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Erstes Café startet im Kraftwerk Mitte

In das kleine Pförtnerhäuschen am Wettiner Platz zieht wieder Leben ein. Anfang Mai öffnet das liebevoll sanierte Kleinod.

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© Christian Juppe

Von Nora Domschke

René Kuhnt hat ein Faible für das Ungewöhnliche. Als der Dresdner Gastronom Ende 2014 angesprochen wurde, ob er ein Restaurant im künftigen Kulturkraftwerk betreiben wolle, war er von der Idee sofort begeistert. Die Räumlichkeiten in den riesigen Kraftwerkgebäuden rissen ihn allerdings nicht vom Hocker. Nach dem Rundgang entdeckte Kuhnt eher zufällig das kleine Pförtnerhäuschen am Wettiner Platz. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, schwärmt der 47-Jährige.

Seit September vergangenen Jahres haben er und sein Team die heruntergekommene ehemalige Pförtnerloge wieder auf Vordermann gebracht.
Seit September vergangenen Jahres haben er und sein Team die heruntergekommene ehemalige Pförtnerloge wieder auf Vordermann gebracht. © Christian Juppe
Hinter dem Bistro sollen bald weitere Sitzplätze in einem Biergarten entstehen.
Hinter dem Bistro sollen bald weitere Sitzplätze in einem Biergarten entstehen. © Christian Juppe

An diesem Dienstag präsentierte er sein liebevoll hergerichtetes Kleinod den beiden Drewag-Chefs Reinhard Richter und Ursula Gefrerer. Im Gepäck haben sie zwei Ausstellungsstücke aus dem Drewag-Museum: Ein originales Blechschild mit der Aufschrift „Hochspannung! Vorsicht, Lebensgefahr“ und einen alten Stromzähler. „Die beiden Stücke sind hier gut aufgehoben“, sagt Richter. Er freue sich, dass die kleine Pförtnerloge mit Kuhnts Café und Bistro nun wieder mit Leben erfüllt wird.

Etwa 110 000 Euro hat der Gastronom in die Sanierung und den Umbau des Klinker-Anbaus gesteckt. „Da ist das Inventar allerdings nicht inbegriffen“, sagt Kuhnt lachend. Das hat er sich unter anderem im Internet zusammengesucht. Die hölzernen Architekten-Drehstühle zum Beispiel oder einen alten Reisekoffer, der als Tisch genutzt wird. Hier steckt viel Liebe im Detail: Die Stromleitungen wurden auf dem Putz verlegt, Steckdosen und Drehschalter aus Bakelit montiert, die alten Holzfenster aufgearbeitet. „Das war enorm viel Arbeit“, berichtet Kuhnt.

Seit September vergangenen Jahres haben er und sein Team das heruntergekommene Häuschen wieder auf Vordermann gebracht. „Zuerst musste alles raus – das war eine richtige Rumpelkammer mit alten Kühlschränken und Technik aus DDR-Zeiten.“ Das alles landete auf dem Müll. Nun ist das Bistro neu eingerichtet. Kuhnts Vorliebe für den Stil der 1930er-Jahre ist nicht zu übersehen, alles ist ganz schlicht in Holz gehalten. Wo früher der Schreibtisch des Pförtners in einem gläsernen Erker stand, können es sich die Gäste jetzt auf einer Couch gemütlich machen.

Der verglaste Windfang davor soll künftig von den Rauchern genutzt werden. Absoluter Hingucker ist das große Ziehharmonika-Fenster zum Wettiner Platz. Hier gibt es ab sofort Softeis zu kaufen – natürlich vom sächsischen Traditionsunternehmen Komet. Dass die 60 Quadratmeter große Kneipe nur etwas mehr als 20 Sitzplätze bietet, stört den Gastronomen nicht. „Wir werden ohnehin gut zu tun haben, wenn es voll ist.“ Zwei Mitarbeiter bewirten die Gäste mit Kaffee, Kuchen, Eisbechern. Derzeit nutzen vor allem die Studenten der Musikhochschule und die Bauarbeiter sein Angebot an Würstchen, Suppe und Brötchen.

Wenn am 10. Dezember die Staatsoperette ihre erste Premiere im Kulturkraftwerk feiert, wird es außerdem mediterrane Snacks geben. „Ich hoffe, dass sich bis dahin noch andere Gastronomen auf dem Areal ansiedeln, sonst schaffen wir das nicht“, sagt Kuhnt. Drewag-Sprecherin Gerlind Ostmann bestätigt, dass es derzeit Gespräche mit Interessenten gibt. „Das sind dann aber deutlich größere Räume mit bis zu 200 Sitzplätzen, zum Beispiel im ehemaligen Sozialgebäude “, sagt sie. Konkrete Pläne gebe es allerdings noch nicht.

Mit seinem Bistro – das übrigens in Anlehnung an den einstigen Hauptzugang den Namen „T 1“ trägt – betreibt Kuhnt nun bereits seine dritte gastronomische Einrichtung in Dresden. Nach 26 Jahren ununterbrochenem Einsatz im Pieschener Musikcafé hat er den Kultladen im Sommer 2014 vorerst dichtgemacht. Eigentlich wollte er sanieren, dann kam das Pförtnerhäuschen dazwischen. Derzeit dient das Musikcafé als Lager, soll aber demnächst eine Frischekur bekommen und wieder öffnen. Sein zweites Standbein ist das Restaurant Klara im Kleinen Haus auf der Neustädter Glacisstraße.