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Atelierbesuch in Tharandt: Tanz der Farben, Formen und Linien

In einem ehemaligen Papiergeschäft hat sich Michele Cyranka ihr eigenes Reich zum Malen, Drucken und Töpfern geschaffen. Wer will, kann bei ihr etwas lernen.

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Die Künstlerin Michele Cyranka in ihrem Atelier in Tharandt.
Die Künstlerin Michele Cyranka in ihrem Atelier in Tharandt. © Karl-Ludwig Oberthür

Von Lilly Vostry

Sonnenlicht fällt durch die Fenster auf die Bilder, lässt die Farben auf den Leinwänden noch heller leuchten und fließt in dunklen Schattenlinien über sie hinweg. Farbige Keramik, Kannen, Becher, Schalen, Kerzenleuchter und Kleinplastik stehen auf einem langen Tisch, auf Schränken und Regalen im Eingangsraum des Ateliers von Michele Cyranka in Tharandt. Auf den Fensterbrettern neben Blumentöpfen aufgereiht kleine Figuren, grazile Tänzerinnen, beschwingte, fantasievolle Wesen, leicht und kugelrund. Auf einem schwarzen Klavier liegen Skizzenbücher mit Notizen, kleine Grafiken und Kunstkataloge.

Es ist ein eigener Kosmos, den die Künstlerin hier erschaffen hat. "Mein Herz ist
meine Arbeitsgrundlage", sagt sie. Ehemals, anfangs des 20. Jahrhunderts befand sich in dem Gebäude an der Roßmäßler Straße 46 in Tharandt eine Schreibwaren- und Papierhandlung, die von zwei Schwestern, beide unverheiratet, geführt wurde. Das Haus stand dann 20 Jahre leer, die Fensterläden zugenagelt. Bis Michele Cyranka 2016 die drei Erdgeschossräume zufällig entdeckte auf der Suche nach etwas Neuen.

Das Ölbild zeigt eine Mondfrau mit heller Sichel und Katze an ihrer Seite.
Das Ölbild zeigt eine Mondfrau mit heller Sichel und Katze an ihrer Seite. © Karl-Ludwig Oberthür

"Ich hatte großes Glück, dass der Hauseigentümer das denkmalgeschützte Gebäude gerade sanierte und vieles im originalen Zustand gelassen hat wie die Holzdielen, die hellen, unverputzten Sandsteinwände, gemauerte Ziegelsimse über den Fenstern, Verzierungen und sichtbare Rohrleitungen entlang der Decke", erzählt die Künstlerin. "Es ist für mich und ihn ein Gewinn, zu einem moderaten Preis. Es ist, als hätten die Räume auf mich gewartet." Sie fühlt sich wohl hier. "Es hat auch wieder mit Papier zu tun."

Die Druckerpresse im mittleren Raum ist reich bestückt mit Papieren. Ringsherum stehen und lehnen kleine und große Bilder, meist Figürliches, Gesichter und Körper in zarten und schwungvollen Linien. Im hinteren Raum erhebt sich ein großer Farbberg auf der Palette am Stehpult, viele Tuben und Pinsel liegen griffbereit, auf der Staffelei steht ein neues Ölbild. Es zeigt eine Mondfrau mit heller Sichel und einer Kugel auf dem Kopf, in einem Kleid aus nachtblau violetten Farbtönen mit einem schwarz und rötlich braunen, einen gelbäuigen Kater an ihrer Seite. Der Filou ähnelt, der sich nach sieben Jahren gerade von Michele Cyranka verabschiedet hat.

Ihr Garten ist ihr Rückzugsort

Ein Garten mit vielen alten Obstbäumen befindet sich am Hang hinter dem Wohnhaus, schräg gegenüber vom Atelier. Es ist ihr Rückzugsort, dort skizziert und guckt sie abends gern Mond und Sterne an, erzählt Michele Cyranka.

Sie wurde 1964 in Leipzig geboren, wuchs in Radeberg auf, arbeitete in verschiedenen Berufen und absolvierte eine künstlerische Ausbildung bei Rolf Werstler und Rosso Majores. Seit 1992 ist sie freiberuflich als Künstlerin tätig und Mitglied im Sächsischen Künstlerbund. 1995 wurden ihr Sohn Leon und 1998 ihre Tochter Rose geboren.

Ihr Keramikkurs wird gut besucht. Drei Plätze sind noch frei.
Ihr Keramikkurs wird gut besucht. Drei Plätze sind noch frei. © Karl-Ludwig Oberthür

Nach ihrem Umzug von Dresden wohnt Michele Cyranka nun schon länger in Tharandt nah am Wald. Ringsum Hügel und verwunschene Wege, Wasser und Steine. Und nah an Dresden, an der Kultur, das schätzt sie. "Von hier aus die Welt bereisen und wieder nachhause kommen ist schön", sagt sie. In ihre Bilder aus dem Inneren fließen auch immer wieder Eindrücke aus der Natur, ihren runden, kreisenden Formen und weiblicher Urkraft und von Reisen nach Ägypten und Argentinien ein. Altägyptische Kulturen und Schöpfungsmythen faszinieren sie.

Michele Cyranka malt gern mit Pinselschwüngen impulsiv aus der Bewegung heraus, im Tanz der Linien und Formen von konkret bis abstrahiert tauchen luftig leicht, sinnlich und geheimnisvoll farbenreiche Figuren auf Leinwänden und Papieren auf. Sie tanzt selbst gern. Der ausdrucks- und zeichenreiche Farbreigen ihrer Bilder reicht von warmem Gelb, Orange, Erdbraun, zarten Grau- und Blautönen bis zu kräftigem Türkis, Grün, Weinrot und Violett verwoben mit schwebend, versunkenen Körperumrissen.

Noch freie Plätze im Töpferkurs

Vorn im Töpferraum steht ein Brennofen, Materialien, Farbrollen, zwei farbenfrohe Katzenbilder und viele Tondinge. Hier trifft sich ein Keramikkurs immer donnerstags von 19 bis 21 Uhr. "Drei der Teilnehmer sind schon seit 18 Jahren bei mir und jede hat inzwischen ihren eigenen Stil entwickelt", sagt Michele Cyranka stolz.

Drei Plätze sind noch frei im Kurs. In ihrem nächsten Workshop mit dem Titel "Erkenne die Göttin in dir" am 27. April, von 10 bis 14 Uhr, geht es gemeinsam mit den Teilnehmerinnen auf eine kreative Reise, bei der sie Klänge, Farben und Formen strömen lassen, sich mit ihrer eigenen, inneren Quelle verbinden und neue Wege für sich entdecken können.