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Freilichtbühne ist zugewachsen

Das Areal wiederzubeleben, könnte bis zu 1,5 Millionen Euro kosten. Verfolgen die Stadträte das Projekt trotzdem?

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© André Braun

Von Cathrin Reichelt

Döbeln. Normalerweise treffen sich die Döbelner Stadträte in Schlips und Kragen im Ratssaal zu ihren Sitzungen. Diesmal war es anders. Viele kamen in legerer Freizeitkleidung, einige von der Arbeit, andere vom Sport. So locker wie die Anzugsordnung ist auch die Atmosphäre, obwohl es um ein durchaus ernsthaftes Thema geht. Die Abgeordneten sehen sich im Bürgergarten um. Denn seit einiger Zeit diskutieren sie über die Wiederbelebung der Freilichtbühne. Die Fraktion „Wir für Döbeln“ hatte einen entsprechenden Antrag gestellt. Den haben 16 Stadträte unterzeichnet. Ein Konzept für das Projekt war bereits vor zehn Jahren entwickelt, aber nie umgesetzt worden.

Los geht’s auf dem ehemaligen Kasernengelände. „Sollte die Bühne wiederbelebt werden, könnten dieser Platz und der an der Waldheimer Straße zum Parken genutzt werden. Woanders ist das nicht möglich“, erklärt Oberbürgermeister Hans-Joachim Egerer (CDU). Schon zu Beginn ihres Rundgangs durch den Bürgergarten entdecken die Stadträte die ersten Mängel. Die Pflanzen der Blumenuhr überwuchern die Symbole, die die Stunden anzeigen. Dort wäre eine regelmäßige Pflege nötig. Als Nächstes fällt der Blick auf den Pavillon auf der Anhöhe. „Das Haus wurde regelmäßig saubergemacht und gestrichen. Vor einem Vierteljahr zum letzten Mal. Das ist sinnlos. Es wird immer wieder beschmiert und das Dach zerstört“, so Egerer. Auch die Erneuerung der Fallrohre spart sich die Stadt inzwischen. Sie werden stets wieder geklaut.

Der Weg hinauf zur Freilichtbühne ist ausgetreten und ausgespült. Für die Gäste regelmäßiger Veranstaltungen müsste er gepflastert werden. Oben angekommen ist unverkennbar: Die Natur hat sich das Areal zurückerobert. Anfang der 1990er-Jahre wurden die Sitzreihen abgebaut und ein Haus, das neben der Bühne stand, abgerissen. Der Blick von Hans-Joachim Egerer geht nach oben. „Ich glaube nicht, dass der Baumbestand so bleiben kann, wenn die Bühne wieder genutzt wird“, Sagt er. Zur Sicherheit der Gäste und Darsteller müssten nach heutigen Vorschriften Bäume gefällt oder zumindest große Äste abgesägt werden.

Keine Kapazitäten für einen Streichelzoo

Die Vorschriften, die nach dem Großbrand am Düsseldorfer Flughafen 1996 und dem Unglück auf der Love-Parade 2010 noch verschärft worden sind, beschäftigen auch Reiner Krause. Der Döbelner Musiker arbeitet im Kulturausschuss der Stadt mit und hat zusammengetragen, was die Wiederbelebung der Freilichtbühne kosten würde. Krause zählt unter anderen den Bau von Wegen, Sanitäranlagen, Stromanschlüssen mit Verteilerkästen, Bestuhlung, die Bühne selbst und die Beleuchtung auf. Zum Schluss kommt er auf einen Gesamtbetrag zwischen 900 000 und 1,5 Millionen Euro.

Er weist auf Personal hin, das sich um die Bühne kümmern müsste und auf die Lärmschutzverordnung, nach der ein Mittelwert von 86 Dezibel bei allen Veranstaltungen nicht überschritten werden darf. Ohnehin dürfe es nur acht Veranstaltungen pro Jahr an einem solchen Ort geben. Auch dafür gibt es Vorschriften. Ob sich allerdings die großen Investitionen für acht Veranstaltungen lohnen, bezweifelt nicht nur Krause. Rolf Zelsmann, der als berufener Bürger im Ausschuss für Stadtentwicklung mitarbeitet, schlägt vor, zu ermitteln, welcher Bedarf an größeren Events in Döbeln vorhanden ist und wie der umsetzbar ist. Dabei solle auch die Öffentlichkeit einbezogen werden.

Trotzdem dürfe aber der Bürgergarten an sich nicht aus den Augen verloren werden. Dietmar Damm (Wir für Döbeln) würde gern den Streichelzoo wieder aktivieren. Doch der Bauhof hat derzeit keine Kapazität, sich darum zu kümmern. Deshalb schlägt Rico Kretschel (CDU) vor, das Areal einem Privatmann für seine Tiere zur Verfügung zu stellen. So wäre diesem geholfen und das Gehege belebt. Ob das möglich ist und ob die Stadträte die Wiederbelebung der Freilichtbühne weiter forcieren wollen, soll im nächsten Hauptausschuss am 10. September besprochen werden.