hat der kräftige Bursche seiner Holden nicht nur die Treue geschworen, sondern selbige auch zum Barocktanz. So schwingt er nun wohlfeil den Zeremonienstab zum diesjährigen Winterball auf Schloss Schönfeld, auf Einladung der Reichsgräfin von Werther.

Die Gesellschaft von etwa 70 Personen ist wahrhaft eine illustre. Grafen und Gräfinnen, ein Marquis hier und da und natürlich höchstselbst König Friedrich II. von Preußen mit seinem markanten Dreispitz. „Sachsen gehört ab heute wieder zu Preußen!“, verkündet er in entsprechender Pose im Schönfelder Schloss. Nun ja, den erhabenen Blick hat er allemal – erst als die Königsmutter auf ihn zustürmt und ihm irgendwie die Show stiehlt, wird er wieder ihr Lieblingssohn. Es ist ein bisschen wie im Leben – und genau das soll auch sein. „Wir tanzen und tafeln nicht nur gemeinsam, wir verkörpern auch ein klein wenig die historischen Rollen, die wir gewählt haben“, sagt Bernd Angermann, Vereinsvorsitzender von „Les amis de la danse baroque“. Da er heute den Diener gibt, weiß er, wovon er spricht. Er nimmt`s mit Humor. Mancher würde eben seine Rolle sehr ernst nehmen, sagt er schmunzelnd. Tatsächlich stecken viel Arbeit und Liebe zum Detail hinter dem fast schauspielerischem Treiben.

Die Damen fertigen ihre Garderobe selbst nach historischen Schnitten. Bei rund zehn Meter Stoff für ein Kleid, mit all den raffinierten Faltenwürfen, ist das bereits ein anspruchsvolles schneiderisches Vorhaben. Eine schwere Bürde ohnehin, denn die Gewänder wiegen mehrere Kilo. Da schreitet Gräfin wie von selbst damenhaft. Etwas anderes verbietet sich mit den ausladenden Reifröcken von selbst. Und auch die kunstvoll hochgesteckten Perücken vertragen wohl keine unbedachten Bewegungen. Tanzlehrerin Margret Just achtet darauf, dass jeder Schritt, jede Handbewegung mit gewisser Ruhe und Eleganz vorgetragen werden. Denn hier trifft man sich vor allem zu Schreittänzen aus der Zeit des 16. Jahrhunderts. Landläufig historischer oder auch höfischer Tanz genannt, aber nur, weil gerade die höfischen Tänze aus dieser Epoche am ausführlichsten in ihren Schrittfolgen überliefert sind.

Die übt Margret Just mit ihren Schützlingen vom Verein. Die Gesellschaft ist auch diesbezüglich eine illustre, Tanzanfänger stehen neben Paaren, die bereits seit Jahren auf allen Sälen zu Hause sind, wie Lutz und Birgit Thomas aus Erkner. Die Gesten und Schritte des Reichsgrafen nebst Gattin sind Körperspannung wie Eleganz gleichermaßen und vor allem – sie mögen was sie tun. Ihre Bewegungen sind voller Lebensfreude, eine Hommage an den anderen, ein leises Knistern. Und darauf kommt es schließlich auch irgendwie an. Erst recht in der Adventszeit. Für die Ebersbacherin Heidrun Tennert vom Kostümverleih beginnt die Weihnachtszeit deshalb nicht am 1. Dezember mit dem ersten Adventsfensterchen, sondern mit dem alljährlichen Winterball. Und weil das so ist, hat selbst der Zeremonienmeister ein Lächeln im Gesicht, als gegen Ende des Balls schließlich ganz gegen den Stil des Abends „Küss mich, halt mich, lieb mich“ von Ella Endlich erklingt – extra für Georg und Petra und aufgenommen mit eigens dafür angefertigten „goldenen Kameras“ – als besonderes Erinnerungsgeschenk für das junge Paar an diesen Abend. Die Barocktanzgruppe „Les amis de la danse baroque“ aus Meißen ist eben mehr als eine Tanzgruppe. Sie ist ein Leben im Alltag, eine Gemeinschaft, die sich selbst und anderen Akzente setzt.