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Familienplanung bleibt für viele Luxus

Weltbevölkerungsbericht. Die UN empfehlen mehr Gleichberechtigung als Rezept gegen die Armut.

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Von Klaus Blume,Berlin

Die Bilder von Melilla gingen um die Welt: Afrikanische Armutsflüchtlinge, die mit selbst gebauten Leitern die Grenzzäune zu der spanischen Exklave überwinden, um sich Zutritt nach Europa zu verschaffen. Während die Grenzschützer den Sperrzaun noch verstärkten, riefen Entwicklungspolitiker nach mehr Hilfe für die Herkunftsländer der Migranten. Nur wenn es gelinge, die Armut auf dem Nachbarkontinent zu verringern und das Bevölkerungswachstum zu bremsen, so die Annahme, bleibe Europa vor künftig noch viel größeren Flüchtlingswellen bewahrt.

Nach Einschätzung der Vereinten Nationen führt der Weg aus der Armut über die Gleichberechtigung der Geschlechter. Denn wenn Frauen selbst über ihr Leben bestimmen könnten, brächten sie weniger Kinder zur Welt. Der UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) konzentriert sich in seinem gestern vorgestellten Weltbevölkerungsbericht 2005 auf die Forderung nach gleichen Rechten für Frau und Mann. Dies ist eines der im September 2000 bei einem UN-Gipfel beschlossenen Millenniumsziele, nach denen die weltweite Armut bis 2015 halbiert werden soll.

Dass Armut und hohe Geburtenraten zusammenhängen, ist zwar keine neue Erkenntnis. Das Problem bleibt aber akut. Dem Bericht zufolge benutzen in Afrika nur 20 Prozent der verheirateten Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren eine moderne Methode der Familienplanung; weltweit sind es nicht mehr als 54 Prozent. Die Anwendungsrate von Verhütungsmitteln schwankt aber nicht nur von Land zu Land, sondern auch innerhalb eines Landes: 60 Prozent der reichsten Frauen Guatemalas verhüten, aber nur ein Prozent der ärmsten.

Die Autoren des Berichtes lehnen staatliche Zwangsmaßnahmen zur Geburtenkontrolle ab und setzen stattdessen auf das Konzept der „reproduktiven Rechte“. Das bedeutet, jede Frau kann selbst entscheiden, wann und wie viele Kinder sie haben möchte. „Menschen die Freiheit und die Mittel zu geben, die Zahl ihrer Kinder selbst zu bestimmen, senkt die Zahl ungewollter Schwangerschaften“, heißt es im Bericht. Dabei spielt die Schulbildung eine entscheidende Rolle. Eine höhere Bildung führt nach allen Erfahrungen in den Entwicklungsländern schnell zu niedrigeren Kinderzahlen.

Arme Familien sind aber auch darauf angewiesen, dass ihnen Verhütungsmittel zu erschwinglichen Preisen angeboten werden. Der Bericht kritisiert, dass die internationale Gemeinschaft nicht genügend Geld für Aufklärung, Familienplanung, Schwangerenfürsorge, Geburtshilfe und Aids-Prävention zur Verfügung stelle. Sie bleibe damit hinter ihren bei der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo 1994 gemachten Zusagen zurück. Kritik richtet sich auch an den Vatikan und an die USA. Rom verbiete seinen Gläubigen den Gebrauch von Kondomen. Washington vergebe Finanzhilfen zur Aids-Prävention nur noch an Projekte und Staaten, die Enthaltsamkeit und lebenslange Bindung als einzig zulässigen Schutz predigten.

www.weltbevoelkerung.de