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Es geht weiter auf dem Thonberg

Nach dem Tod des Gastwirtes übernimmt seine Frau die Geschäfte im Traditionshaus. Aufgeben war keine Option.

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© Kristin Richter

Ina Förster

Kamenz. Leicht waren die letzten Monate nicht. Cornelia Müller sieht ein bisschen müde aus, wenn sie darüber spricht. Noch ist das Mittagsgeschäft im Thonberger Gasthof nicht angelaufen. Noch ist Zeit für einen Plausch mit der Wirtin. In der Küche werkelt der langjährige Koch Maik Schäfer aus Gersdorf. Servicekraft Andrea Weidner schreibt gerade das Mittagessen-Abo an die große Tafel an der Straße. Kohlroulade gibt es heute. Deftig. Frisch zubereitet. Alles ist wie immer …

Fast. Im September starb der Wirt des Hauses. Der war allen im Kamenzer Land eigentlich nur als „Thon-Schänker“ bekannt. Zu DDR-Zeiten stand er hinter der Theke auf dem ehemaligen Disco-Saal. Später in der Küche seines Landgasthofes. Er baute Anfang der Neunziger den Saal zur Pension um. Schuf ein kleines Gulasch-Kanonen-Imperium. 2007 feierte das Traditionshaus immerhin schon seinen 100. Geburtstag. Doch die langjährige Krankheit von Peter Müller überschattet vieles. Am Ende war die Familie völlig ausgelaugt. Ehefrau Cornelia arbeitete 25 Jahre an seiner Seite. Sie kennt den Gasthof in und auswendig. Als Angestellte erledigte sie alle Aufgaben, die anlagen. Vieles blieb auf ihren Schultern liegen – schon lange bevor der Mann im September 2015 starb. Auch wenn es kurzzeitig für die Außenwelt aussah, als ob der Landgasthof an der S 100 zwischen Kamenz und Panschwitz-Kuckau schließen würde: Es geht weiter! „Aufgeben war nie eine Option für mich. Auch wenn die gesamte Verantwortung nun bei mir liegt“, sagt Cornelia Müller kämpferisch.

Linsen und Wildgulasch

Das Weihnachtsgeschäft lief erst einmal wie geplant. Manchmal hilft Arbeit eben auch gegen Kummer und Zukunftsangst. Nach mittlerweile sieben Monaten sind die Zweifel behoben. Nicht nur die Stammkundschaft freut das. Ein paar Wochen blieb der Thonberger Gasthof im Januar zwar geschlossen. Nicht ungewöhnlich für die Zeit nach Neujahr. „Ich musste erst einmal alles ordnen. Mein Leben und die Arbeit. Und das Gewerbe anmelden“, erzählt die 54-Jährige. Cornelia Müller hat neuen Mut gefasst. Und den braucht sie auch. Die Kinder unterstützen sie zwar, doch wohnen alle weit weg. Ein riesiger Gasthof wartet also auf sie. Mit ihren zwei Angestellten ist sie gut aufgestellt. „Unser Anspruch ist es, alles frisch zu kochen. Die gutbürgerliche Küche und Hausmannskost ist nach wie vor begehrt“, weiß die Wirtin.

Regionale Zulieferer unterstützen sie dabei. Auch die täglichen Ladungen für die Gulaschkanone kommen deftig daher. Obwohl die immer erst einen Tag durchziehen müssen, damit sie noch besser schmecken. Mittlerweile kommen die Fans dienstags in Königsbrück, mittwochs in Pulsnitz, donnerstags auf dem Kamenzer Wochenmarkt und freitags in Bischofswerda auf ihre Kosten. „Wir bieten in der Regel vier Gerichte auf einmal an: Erbsen, Linsen, Flecke und im Wechsel Kesselgulasch oder auch mal einen Reis- oder Nudeleintopf. Die Kundschaft mag das wirklich“, so Cornelia Müller. Oder die Kanone geht auch schon mal zu Polterabenden oder runden Geburtstagsfeiern raus.

Mehr Einheimische zu Gast

Wenn die Wirtin nicht in der Gaststube steht, wartet außerdem die Büroarbeit auf sie sowie die Auslastung der zwölf Zimmern der Pension. Monteure, Außendienstmitarbeiter, auch Gäste von Familienfesten schlafen übrigens sehr gern hier. „Es freut mich besonders, dass auch wieder mehr Einheimische den Weg zu uns finden und im Haus feiern möchten“, so Cornelia Müller. Die Auftragslage sieht aktuell gut aus. Die ersten Schritte in eine ruhigere Zukunft sind getan. Vom Foto blickt der „Thon-Schänker“ derweil natürlich in seine Gaststube hinab. Was bleibt, ist die Erinnerung an gute Zeiten. Die Zeichen stehen trotzdem auf vorwärts. Gut so – auch für den Thonberg.