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Erstmals weniger als 3 000 Arbeitslose

Die Zahl der Erwerbslosen in und um Zittau hat sich seit 2008 halbiert – und so wird es auch weitergehen.

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© Matthias Weber

Von Thomas Mielke

Zittau. Kerstin Sagolla gehört zu den Glücklichen. Sie hat nach kurzer Zeit einen neuen Job gefunden – durch Eigeninitiative. Nach dem Ende ihrer Arbeit im Einzelhandel Anfang 2015 erkundigte sie sich zielgerichtet bei Experten, welche Berufe gefragt sind und setzte sich sofort wieder auf die Schulbank, erzählt sie. Nur wenige Tage nach der Weiterbildung zur Logistik-Fachkraft hat die Zittauerin wieder einen Arbeitsplatz gefunden: Die 53-Jährige ist seit Juli Logistik-Sachbearbeiterin bei MS Powertec im Industriegebiet Weinau.

Im Gegensatz zu den 1990er und 2000er Jahren ist Frau Sogalla kein Einzelfall mehr. Wie sie finden immer mehr Arbeitslose in der Region wieder einen Job. Nach Angaben der Agentur für Arbeit hat sich die Zahl der Arbeitslosen im Altkreis Zittau seit 2008 von 5 574 auf 2 988 fast halbiert. Die Quote liegt jetzt bei zehn Prozent – so niedrig wie seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr. Der Höchststand seit Beginn der derzeitigen Arbeitsmarkt-Statistik vor 18 Jahren ist 2002 registriert worden. Damals waren fast 10 000 Menschen im Altkreis Zittau beziehungsweise 26,4 Prozent auf Jobsuche. Ähnliche Zahlen nennt Kreis-Sprecherin Marina Michel für die vom Kreis-Jobcenter betreuten Landzeitarbeitslosen. Auch deren Zahl ist im gleichen Zeitraum um 25 Prozent gefallen.

Für diese Entwicklung gibt es zwei Hauptgründe. Zum einen gibt es mehr Jobs als früher. „Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bereich der Geschäftsstelle Zittau ist seit 2008 von 17 880 um 718 auf 18 598 Beschäftigte angestiegen“, teilt Corina Franke, Sprecherin der Agentur für Arbeit Bautzen, mit. Zum anderen „stellt die demografische Entwicklung einen wichtigen Einflussfaktor dar“, so die Sprecherin. „Die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter nimmt ab.“ Das spiegelt sich in der Altersstruktur wider. Waren vor sieben Jahren nur rund 13 Prozent aller Beschäftigten 55 Jahre und älter, sind es derzeit mehr als 21.

Je besser die Ausbildung, desto besser sind die Chancen auf dem Ausbildungsmarkt. Allerdings heißt das nicht, dass in erster Linie Akademiker gesucht werden. „Aktuell besteht im sozialen Bereich, der Pflege und der Gastronomie eine hohe Nachfrage“, so Frau Franke. „Auch Bäcker, Buchhalter und Steuerfachangestellte, Installateure, Tischler und Elektriker, ingenieurtechnisches Personal sowie Berufskraftfahrer für den Fernverkehr werden gesucht.“ Die Nachfrage in diesen Bereichen werde auch künftig anhalten. Ein Ende des derzeitigen Arbeitsmarkt-Trends ist nicht in Sicht. „Ich erwarte, dass der Arbeitsmarkt auch im Jahr 2016 robust bleiben und die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten weiter leicht steigen wird“, sagt die Sprecherin der Arbeitsagentur. Das Jobcenter prognostiziert, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen ebenfalls sinken wird. Neben unvorhersehbaren Ereignissen gibt es aber noch eine bisher nicht bezifferbare Bedrohung für eine weitere Entspannung auf dem Arbeitsmarkt: Niemand kann verlässlich vorhersagen, wie sich der derzeitige Flüchtlingsstrom auf die Arbeitslosenzahlen auswirkt.

Wenn sich der positive Trend fortsetzt, wird das nicht spurlos an Arbeitsagentur und Jobcenter vorbeigehen. Die Agentur hat laut ihrer Sprecherin in der Personalplanung bereits den Abbau von über 40 Oberlausitzer Stellen stehen.

Frau Michel deutet an, dass auch das Jobcenter des Landkreises Görlitz dann weniger Mitarbeiter bräuchte. Eine konkrete Zahl nennt sie nicht. Mitarbeiter wollen von bis zu 80 Stellen gehört haben. Arbeitslos würde trotzdem wohl niemand von ihnen. Sie würden andere Aufgaben zugewiesen bekommen und freie Stellen einfach nicht mehr nachbesetzt werden.