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So war der Kieler Tatort

Tod einer Schaufensterpuppe: Im trickreichen Kieler Tatort schlägt Kommissar Borowski eine Mörderin mit deren eigenen Waffen.

Von Rainer Kasselt
 2 Min.
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Klaus Borowski (Axel Milberg, l.) und Mila Sahin (Almila Bagriacik, r.) statten  Greta (Cordelia Wege, M.) einen Besuch ab. Ihr Ehemann wird vermisst.
Klaus Borowski (Axel Milberg, l.) und Mila Sahin (Almila Bagriacik, r.) statten Greta (Cordelia Wege, M.) einen Besuch ab. Ihr Ehemann wird vermisst. © © NDR/Thorsten Jander,

Dieser Krimi spielt raffiniert mit dem Genre. Nach gut 60 Minuten flimmert plötzlich der Abspann über den Bildschirm. Eine halbe „Tatort“-Stunde zu früh. Doch nach kurzer Irritation geht es trickreich weiter. Ein gewagter Einfall von Meisterregisseur Andreas Kleinert. Nicht der einzige. Man lässt sich gern darauf ein, denn der Kieler „Tatort: Borowski und der Wiedergänger“ entwickelt einen Sog, der einen packt. Tolle Dialoge, feine Charakterstudien, starke Darsteller, geschickte Fallstricke, obwohl wir Zuschauer früh Bescheid wissen.

Mordsprobe mit Puppe

Toby Exner, ein Mann für gewisse Stunden, will seine Frau töten. Er probt die Tat mit einer Schaufensterpuppe. Der ehemalige Animateur ist mit der schwerreichen Greta verheiratet, Juniorchefin eines börsennotierten Familienunternehmens. Er ist ihre große Liebe, doch seinen Sexhunger stillt er mit anderen Damen. Die Schwiegereltern verachten ihn als Emporkömmling und hübsche Null, schließen ihn als Erben aus. Den Mordplan heckt Toby mit einer Chat-Bekanntschaft namens Kitty 13 aus. Er ahnt nicht, dass seine Ehefrau hinter dem Pseudonym steckt. Sein letztes Stündlein hat geschlagen.

Axel Milberg in Hochform

Cornelia Wege spielt janusköpfig die Jungunternehmerin Greta, die sich alles leisten kann, aber vergeblich auf Liebe hofft und Anerkennung ihrer düsteren Fotografien, die sie im Selbstverlag veröffentlicht. Eine unzufriedene Frau, die aus dem Schatten ihrer Übermutter treten möchte. Wie oft im Kieler „Tatort“ gehen die Ermittler meist getrennte Wege. Kommissarin Mila Sahin, keck und klug gespielt von Almila Bagriacik, fühlt dem korrupten Familienclan auf den Zahn, zwar satirisch überzeichnet, doch nicht ohne realistische Bezüge.

Kommissar Borowski kümmert sich um Greta. Er interessiert sich für die Fotos, gewinnt ihr Vertrauen. Es beginnt ein Versteckspiel, das Axel Milberg in Hochform zeigt. Höflich, zuhörend, nonchalant und mit dem ihm eigenen trockenen Humor stellt er ihr eine Falle. Greta wiederum glaubt, dass sie Borowski mit ihren strategischen Fähigkeiten aufs Glatteis führen kann, unterschätzt ihn gewaltig. Der Zweikampf erreicht seinen Siedepunkt, als sie Nachrichten von Kitty 13 erhält – quasi von sich selber. Sie dreht völlig durch und begreift zu spät, dass „Wiedergänger“ Borowski sie mit ihren eigenen Waffen geschlagen hat. Dieser ausgekochte „Tatort“ hat das Zeug zum Grimme-Preis.