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Erst die Landtage, dann die Reformen

Fahrplan. Nach den Wahlen in drei Bundesländern will sich die Koalition Gesundheit und Familien zuwenden.

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Von Sven Siebert,Berlin

Von Angela Merkel heißt es, sie wolle vom Thema Gesundheit nichts hören. Nicht intern und schon gar nicht in den Medien. Die angekündigte Gesundheitsreform ist eines der Tabuthemen in der großen Koalition. Vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt haben sich Union und SPD öffentlich eher auf Nebenfragen beschränkt.

Am Wochenende forderten die Kanzlerin und SPD-Fraktionschef Peter Struck kostenfreie Kindergartenplätze, Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) räusperte sich wenig erfolgversprechend zum Kündigungsschutz, und die halbe Repub-lik ereiferte sich über Pläne zur Einführung eines Deutschland-Tests für Einwanderer.

Ab Sonntag soll wieder richtige Politik gemacht werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine „Reformoffensive“ angekündigt. Und dazu gehört vor allem die Neufassung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Ab Montag darf auch mit der Kanzlerin über die Gesundheit gesprochen werden.

Gesundheitsreform

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) habe das „Aufschlagsrecht“ in dieser Frage, wie es in der Koalition heißt. Die Fachministerin hat die schwierige Aufgabe, etwas vorzulegen, das von beiden Koalitionspartnern akzeptiert werden könnte. Union und SPD hatten im Wahlkampf mit „Gesundheitsprämie“ und „Bürgerversicherung“ zwei Konzepte vertreten, die allgemein als unvereinbar gelten.

Es gilt als wahrscheinlich, dass Schmidt dennoch einen Kompromiss suchen wird. Nach SZ-Informationen gibt es möglicherweise schon in der kommenden Woche ein Treffen Merkels mit Schmidt.

Elterngeld

Auch das Elterngeld gilt als wichtiges Reformvorhaben der großen Koalition. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte gestern an, im April einen Gesetzentwurf für die Lohnersatzleistung für junge Eltern vorzulegen.

Bisher ist geplant, Müttern oder Vätern während der Kinderbetreuung im ersten Lebensjahr ihres Kindes 67 Prozent ihres letzten Nettoeinkommens (maximal 1 800 Euro) zu zahlen. Doch vor allem in der SPD regt sich Widerstand gegen eine mögliche Unterstützung für Besserverdienende.

Kombilohn

Entscheidungen zur Einführung eines so genannten Kombilohns aus niedrigem Arbeitseinkommen und zusätzlichen staatlichen Leistungen werden von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) erst für das zweite Halbjahr 2006 angekündigt. Dieser Kombilohn soll nach dem Willen der SPD mit einem Mindestlohn verbunden werden.

Die von Wirtschaftsminister Glos geforderte Lockerung des Kündigungsschutzes kommt aus SPD-Sicht nicht in Frage. Müntefering, so heißt es, sei „bereit, auch einen großen Krawall in Kauf zu nehmen“. Die Koalition wird ein paar Tabuthemen behalten – auch nach den Wahlen am Sonntag.