SZ + Freital
Merken

Wie weiter beim Öffnungszeiten-Chaos im Freitaler Weißeritzpark?

Eine verbindliche Regel im Einkaufszentrum - das war einmal. Das nervt Kunden und sorgt auch bei den Händlern für Frust.

Von Annett Heyse
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Offen - aber wann? Der Weißeritzpark möchte zurück zu Kernöffnungszeiten.
Offen - aber wann? Der Weißeritzpark möchte zurück zu Kernöffnungszeiten. © Karl-Ludwig Oberthür

Die Aussage ist eigentlich kurz und knackig: Geöffnet Montag bis Freitag 9 bis 20 Uhr, Sonnabend 9 bis 18 Uhr. So steht es auf der Internetseite des Freitaler Weißeritzparks.

Deutlich länger ist eine Liste, die man nur findet, wenn man etwas weiter herunterscrollt. Da werden alle 40 Geschäfte und neun Gastronomiebereiche noch einmal separat aufgeführt - jeder mit anderen Öffnungszeiten.

Was das bedeutet, kann man im Einkaufszentrum gut an einem gewöhnlichen Nachmittag in der Woche beobachten. Bäckerei und Café Bärenhecke schließt bereits 16 Uhr. Das Lederwaren- und Taschengeschäft hat bis 17 Uhr offen, der Jeans-Laden bis 18 Uhr, Rossmann bis 20 Uhr. Viele öffnen von 10 bis 19 Uhr, andere von 9 bis 18 Uhr.

Viele Gründe für Personalmangel

Hinzu kommen Läden, bei denen die Öffnungszeiten gänzlich aus dem Ruder gelaufen sind. Das Fotogeschäft zum Beispiel. In der Woche schließt es schon 15 Uhr, am Donnerstag 13 Uhr, an jenem Tag öffnet es aber noch mal zwischen 18 und 20 Uhr. Wer Fotos machen lassen möchte - gerne, aber nicht am Mittwoch, da bleibt das Atelier zu, man kann aber alles andere kaufen. Am Sonnabend ist komplett geschlossen. Wer soll da noch durchsehen?

"Ich kann es leider nicht ändern", sagt die junge Frau hinter dem Tresen. Sie sei seit vergangenem Sommer alleine im Laden, könne wegen der Familie gar nicht anders arbeiten. "Es tut mir wirklich leid", entschuldigt sie sich, und man sieht ihr an, wie unglücklich sie mit der Situation ist.

Kein Personal - das ist die eine Begründung für viele Händler, von den einst verbindlichen Öffnungszeiten abzuweichen. Dazu kamen in den vergangenen Monaten viele kurzfristige Ausfälle aufgrund von Krankheit, Quarantäneanordnungen für die Mitarbeiter und Kurzarbeit.

Freitaler shoppen ungern am Abend

Ein weiterer Grund für die unterschiedlichen Öffnungszeiten ist die Kunden-Frequenz. Nach 17 Uhr schon leeren sich die Gänge im Weißeritzpark erfahrungsgemäß. Der Freitaler - er geht nicht gerne am Abend shoppen, schon gar nicht in der dunklen Jahreszeit. Das zeigen Zählungen, die das Centermanagement regelmäßig auswertet. Mit der Pandemie hat sich dieser Trend noch verstärkt. Nur vermuten kann man, dass der Freitaler zunehmend auch im Internet bestellt.

Dazu kommen aufgrund der politischen Situation nun noch die Preiserhöhungen, Energiekostenexplosion, Lieferengpässe. Das alles drückt die Kauflaune. Für viele Händler lohnt es sich aus diesen Gründen nicht mehr, bis 20 Uhr auf Kundschaft zu warten. Personal- und Betriebskosten werden mit dem bisschen Umsatz in den letzten Stunden des Tages nicht aufgewogen.

So geht es beispielsweise der Bäckerei Bärenhecke, wie Vorstandsvorsitzender Roman Seifert schildert. "Es fehlt die Frequenz. Es ergibt nur Sinn, zu öffnen, wenn auch Kunden da sind. Wir schauen jetzt, ob sich das wieder einspielt, dann passen wir unsere Öffnungszeiten entsprechend an."

