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Familie – Beruf – Ehrenamt

Uta Strewe aus Burkau engagiert sich viel und gern. „Das funktioniert nur, wenn man diszipliniert ist“, sagt sie.

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© Steffen Unger

Von Constanze Knappe

Burkau. Momente wie diesen genießen Mischlingshündin Lori und Dr. Uta Strewe. Die Burkauerin arbeitet freiberuflich und ist zuweilen auch tagsüber zu Hause. Es erleichtert, Job und Familie mit vier Kindern unter einen Hut zu bringen. „Das funktioniert aber nur bei einem strukturierten Tagesablauf. Und wenn man diszipliniert ist“, sagt sie. Vor zehn Jahren wechselte die ausgebildete Lehrerin in einen sozialen Beruf. Als Verfahrensbeistand vertritt Uta Strewe vor Gericht die Interessen der Kinder in Familienstreitigkeiten oder sie vermittelt zwischen Eltern und Kindern. Dabei lässt sie sich davon leiten, was gut für das Kind ist. Beauftragt wird sie in ihrem Dresdner Büro von Familiengerichten.

Geboren in Süddeutschland, studierte sie in Heidelberg und Dresden. Sie beschäftigte sich dabei mit Diktaturen, unter anderem damit, wie die ehemalige SPD-Hochburg Freital zu einer der ersten judenfreien Städte werden konnte. Für ihre Doktorarbeit untersuchte sie, wie Geschichte in der DDR vermittelt wurde. Seitdem weiß sie, Demokratie ist ein hohes Gut, das immer in Gefahr ist, ausgehebelt zu werden. Sie ist überzeugt, dass Engagement in der Parteiendemokratie am besten in Parteien geht. Seit 2001 ist sie in der SPD, seit Beginn des vorigen Jahres Vorsitzende des Ortsverbands Bischofswerda, seit fünf Jahren stellvertretende Kreisvorsitzende. Ihr Mann Stefan, Anwalt in Dresden, war Gemeinderat in Burkau. „Dass wir uns engagieren, das ist ein Teil von uns“, sagen beide.

Ersten Jugendgemeinderat gegründet

Aufgewachsen in einer erzkatholischen Region, hat sich Uta Strewe als Oberministrantin in der Kirchgemeinde eingebracht. „Als erste weibliche, das war nicht ganz einfach“, blickt sie zurück. Im Gymnasium gründete sie eine Umweltschutz-AG und in ihrem Heimatort Biberach den ersten Jugendgemeinderat der Bundesrepublik. Türken und Jugoslawen lernten mit ihr im Gymnasium. Die Schule organisierte Austauschprogramme. Als Jugendliche war Uta Strewe in Familien in Frankreich und Israel. „Das Fremde ermöglicht andere Perspektiven auf das eigene Erleben“, stellte sie dabei fest. Deshalb überzeugte sie ihre Eltern, in ihr Haus 1989 einen DDR-Botschaftsflüchtling als Wirtschaftsflüchtling aufzunehmen. 25 Jahre später ist sie erst recht der Meinung, „dass Fremde eine Bereicherung sind“. Ihre Kinder Hannah (18), Julius (16), Magdalena (10) und Freya (8) bekommen das von Beginn an mit. Zum Beispiel durch den französischen Austauschschüler, der einige Monate bei der Familie lebt. Oder durch einen Vater und seine Tochter aus Australien, die als Couchsurfer bei Strewes unterkamen. Das Vorbild der engagierten Eltern färbt auf die Kinder ab. Hannah, die Älteste, brachte sich bei Schüler für Flüchtlinge am Gymnasium ein. Die beiden Jüngsten bastelten mit einer Freundin für Weihnachtsmärkte, um das Geld an arme Kinder zu spenden.

Vorurteile tun weh

Offenheit und Toleranz, das wünscht sich Uta Strewe für ein modernes Deutschland. Dass manche Menschen Fremde als beängstigend betrachten, findet sie schade. Deshalb riefen sie und Martina Jordan das Begegnungscafé jeden Montagnachmittag in der Freizone ins Leben. Es läuft gut. „Bischofswerda gibt damit ein gutes Bild ab“, freut sie sich. Nachdenklich fügt sie hinzu, „dass Bekanntschaften und Freundschaften darunter leiden, wenn man sich für Flüchtlinge engagiert“. Offen angefeindet wurde sie aber noch nie. Mancher fragt höchstens, was sie davon habe, sich derart einzubringen. Das Vorurteil tut ihr weh. Einen persönlichen Nutzen habe sie noch nie davon gehabt, dafür viel Freizeit und sogar Geld investiert. Sie ist überzeugt, dass es viele engagierte Menschen gibt. In und außerhalb der Parteien kennt sie auch in Bischofswerda und Umgebung etliche.

Familie ist sehr wichtig

Ihr Mann überredete sie, mit in den Osten zu gehen. Das war 1993 nicht selbstverständlich. Heute macht sie keinen Unterschied mehr zwischen West und Ost: „Ich habe vier kleine Sachsen auf die Welt gebracht und hier auch viele Freunde.“ Die Familie ist Uta Strewe wichtig. Auf einem Schildchen in der gemütlichen Wohnküche stehen die Familienregeln: Leben – lieben – lachen. Mindestens einmal in der Woche gemeinsam Zeit verbringen. Nicht nur durch ihren Job weiß die Burkauerin, wie wichtig das ist. Sie hat ihr persönliches Rezept dafür: „Wir gucken fast nie Fernsehen, spielen lieber, gehen raus und unternehmen viel gemeinsam.“ Hündin Lori ist immer dabei. Seit 2007 lebt die Familie in Burkau. In den Hof hätten ihr Mann Stefan und sie sich sofort verliebt. Die Kinderbetreuung in Burkau finden sie toll, Grundschule und Freibad ebenso. Uta Strewe erzählt von der offenen dörflichen Atmosphäre und netten Nachbarn. Die Familie fühlt sich wohl fernab der Großstadt. Hätte ihr das jemand in Dresdner Zeiten vorausgesagt, sie hätte es nicht geglaubt. Tief in ihr drin aber muss genau dieser Plan geschlummert haben. In einem Bilderrahmen in ihrem Arbeitszimmer ist nachzulesen, wovon sie als Sechstklässlerin träumte: von einem alten Fachwerkhaus am Waldrand mit Kachelofen und Gemütlichkeit. Dort steht auch: „Es wäre schön, wenn wir viel Geld spenden würden, um armen Kindern helfen zu können.“ Dr. Uta Strewe nickt. Ihr Lebensplan ist aufgegangen.