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Was blieb von der Festung Sonnenstein?

Die Pirnaer Burg wurde vor 750 Jahren erstmals erwähnt. Viel von ihrer Bausubstanz ging inzwischen verloren - aber längst nicht alles.

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Festung Sonnenstein in Pirna: Das Niedere Werk hat die Zeiten fast vollständig überdauert.
Festung Sonnenstein in Pirna: Das Niedere Werk hat die Zeiten fast vollständig überdauert. © Boris Böhm

Die Festung Sonnenstein thronte einst trutzig über Pirna, vor 750 Jahre wurde die Burg erstmals erwähnt - laut der Urkunde am 5. Dezember 1269. Doch was ist von der einstigen Wehranlage noch übrig, was kann man heute noch sehen? Fest steht: Über die Jahre ging viel von der mittelalterlichen Bausubstanz der Pirnaer Burg verloren. Und im Laufe des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dem Sonnenstein durch die Neubauten und Umbauten für die Landesheilanstalt zudem noch viel von seinem Festungscharakter genommen. So verschwanden sowohl die Türme, die Kemenate, der Rundflügel und der Hauptteil des Kommandantengebäudes als auch die für Festungen typischen Gräben, Wälle und Brücken. Das bedeutendste und größte erhaltene Festungsbauwerk ist die von 1737 bis 1740 nach Plänen Jean de Bodts errichtete Elbkaserne oder Neue Kaserne mit vier Geschossen, zwei Treppenhäusern und 13 - ursprünglich 15 - Fensterachsen.

Bewahrt geblieben sind die zwischen 1668 und 1676 entstandenen und das Bild des Sonnensteins prägenden mächtigen steinernen Außenwerke an der Elbseite. Vom ursprünglich 24 Meter messenden Hohen Werk blieben immerhin der Postengang und zwei Batteriegeschosse erhalten, das Mittlere Werk, 18 Meter hoch. Das flächenmäßig größte Niedere Werk mit den Kasematten überdauerten die Zeiten fast vollständig, wenn man vom Verlust der Wachtürmchen absieht.

Auch das zwischen 1700 und 1704 angelegte, aber unvollendet gebliebene Hornwerk mit seinen 15 Sehschlitzen für die Posten und der als Klappe bezeichnete Treppengang zur Stadt bestehen noch immer. Im heutigen Schlosshof befinden sich der im Dreißigjährigen Krieg angelegte circa 35 Meter tiefe Festungsbrunnen und der sandsteinerne Brunnentrog für die Aufnahme des aus der Viehleite herangeführten Röhrwassers.

Noch immer grüßt an der Stadtseite der imposante Unterbau des um 1670 errichteten Kommandantenhauses mit seinen Luken für die Geschütze. Besonders im Winterhalbjahr ist hinter dem heutigen Stadtflügel das große Erdwerk nicht zu übersehen. Und 2010 wurde beim Hohen Werk ein Teil des etwa zehn Meter tiefen mittleren Grabens wieder freigelegt.

Zum Bereich der Wirtschaftsbauten gehört die um 1675 errichtete, später mehrfach umgebaute Schlossschänke auf dem Hornwerk. Am wichtigsten für die bis heute eindrucksvolle Wirkung der rund 60 Meter über der Altstadt befindlichen Bauten war jedoch, dass die im 19./20. Jahrhundert errichteten Gebäude in etwa die Baumasse ihrer Vorgänger aufnahmen.

Eine systematische Sammlung und Erhaltung von Kunstdenkmälern und Geschichtszeugnissen der Festung Sonnenstein hat es nicht gegeben. Selbst Fotografien der 1862, 1870 und 1905 abgerissenen Festungsgebäude haben äußersten Seltenheitswert.

Im März berichtete ein Artikel bereits über die Zeugnisse mit Bezug zur Festung, die sich in der Pirnaer Marienkirche erhalten haben. Die Besonderheit der Heilanstalt auf dem Sonnenstein als Landeseinrichtung hat dazu geführt, dass nur sporadisch Gegenstände an das Pirnaer Stadtmuseum abgegeben wurden. So beispielsweise 1905 ein kurfürstliches Wappen von einem abgerissenen Festungstor. Es befindet sich wie einige weitere wertvolle Kunstdenkmäler im Kapitelsaal des Stadtmuseums. Hervorzuheben sind insbesondere das Denkmal des 1749 verstorbenen Festungskommandanten George Sigismund von Schlichting und das Ölgemälde des kurfürstlichen Hofmalers Johann Alexander Thiele „Das Elbtal bei Pirna von Posta aus“ von 1749.

Weitere Zeugnisse in der ständigen Ausstellung des Stadtmuseums sind unter anderem das Totenschild eines 1639 gefallenen Offiziers in schwedischen Diensten, Säbel und ein Reitersporn aus dem 18. Jahrhundert, eine Quittung für Kornlieferungen an das Festungsmagazin von 1747 sowie mehrere historische Ansichten der Festung.

Tolle historische Pläne bewahren das Landesamt für Denkmalpflege, das Sächsische Hauptstaatsarchiv und die Sächsische Landesbibliothek. Überhaupt sind die umfangreichen archivalischen Hinterlassenschaften hervorzuheben, die sich im Stadtarchiv und im Ephoralarchiv Pirna, vor allem aber im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden befinden. Dort geht die Zahl der Akten in die Hunderte. Die meisten von ihnen harren noch der Auswertung, der Verfasser dieses Artikels hatte nicht selten die Ehre, in diesen als Erster zu recherchieren. Vielleicht wollen mir dies ja auch andere nachtun, möglicherweise im bevorstehenden Canaletto-Jahr 2021? Ich kann versprechen, dass viel Spannendes zu unserer Pirnaer und sächsischen Geschichte zu entdecken ist. 

Boris Böhm, Autor dieses Beitrages, ist Leiter der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein.

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