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Erzwungene Erleuchtung

Wäre eine Reflektorenpflicht für Fußgänger auch im Landkreis Meißen eine gute Idee? Die Meinungen gehen auseinander.

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© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

Landkreis. Nach Polen und der Slowakei nun also auch Tschechien: Fußgänger und Wanderer, die in diesen Ländern im Dunkeln oder bei schlechter Sicht unterwegs sind, müssen Reflektoren tragen – sonst kann es teuer werden. In Tschechien, wo die Regel seit dem 20. Februar gilt, können das umgerechnet fast 100 Euro Bußgeld sein. 131 Fußgänger starben im vergangenen Jahr in unserem Nachbarland, davon 72 in der Nacht. Die neue Regelung soll diese Zahlen deutlich reduzieren.

Könnte das Gesetz auch in unseren Breiten und konkret im Landkreis Meißen für mehr Sicherheit auf den Straßen sorgen? Die Polizeidirektion Dresden führt keine gesonderte Statistik darüber, ob Fußgänger bei schlechten Lichtverhältnissen häufiger angefahren werden, sagt Sprecherin Jana Ulbricht. Der Fuß e.V., die Lobby der Fußgänger in Deutschland, spricht jedoch davon, dass im vergangenen Jahr bundesweit 523 Fußgänger im Straßenverkehr starben – „mehr als jeder Dritte in den lichtschwachen Monaten November bis Januar“.

„Alles, was die Erkennbarkeit erhöht, ist zu begrüßen“, sagt deshalb Polizeisprecherin Jana Ulbricht. Das könnte helle Kleidung sein oder Kleidung, in der bereits reflektierende Elemente eingebaut sind. Vor allem Sportsachen hätten heute bereits fast immer solche Reflektoren. Daneben gebe es beispielsweise spezielle Klickbänder, die am Arm oder Bein getragen werden können.

Pflicht ist „rechtlich problematisch“

Was aber eine Reflektorenpflicht für Fußgänger angehe – das sei ganz ähnlich wie bei der Diskussion um eine Helmpflicht für Fahrradfahrer, so Ulbricht. „Da gibt es solche und solche Meinungen.“ Ihre lautet: Ein Appell ist vielleicht besser, als das in einem Gesetz festzuschreiben. „Und wenn ich mich an meine Zeit auf dem Revier erinnere“, sagt Ulbricht, „wenn ich da jemanden auf der Landstraße dunkel gekleidet gesehen hätte, dann hätte ich ihn auch ohne Gesetz darauf hingewiesen, dass er schlecht zu erkennen ist.“

Auch der ADAC hält wenig von einer Pflicht zum Tragen von Reflektoren. „Wer soll das überprüfen?“, fragt Sprecherin Diana Sprung. „Dann müsste ja die Polizei rumfahren und das kontrollieren.“ Auch sie setzt daher eher auf Appell als Pflicht. „Als Fußgänger bin ich der schwächste Verkehrsteilnehmer und es geht um meine eigene Sicherheit“, so Diana Sprung. „Wenn ich Reflektoren oder eine Warnweste trage, bin ich einfach deutlich besser geschützt.“

Der Rechtsanwalt Herbert Engelmohr vom Automobilclub von Deutschland (AvD) weist sogar darauf hin, dass eine Reflektorenpflicht wie sie in Polen und Tschechien gilt, rechtlich problematisch sein könnte. Denn in diesen Ländern gibt es auch eine Warnwestenpflicht. „Zumindest in Polen muss diese Warnweste sowieso außerhalb des Fahrzeuges von jedem, der sich dort aufhält, getragen werden“, so Engelmohr. Die Pflicht, auch noch Reflektoren umzubinden, dopple die bestehende Regelung. Deshalb Bußgelder zu verhängen, „ist kaum mit dem Wiener Abkommen über den Straßenverkehr und internationalen Absprachen zu vereinbaren“.

Jörg Weinhardt, stellvertretender Betriebsleiter bei der Verkehrsgesellschaft Meißen, kann es nur begrüßen, wenn Fußgänger – und auch Fahrradfahrer – besser mit Reflektoren ausgestattet sind. „Vor allem im ländlichen Raum sind viele in den Morgenstunden unterwegs, auch im Schülerverkehr“, so Weinhardt. „Viele laufen zur Haltestelle, und die Strecke ist schlecht beleuchtet.“ Sich einen Reflektor für die Kleidung anzuschaffen, sei eine einfache und billige Sache. „Und damit würden sich Unfälle mit Fußgängern sicher in größerem Maße vermeiden lassen“, so Weinhardt. Inwieweit der Gesetzgeber das aber vorschreiben könne, wisse er nicht.

Hans Richter, der Vorsitzende der Gebietsverkehrswacht Meißen, erteilt der Reflektorenpflicht eine deutliche Absage: „Wenn der Staat auch noch festlegt, wo und wie welche Streifen anzubringen sind, frage ich mich, brauchen wir dann überhaupt noch eine Persönlichkeit?“