Die Kunden bleiben noch gelassen

Die Kunden sind gespaltener Meinung über die verschiedenen Öffnungszeiten. "Uns stört das nicht. Wir sind Rentner und können tagsüber einkaufen gehen. Bis jetzt waren immer alle Läden geöffnet, die wir brauchten", sagt Klaus-Dieter Horn, der mit seiner Frau durch den Weißeritzpark bummelt.

Ein junger Mann, der eine Einkaufstüte vom Medimax in der Hand hält, sagt, ihm sei das mit den verschiedenen Öffnungszeiten noch gar nicht aufgefallen. "Stört mich also nicht", sagt er und eilt weiter.

Andere reagieren zumindest irritiert. "Wenn ich in ein Einkaufszentrum gehe, möchte ich nicht überlegen müssen, welcher Laden nun geöffnet hat und welcher nicht. Man muss sich als Kundin darauf verlassen können, dass alle geöffnet sind", sagt Nadja Herold-Hintze, die mit ihrer kleinen Tochter gerade aus einem Schuhgeschäft kommt.

Öffnungszeiten schon vor Pandemie umstritten

Das Dilemma mit den Öffnungszeiten begann schon vor der Corona-Pandemie. Festgelegt werden die Zeiten in Absprache mit dem Centermanagement von der Werbegemeinschaft Weißeritzpark, in der alle Händler organisiert sind. "Viele Jahre hatten wir von 9 bis 20 Uhr in der Woche und von 9 bis 18 Uhr am Sonnabend geöffnet", berichtet Jörg Seidel, Chef der Werbegemeinschaft und Betreiber des SZ-Treffpunktes im Weißeritzpark.

Die Zeiten sind verbindlich und Teil des Mietvertrages, den jeder Händler abschließt. Anfang 2020, also noch vor der Pandemie, einigte man sich auf 9 bis 19 Uhr in der Woche. Dann kam der Lockdown. Als die Geschäfte im Mai 2020 endlich wieder öffnen konnten, war nichts mehr wie früher.

Eigentlich, so Seidel weiter, wollte man montags bis sonnabends 9 bis 18 Uhr öffnen. Doch Klick & Collect, Click & Meet sowie weitere Lockdowns, hohe Krankenstände bei den Händlern und teils widersprüchliche Corona-Schutzmaßnahmen sorgten dafür, dass fortan jeder seine Öffnungszeiten selbst festlegte. Da die Mietverträge ausgesetzt waren, wie Jörg Seidel erklärt, ließ man es laufen.

Der SZ-Treffpunkt beispielsweise hatte in den vergangenen Monaten von 10 bis 17 Uhr geöffnet. "Bei uns war das auch der Kurzarbeit geschuldet", begründet Geschäftsführer Seidel.

Einheitliche Regelung gefordert

Die fehlende Regelung sorgt auch für schlechte Stimmung untereinander. "Es ist einfach Mist, wenn ich hier den ganzen Tag im Laden stehe, während andere nach ein paar Stunden wieder schließen. Das macht keinen guten Eindruck auf die Kunden. Die bleiben natürlich weg. Das kann ich sogar verstehen", sagt eine Händlerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie habe auch so schon genügend Ärger mit dem Thema.

Auch Werbegemeinschafts-Chef Seidel sagt, man müsse zurück zu verbindlichen Öffnungszeiten. "Unser Ziel muss eine einheitliche Kernöffnungszeit sein. Der Kunde muss sich darauf verlassen können. Sonst treiben wir nur weiter den Onlinehandel voran."

Als neuer Vorschlag liegt jetzt auf dem Tisch, wochentags von 9 bis 18 Uhr und sonnabends von 9 bis 16 Uhr zu öffnen. Wer länger öffnen möchte, könne das tun, kürzer aber auf gar keinen Fall. Das soll ab Mai gelten - ohne Ausnahme.