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Feuer in der Kita-Villa

Jetzt wird ermittelt, ob Kinder für den Brand in Neugersdorf verantwortlich sind. Was aus dem Gebäude wird, ist unklar.

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© Toni Lehder/LausitzNews.de

Von Susanne Sodan

Der Qualm ist von Weitem zu sehen. Er ist auch von Weitem schon zu riechen und beißt sich in der Kleidung fest. Donnerstagabend, kurz vor 19 Uhr: überall Blaulicht. Auch das kann man schon von Weitem sehen. Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr und Polizei umzingeln die Villa am Kreisverkehr in Neugersdorf, strahlen sie blau an. Oben aus dem Dach dringen Flammen und Qualm. Das knisternde Geräusch des Feuers wird übertönt durch einen dicken Wasserstrahl, der ausdauernd in den Dachstuhl schießt. Ab und an gibt der Rauch den Blick frei auf das, was bis vor Kurzem ein Dach war: verkohlte Balken, schwarze Reste. Die ehemalige Kindergartenvilla an der Hauptstraße brennt. Zuvor sollen drei Kinder in dem Haus gespielt haben – und gekokelt.

Gegen 17.35 Uhr geht die Meldung über den Brand bei der Feuerwehr ein. „Als wir ankamen, stand der Dachstuhl in Flammen“, sagt Einsatzleiter Thomas Kriegel vor Ort. In der ersten Meldung heißt es außerdem, dass Anwohner am späten Nachmittag noch Kinder auf dem Gelände gesehen hätten. Deshalb schickt Thomas Kriegel zunächst acht Mann zur Personensuche in die Villa, ausgerüstet mit Pressluftatmern. Gefunden wird niemand, die Kameraden verlassen das Gebäude wieder. Auch deshalb, weil die Decke zwischen Obergeschoss und Dachboden einzubrechen droht, erklärt Thomas Kriegel. Die weiteren Löscharbeiten sind nur noch von außen möglich.

Die Kameraden arbeiten zunächst mit einer Drehleiter. Um an den Dachstuhl heranzukommen, muss die Feuerwehr einige Bäume versägen. Außerdem stellen die Stadtwerke Oberland einen Hubsteiger zur Verfügung. Noch eine Schwierigkeit: Vor dem Gelände verläuft derzeit ein Graben, der für ein Internetkabel ausgehoben worden war. Um den Hubsteiger auf das Gelände fahren zu können, muss der zum Teil zugeschüttet werden. Laut Dirk Reich von der Rettungsleitstelle in Hoyerswerda sind Wehren aus dem gesamten Umkreis zu dem Großbrand gerufen worden – aus Ebersbach-Neugersdorf, Seifhennersdorf, Kottmar, Walddorf, Eibau und Neueibau. „Insgesamt waren 65 Kameraden im Einsatz“, sagt Thomas Kriegel. Die Löscharbeiten dauern bis gegen 23 Uhr.

Viel Schlaf bekommen die Feuerwehrleute in der Nacht zum Freitag nicht. Bereits 3.25 Uhr beginnt für die Kameraden aus Ebersbach-Neugersdorf der zweite Einsatz. „Im hinteren Bereich des Daches waren noch einmal Glutnester aufgeflammt“, erzählt Thomas Kriegel. Beim zweiten Einsatz versuchen die Kameraden von innen an die Brandherde heranzukommen, erklärt er. Wegen der Absturzgefahr werden die Einsatzkräfte mit Seilen gesichert. Gegen sechs Uhr am Freitagmorgen ist das Feuer dann endgültig gelöscht.

Während der Löscharbeiten haben sich zahlreiche Neugersdorfer an der Villa versammelt. Viele kennen das Gebäude von innen: „Meine Kinder gingen hier Anfang der sechziger Jahre in den Kindergarten“, erzählt ein älterer Mann. „Drinnen war viel Stuck und eine wunderschöne Freitreppe“, erinnert er sich. Marmortreppen, Kamine – die Villa soll schön gewesen sein, darin ist man sich vor dem Absperrband einig. „Schade drum. Jetzt kann man sie wohl wegreißen“, sagt eine Frau. Erbaut wurde das Haus einst als Fabrikantenvilla. „Ab 1950 wurde sie als Kindergarten genutzt“, sagt Thomas Kriegel. Nach der politischen Wende stand das Gebäude lange leer. Bis vor wenigen Jahren soll es noch einmal von einer Familie bewohnt gewesen sein, die einen Onlinehandel betrieb. Danach: wieder Leerstand und viele Versteigerungsversuche, zuletzt im Oktober 2015. Das Gericht gibt den Verkehrswert der Villa im neobarocken Stil damals mit 107 500 Euro an.

Durch den Brand soll laut Polizei ein Schaden von mehreren Zehntausend Euro entstanden sein. Die ersten Ermittlungen führen die Polizei zu drei Jungen im Alter von zehn, elf und zwölf Jahren. Sie sollen in der Villa gespielt und nach derzeitigen Erkenntnissen auch gekokelt haben. Was genau passiert ist, wird allerdings noch ermittelt. Ein Strafverfahren ist eingeleitet, teilt Polizeisprecher Tobias Sprunk mit. Im Allgemeinen gilt aber: Kinder sind nicht strafmündig. Sollte sich bei den Ermittlungen bestätigen, dass tatsächlich Kinder den Brand ausgelöst haben, könnte die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen.