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Er geht und keiner kommt

Volkmar Paulick hat seinen Rücktritt als Trainer des LSV Tauscha lange angekündigt. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht.

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© Anne Hübschmann

Von Jörg Richter

Tauscha. Der Tauschaer Volkmar Paulick ist eine ehrliche Haut. Er ist ehrlich zu seiner Mannschaft und ehrlich zu sich selbst. „Ich weiß kaum noch, was ich meinen Spielern beibringen kann“, sagt der 65-Jährige. „Manche Trainingsmethoden sind eben eingeschliffen.“ Dann kriegt er ganz schnell mit, wenn seine Kicker anfangen zu motzen, weil sich die Trainingseinheiten ähneln, er nichts Neues parat hat. Das ist ihm selbst unangenehm. Denn er war ja auch mal wie sie. Jung, ungestüm und ehrgeizig.

So wie 1977, als er von Ruhland nach Tauscha zog. Bis dahin spielte Paulick mit der BSG Motor Ruhland immerhin in der Bezirksklasse, der fünfthöchsten Liga in der ehemaligen DDR. Der Wechsel in die sächsische Provinz war für ihn ein riesiger Schritt zurück. „Das war ungefähr so, als wenn man kurz nach der Wende aus dem Westen in den tiefsten Osten gekommen ist“, sagt er vergleichend.

Die Trainingsverhältnisse zwischen Ruhland und Tauscha seien wie Tag und Nacht gewesen. Die hiesigen Fußballer der BSG Traktor mussten sich in einer Baracke umziehen. Es gab keine Duschen, sondern nur einfache Waschschüsseln. „Und die kannten hier auch kein Training“, erzählt Paulick. Das habe er als neuer Spielertrainer erst eingeführt. „Denn ich wollte etwas erreichen und nicht nur rumbäbbeln“, erinnert er sich. Da war er 27 Jahre alt.

Die Töppen hing er später an den berühmten Nagel. Tauschaer Trainer ist er bis vor Kurzem geblieben. Mit Unterbrechungen. Denn immer wieder sprang er ein, wenn sich wieder mal ein Coach verabschiedete. Meist aus familiären oder beruflichen Gründen. Paulick verurteilt das nicht. „Man muss schon viel Zeit opfern“, sagt er und rechnet vor: zweimal Training pro Woche und in der Saison jedes Wochenende ein Spiel. Er überschlägt: „Da kommen schon 40 Stunden im Monat zusammen.“ Also eine komplette Arbeitswoche. „Und das in der Freizeit. Da muss die Familie schon viel Verständnis aufbringen“, sagt der Rentner.

Tauschas Goldenes Zeitalter

Mit knapp 66 Jahren soll für ihn damit Schluss sein. „Es muss ein Generationswechsel her“, sagt er. Das hat er seiner Mannschaft rechtzeitig angekündigt. Zu Beginn der diesjährigen Rückrunde informierte er sie, dass er vorhat aufzuhören.

Seitdem ist der Verein auf der Suche nach einem Nachfolger. Bisher vergebens. „Das ist ein großes Problem“, gibt Fußball-Abteilungsleiter Dietmar Schulze zu. Sein Wunschkandidat war Paulicks Vorgänger Dirk Reckschwardt. Der 42-Jährige hilft zwar oft als Trainer aus, doch den Hut des Hauptverantwortlichen möchte er sich aus Rücksicht zu seiner Familie nicht wieder aufsetzen. Auch Co-Trainer Robby Zinke (34), der Paulick viel Schreibkram abgenommen hat, wolle nicht voranstehen, sagt Schulze. Er trainiert ab kommender Saison schon die G-Jugend, also die jüngsten Fußballer des LSV Tauscha.

„Wir brauchen eine führende Hand“, sagt Schulze. Er weiß, was er an Volkmar Paulick hatte. „Er hat eine gute Arbeit gemacht, ist mit der Mannschaft zurechtgekommen, und sie mit ihm. Das ist schon viel wert.“ Dass sich die Suche nach einem Nachfolger so schwer gestaltet, ist Paulick fast schon unangenehm. „Es tut mir ein bisschen leid für die Jungs“, sagt er. Denn sie seien im Altkreis die beste Mannschaft östlich von Großenhain.

Diese Truppe hat in den letzten Jahren auf Kreisebene einen Namen gemacht. Viele Spieler stammen aus den Erfolgs-A-Junioren, die unter ihrem ehemaligen Trainer Jens Lotzmann 2006 den Kreispokal gewannen, drei Jahre später bei den Herren Kreismeister wurden und in die damalige Bezirksklasse aufstiegen. Bis heute haben sie sich dort gehalten, auch wenn die Bezirksklasse jetzt Kreisoberliga heißt.

„Doch das Goldene Zeitalter von Tauscha läuft langsam aus“, sagt Schulze. Die Spieler sind jetzt um die 30 Jahre alt. Erst in drei, vier Jahren rücken die heutigen B-Junioren nach. „Wir können nur hoffen, dass sich bis dahin niemand verletzt“, so der Abteilungsleiter. In dieser schwierigen Phase sei ein Trainer wichtig, der die Elf motivieren kann. Doch einen geeigneten Mann aufs Land zu bekommen wird ohne finanzielle Anreize nicht einfach sein. „Das wird sich nicht verhindern lassen“, sagt Schulze. „Die Zeiten haben sich verändert.“