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Erregt, wenn kleine Kinder leiden

Der Angeklagte besitzt Kinderpornos der härtesten Sorte. In der Verhandlung ergibt sich ein weiterer Verdacht.

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© Symbolfoto: ZB

Von Jürgen Müller

Meißen. Er sieht ein bisschen aus wie der nette Nachbar von nebenan, ein Normalo eben. Das ist er auf den ersten Blick auch. Der 37-jährige Meißner, der vor dem Schöffengericht des Amtsgerichtes Meißen sitzt, ist verheiratet, Familienvater, hat einen 14-jährigen Sohn. Es scheint, als könne er kein Wässerchen trüben. Doch er hat noch ein zweites Ich, etwas, dass mit pervers noch milde umschrieben ist.

Die Staatsanwaltschaft hält ihm vor, 54 kinderpornografische Schriften besessen und auf seinem Computer und auf DVD abgespeichert zu haben. Nun gibt es sicher verschiedene Abstufungen, was Kinderpornografie betrifft. Die Fotos und Filme, die bei dem Meißner gefunden wurden, gehören zweifellos in die härteste Kategorie. Akribisch beschreibt die Staatsanwältin, was auf den Dateien zu sehen ist. Es ist ekelerregend. Details sollen hier erspart bleiben, nur soviel: Es geht um vollzogenen Geschlechtsverkehr mit teils zwischen drei und sechs Jahren alten Mädchen. Dabei seien die Geschlechtsteile derart in den Mittelpunkt gerückt worden, dass die Mädchen zu bloßen, auswechselbaren Objekten der sexuellen Begierde degradiert wurden, beschreibt es die Staatsanwältin. Sogar Säuglinge, aber auch kleine Jungs spielen eine Rolle.

Als „Windelboy“ im Netz unterwegs

Besonders pervers: Auf manchen Videos sind die Kinder weinend und schreiend ob der Qualen, die sie erdulden müssen, zu sehen und zu hören. So wird ein Junge, der sich weinend weigert, von einem Mann brutal an den Haaren gezogen. Auf einem anderen Video wehrt sich ein vielleicht drei Jahre altes Mädchen schreiend. Den Angeklagten hat das nicht nur nicht gestört. „Das war es ja, was mich sexuell erregt hat“, gibt er auf eine entsprechende Frage des Richters zu. Im Internet ist es auf einschlägigen Seiten unter dem bezeichnenden Namen „Windelboy“ unterwegs. Wie er denn darauf komme, will der Richter wissen. „Weil ich auf sowas stehe.“

Anfangs bei seiner polizeilichen Vernehmung hatte er noch behauptet, sich die Kinderpornos „versehentlich“ runtergeladen zu haben. Inzwischen gibt er zu, was ohnehin nicht zu leugnen ist. Etliche Dateien hat er auch auf DVD gebrannt. Das legt den Verdacht nahe, dass er sie verkaufen oder zumindest weiterverbreiten wollte, ansonsten ergibt das keinen Sinn. Das jedoch streitet der Angeklagte ab.

Bei einer Wohnungsdurchsuchung am 11. Juni vorigen Jahres finden die Kriminalisten insgesamt 170 Filme und 70 Fotos mit Kinderpornografie. Als die Polizei an der Wohnungstür klingelt, sind nur die Ehefrau und der Sohn des Angeklagten zu Hause. Die Frau fällt aus allen Wolken. „Wir haben ihr nicht gesagt, weswegen wir den Computer beschlagnahmen. Das sollte ihr der eigene Mann schon selbst beibringen“, sagt ein Kriminalist. Im Laufe der Durchsuchung bekommt aber auch die Ehefrau schnell mit, worum es geht. Sie bricht in Tränen aus.

Das war außergewöhnlich

Der PC war nicht mit einem Passwort gesichert, jeder hatte Zugriff. Auch die DVDs mit den Kinderpornos lagen überall im Zimmer frei zugänglich herum. „Was darauf zu sehen war, das war schon außergewöhnlich“, sagt ein erfahrener Kriminalbeamter, der oft mit solchen Taten zu tun hat.

Angefangen habe alles vor zwei Jahren, als seine Frau längere Zeit im Krankenhaus gewesen sei, sagt der Angeklagte. „Es begann mit ein paar Bildern, wurde immer mehr“. Aber selbst die Wohnungsdurchsuchung war für den Mann kein Schuss vor den Bug, um seine perversen Neigungen zu bekämpfen. Ja, er habe sich mal einen Termin bei einem Therapeuten besorgen wollen, aber das habe irgendwie nicht geklappt. Dann habe er es sein lassen. Einmal hat er doch noch einen derartigen Anlauf genommen. Als die Anklageschrift ins Haus flatterte.

Zur Verhandlung ergibt sich ein weiterer Verdacht. Ein Kriminalist meint, auf einem der Videos den Sohn des Angeklagten erkannt zu haben. Das Gericht schaut sich diese Video an, lässt sich ein Foto des Sohnes vom Einwohnermeldeamt schicken. Der Vergleich zeigt: Es könnte durchaus der Sohn gewesen sein.

Um das gerichtsfest herauszufinden, soll jetzt ein Gutachter eingeschaltet werden. Die Verhandlung wird ausgesetzt. Bestätigt sich dieser Verdacht, würde der Angeklagte nicht nur wegen Besitzes kinderpornografsicher Schriften, sondern auch wegen schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes verurteilt. Es droht eine lange Haftstrafe. Das ist auch der Grund, weshalb die Staatsanwältin Fluchtgefahr sieht und Haftbefehl beantragt. Und so verlässt der An Angeklagte den Saal nicht als freier Mann. In Handschellen wird er von zwei Polizisten ins Gefängnis gebracht.

Das Verfahren beginnt nun neu, sobald das Gutachten vorliegt.