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Auf den Höhen um Maxen: Ende einer preußischen Armee

Unsere Heimat gerät mitten in den Siebenjährigen Krieg. Der Preußenkönig begeht einen folgenschweren Irrtum.

Von Heinz Fiedler
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Gut Nummer 2 in Ploschwitz - eigentlich Fincken-Fang. Hier wurden die Modalitäten für die Niederlegung der Waffen vereinbart.
Gut Nummer 2 in Ploschwitz - eigentlich Fincken-Fang. Hier wurden die Modalitäten für die Niederlegung der Waffen vereinbart. © SZ-Archiv

Mitten im Siebenjährigen Krieg. Ein düsterer Himmel spannt sich übers Land, als im Spätherbst des Jahres 1759 die Armee des preußischen Generals von Finck die zurückweichenden Truppen des österreichischen Feldmarschalls Graf von Daun verfolgt. Kräftezehrende Gewaltmärsche, die Mann und Ross das Letzte abverlangen. Früh meldet sich der Winter. Aufgebaute Zelte bieten kaum Schutz gegen Kälte. Aus niedergerissenen Häusern und Stallungen schleppen Soldaten Möbel, Balken, Schaufelstiele und ganze Zaunsfelder herbei, um wärmende Lagerfeuer in Gang zu bringen.

General Finck ist betroffen

Die Wege aufgeweicht und ohnehin im schlechten Zustand erschweren den Transport der Fuhrwerke und Geschütze. Die Route der Österreicher scheint unerforschlich. Wälzten sich die Truppen eben noch durch Nordsachsen bis hin in die Wittenberger Gegend, lässt der gewitzte Daun über Nacht die Marschrichtung ändern. Als der Marschall die Dresdner Pflege erreicht, erteilt Preußenkönig Friedrich II. am 14. November den Befehl, Fincks Armee möge unversehens nach Dippoldiswalde aufbrechen, um dem Gegner den Rückzug nach Böhmen so schwer als möglich zu machen. Der General, ein Stratege mit ausgeprägtem Realitätssinn, ist betroffen. Ungeschminkt schildert er dem Monarchen die Schwäche seines Verbandes. Daun besitze in puncto Kriegstechnik und Truppenstärke ein deutliches Übergewicht. Er, Finck, halte es für ausgeschlossen, dem Feind den Rückzug bei Maxen verlegen zu können - von einem Unternehmen dieser Art sei dringend abzuraten.

Kanonenfeuer von Hausdorfer Höhen

Friedrich bleibt eisern, wobei er sich in einem entscheidenden Punkt irren sollte. Daun setzt plötzlich nicht mehr, wie auf preußischer Seite angenommen, auf Abzug, sondern auf Angriff. In weitem Bogen umgehen seine Truppen die Stellungen der Preußen. Als die Österreicher in den Abendstunden des 19. November nach strapaziösen Märschen Malter und Oberhäslich erreichen, hat sich der Ring um Fincks Verbände geschlossen. Tags darauf dringen Einheiten nach dem von Finck kampflos geräumten Reinhardtsgrimma vor. In den Mittagsstunden lässt der Marschall von den Hausdorfer Höhen aus das Feuer auf Maxen eröffnen. Sogleich herrscht heillose Verwirrung im Lager der Preußen. Herrenlose Pferde hetzen durch die schmalen Zeltgassen, in fieberhafter Eile versuchten Offiziere, ihre Einheiten zu ordnen. Da fängt auch schon das Dorf Maxen an zu brennen – ringsum tobt die Schlacht. In Mulden und Wäldchen prallen Sturmkolonnen aufeinander.

Maxen, 21. November 1759. Gefangene preußische Infanteristen und Husaren werden nach Dresden gebracht (nach einer historischen Darstellung).
Maxen, 21. November 1759. Gefangene preußische Infanteristen und Husaren werden nach Dresden gebracht (nach einer historischen Darstellung). © SZ-Archiv

Unaufhaltsam erobern die Österreicher Gelände, komplette Batterien fallen in ihre Hände. Dort, wo preußische Bataillone mit gepressten Sachsen und Russen stehen, bröckelt die Verteidigungslinie. Von Finck sieht nur noch eine Chance: Rückzug in Richtung Falkenhain/Ploschwitz. Dort steht sein General Wunsch mit fünf Bataillonen und fünf Schwadronen. In einer abgedunkelten schlichten Bauernstube des Ploschwitzer Gutes Nummer 2 versammelt der General seine engsten Vertrauten um sich. Die Lage ist hoffnungslos, der Versuch, die Umklammerung zu durchbrechen, käme einem Selbstmord gleich.

Die Kapitulation ist perfekt

Das Einzige, was bleibt, sind Übergabeverhandlungen. General Rebentisch übernimmt den heiklen Auftrag, im feindlichen Lager möglichst günstige Bedingungen auszuhandeln. Gegen Morgen kommt der Abgesandte mit Dauns Unterhändler, dem General Tacy, nach Ploschwitz zurück. Eine reichliche Stunde später ist die Kapitulation perfekt. Neun Generale, 540 Offiziere und 14.375 Mann treten den Weg in die Gefangenschaft an. Dazu als Kriegsbeute 70 Geschütze, 120 Fahnen und Standarden, silberne und kupferne Heerespauken und eine Vielzahl von Munitionswagen. Klirrende Kälte begleitet den Elendszug der Gefangenen, der über Dresden, Stolpen, Neustadt, Rumburk nach Kärnten führt. Viele Soldaten bleiben auf der Strecke, sehen ihre Heimat nicht wieder.

Ein Jahr Festungshaft

Für Friedrich August von Finck (1718–1766) hat die Niederlage ein unehrenhaftes Nachspiel. Kurz nach Friedensschluss muss er sich vor einem preußischen Kriegsgericht unter Vorsitz von Marschall Zieten verantworten. Wegen Versagens vor einem übermächtigen Feind wird Finck zu einer einjährigen Festungshaft und Ausstoßung aus dem Heer verurteilt, obwohl der Preußenkönig über die ungleiche Situation hinreichend informiert war. Wieder auf freiem Fuß reformiert der General im Dienste des dänischen Königs die Infanterie des Landes.