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Mehr Zeit für die Kinder gewünscht

Das Team der Villa Kunterbunt will bei einer Demo mehr Personal fordern. Dass in der Kita Mitarbeiter fehlen, hat Folgen.

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© André Braun

Von Cathrin Reichelt

Hartha. Manchmal müssen die Erzieherinnen die Kinder beim Malen unterbrechen, oder wenn sie sich intensiv mit dem Elektrobaukasten beschäftigen, erzählt die Leiterin der Villa Kunterbunt in Hartha, Silvia Schalm. Eigentlich sollte in solch einer Situation eine Erzieherin bei den Mädchen und Jungen bleiben, damit sie sich weiter damit beschäftigen können, während die Mehrzahl der Kinder zum Spielen in den Garten geht. Aber dafür fehlt das Personal. Deshalb müssen alle Kinder mit ins Freie.

Die Erzieherinnen haben zu wenig Zeit, um den Kindern zuzuhören, wenn sie etwas erzählen möchten, um mit ihnen zu spielen und spezielle Projekte in Angriff zu nehmen, aber auch, um sich untereinander auszutauschen. Ganz zu schweigen von der Vor- und Nachbereitung, die für viele Dinge notwendig ist. Silvia Schalm opfert fast jedes Wochenende einen Teil ihrer Freizeit für die Bildungs- und Lerngeschichten. Das ist ein Buch, das für jedes Kind angelegt wird. Hinein kommen zum Beispiel Informationen über die Eingewöhnungszeit, Fotos von Festen, kleine Kunstwerke, die die Kinder gestaltet haben, und immer wieder ein paar Zeilen der Leiterin, welche Fortschritte das Kind in seiner Entwicklung gemacht hat.

Die Erziehrinnen der Villa Kunterbunt wünschen sich mehr Zeit für die Kinder. Und die hätten sie nur mit mehr Personal. Dafür wollen sie sich stark machen und beteiligen sich am morgigen Weltkindertag an einer Demonstration in Dresden. Zu dieser hat die Freie Wohlfahrtspflege aufgerufen.

Aktionstag

Die freie Wohlfahrtspflege, ein sachsenweites Bündnis von Trägern, Eltern und Gewerkschaften will am 20. September mehr Zeit für Kinder fordern.

Gefordert werden unter anderem die Senkung des Personalschlüssels in Kindereinrichtungen, die Anerkennung und Finanzierung der Vor- und Nacharbeitszeit, die Freistellung der Kita-Leitung für administrative Aufgaben und zusätzliches Verwaltungspersonal zur Unterstützung der Kita-Leitung.

Geplant sind Familienfeste ab 14Uhr in Leipzig und ab 15 Uhr in Chemnitz sowie eine Demonstration ab 16 Uhr auf dem Rathausplatz in Dresden.

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„Wir haben das Gefühl, wenn wir unsere Stimme nicht selbst erheben, übernimmt das niemand für uns“, begründet die Kitaleiterin, weshalb sie sich am 20. September gemeinsam mit ihren Kolleginnen auf den Weg in die Landeshauptstadt macht. Die Kita schließt deshalb bereits um 14.30 Uhr. Dafür haben die Eltern Verständnis und die meisten auch eine Lösung gefunden. Die angebotene Notbetreuung der Mädchen und Jungen nehmen nur fünf Eltern wahr. Insgesamt würde sich Silvia Schalm aber wünschen, dass sich auch die Mütter und Väter noch mehr für ihre Kinder stark machen. Das Angebot, mit nach Dresden zu fahren und die Erzieher bei der Kundgebung zu unterstützen, fand keinen Widerhall.

In der Villa Kunterbunt werden derzeit 73 Mädchen und Jungen im Alter von acht Wochen bis zu zehn Jahren in der Krippe, dem Kindergarten und Hort betreut. Insgesamt hat die Kita 87 Plätze , die im Frühjahr 2018 wieder alle belegt sein werden. „Anmeldungen gibt es schon bis Ende kommenden Jahres“, sagt Silvia Schalm.

Ihr stehen acht Erzieherinnen zur Seite. Eigentlich. Denn eine absolviert eine berufsbegleitende Ausbildung, eine Zweite eine heilpädagogische Zusatzqualifizierung. Dadurch fehlen beide mehrere Tage im Monat. „Weiterbildung oder Krankheit fallen uns auf die Füße. Sie werden im Betreuungsschlüssel nicht berücksichtigt“, meint die Kitaleiterin. Umso dankbarer ist sie ihrem Team, „das weiter zur Stange hält und motiviert ist“. Sachsen gehöre zu den Bundesländern mit dem schlechtesten Betreuungsschlüssel für Kindertagesstätten in Deutschland. Die Villa Kunterbunt bräuchte noch zwei Erziehrinnen, die in Vollzeit arbeiten, um einen vernünftigen Kitabetrieb zu gewährleisten.