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Flug gestrichen

Jahrelang gab’s Streit um Mohorns Flugplatz, nun wächst Gras über die Landebahn. Ideen für die Zukunft sind aber da.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Mohorn. Der Liedermacher Reinhard Mey textete einst, dass die Freiheit über den Wolken grenzenlos sei. Am Boden allerdings kann sie sehr beschränkt sein, vor allem, wenn es um Grundstücke und Land geht. Das müssen nun auch die Ultraleichtflieger aus Mohorn erfahren. Ihr Flugplatz steht vor dem Aus. Es geht um 2,3 Hektar Grünfläche und die Frage, was aus dem Gelände werden soll.

Ein Vormittag im August, das Gras ist noch nass vom Tau, schwer biegt es sich nach den vielen feuchten Sommertagen zur Seite. „Normalerweise darf es auf einer Start- und Landebahn niemals so hoch stehen“, sagt Gerd Schicke wehmütig. Früher ist er hier öfters mit dem Rasenmäher rübergegangen. Der Mäher aber ist längst abtransportiert, ebenso alle Flugzeuge, Werkzeuge, Geräte. Der Hangar hinter ihm ist leer. „Zu unseren besten Zeiten standen hier 16 Flugzeuge“, berichtet Schicke.

Der 75-Jährige ist Geschäftsführer des Ein-Mann-Unternehmens Airsport GmbH Freital. 25 Jahre betrieb er den einstigen LPG-Agrarflugplatz am Dorfrand von Mohorn und leitete hier eine Flugschule. „Wir waren nach der Wende einer der ersten Ultraleichtflugplätze auf dem Gebiet der Ex-DDR“, sagt Schicke. Flugschüler kamen zum Unterricht. Privatleute und Haltergemeinschaften – dabei finanzieren sich mehrere Piloten eine Maschine – stellten ihre Ultraleichtflieger unter.

Dafür hatte der Betreiber den Flugplatz von einem Privatmann aus Mohorn gepachtet. Für den Fall, dass der Eigentümer sein Land verkaufen wollte, wurde ein Vorverkaufsrecht vereinbart. Die Piloten stellten Sanitär- und Bürocontainer auf, 1998 wurde in Leichtbauweise ein Hangar errichtet. Jahrelang lief es gut auf dem kleinen Flugplatz. Doch 2008 verkaufte der Besitzer trotz des mit den Ultraleichtfliegern vereinbarten Vorverkaufsrechts das Grundstück an die Herzogswalder Agrar GmbH. Seitdem gebe es Querelen, sagt Schicke.

Der Geschäftsführer des Landwirtschaftsbetriebs, Heinz Hubrig, nennt auch den Grund für zahlreiche Gespräche, Diskussionen, Verhandlungen und juristische Vorgänge in den nun folgenden Jahren: „Als wir nach dem Kauf den Pachtvertrag und die Nachverträge dazu in die Hände bekamen, konnten wir nur den Kopf schütteln.“ Völlig inakzeptabel und geradezu unmoralisch gegenüber dem Grundstücksbesitzer seien diese gewesen. Also boten sie Gerd Schicke einen neuen Vertrag an, der schlug aus. Hubrig: „So zogen sich die Diskussionen um Verträge, Konditionen, Bedingungen über die Jahre hin.“ Auch Rechtsanwälte waren in die Verhandlungen und Schlichtungsversuche involviert.

Seit 1. April keine Ultraleichtflugzeuge mehr

In der Gemengelage tauchte 2013 zudem eine Fliegergemeinschaft auf, die bis dato am kleinen Riesaer Flugplatz ansässig war. Schicke: „Die wollten den Platz übernehmen und hatten auch schon einen Pachtvertrag.“ Das bestätigt Geschäftsführer Hubrig. „Wir sind mit den Riesaern überein gekommen, dass sie in Zukunft den Platz betreiben sollen.“ Allerdings hatte Flieger Schicke seinen Pachtvertrag mit dem Alteigentümer für 25 Jahre abgeschlossen und eine Verlängerungsoption für je weitere fünf Jahre. Frühestes Ende: 31. März 2016.

Das kam dann auch prompt – seit dem 1. April dieses Jahres starten und landen in Mohorn keine Ultraleichtflieger mehr. Stattdessen räumten die Piloten ihre Halle. Einige wechselten nach Großenhain oder Riesa, andere zum Flugplatz nach Pretzschendorf. Auch Gerd Schicke ist dorthin umgezogen, samt seiner Flugschule. „Die Ausbildung bleibt, wir starten lediglich an einem anderen Ort.“ In Pretzschendorf seien zwar die Unterstellmöglichkeiten nicht so gut wie in Mohorn. „Dafür passt es menschlich. Die Pretzschendorfer freuen sich über die Verstärkung.“

Und in Mohorn? Dort herrscht derzeit Stille über dem Areal, Schicke ist seit fünf Monaten sehr zum Unmut der Herzogswalder immer noch am Räumen. Die Bürocontainer würden demnächst abgeholt werden, der Hangar sei zum Verkauf ausgeschrieben, versichert der Pilot. Die Landwirte hingegen hoffen nun, dass die Platzübergabe endlich stattfindet, damit die Männer aus Riesa übernehmen können. Hubrig: „Der kleine Flugplatz soll nicht von der Landkarte verschwinden.“