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Geraten Vereine in Energie-Not?

Wegen steigender Kosten für Strom und Heizung gibt es erste Einschränkungen. Trainingszeiten sollen noch bleiben. Finanziell ist das nicht ohne.

Von Gabriele Fleischer & Annett Heyse
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Gehen hier bald die Lichter aus? Noch trainiert die Bannewitzer Jugend unter Flutlicht. Aber die Kosten steigen.
Gehen hier bald die Lichter aus? Noch trainiert die Bannewitzer Jugend unter Flutlicht. Aber die Kosten steigen. © SV Bannewitz

Es ist früher Abend, aber der Himmel schon stockdunkel. Fluchtlicht erhellt den Rasen des Bannewitzer Sportplatzes, auf dem die Kindermannschaften um Hütchen laufen und Torschussübungen absolvieren.

Das Training am Abend kostet den Sportverein Bannewitz jetzt richtig Kohle. Oder besser gesagt jeden seiner 404 Mitglieder. "Nachdem die Beiträge seit 2014 stabil und bei jährlich zwischen 69 und 132 Euro lagen, müssen wir ab Januar im Durchschnitt zwei Euro pro Monat mehr verlangen", sagt Vereinsvorsitzender Mario Bräuer. Wie viel genau, das hänge von der jeweiligen Sportart ab.

Die Mitgliederversammlung hätte diese Erhöhung ebenso beschlossen wie eine einmalige Energiekostenpauschale von 30 Euro für dieses Jahr. Nur so könnten die steigenden Kosten abgefedert werden.

Vereine erhöhen Mitgliedsbeiträge

Trotz dieser unpopulären Maßnahmen für die Sportler rechnet der Vereinschef nicht mit Austritten. Vorerst nicht. Momentan gibt es sogar Wartelisten bei Karate und Mountainbike.

Dennoch: Die allgemeinen Kostensteigerungen sind bei den Vereinen angekommen und manche schlagen bereits Alarm, weil sie die höheren Rechnungen für die Energie kaum noch stemmen können. Vereine wie das Familienzentrum Regenbogen in Freital zum Beispiel.

Das Mehrgenerationenhaus ist ein Sozialprojekt. Im Regenbogen-Café sitzen an einem Mittwochnachmittag die Mädchen und Jungen des Schülertreffs, sie basteln Stempel. Aus dem Raum nebenan tönt Popmusik und Getobe. "Hier geht es manchmal etwas lauter zu", sagt Katrin Hollube, die Leiterin des Hauses. Alles normal also? "Normal? Wir sind im Krisenmodus."

Gasrechnung um 10.000 Euro gestiegen

Die Abschlagsrechnung fürs Gas ist um 10.000 Euro gestiegen. Wie es beim Strom zukünftig aussieht, kann Hollube, die Betriebswirtschaften studiert hat, noch nicht sagen. Fakt ist: Das Geld hat der Verein nicht in der Portokasse liegen. "Unsere Angebote und Projekte sind so schon sehr eng oder gar unterfinanziert. Und genau dort muss ich jetzt das Gasgeld irgendwie herausziehen."

Alexander, Deborah, Martin und Linus vom Offenen Schülertreff im Familienzentrum Regenbogen. Hier wird jetzt gespart: Bastelmaterialien, Ausflüge und das Sommerferienlager sind zusammengestrichen.
Alexander, Deborah, Martin und Linus vom Offenen Schülertreff im Familienzentrum Regenbogen. Hier wird jetzt gespart: Bastelmaterialien, Ausflüge und das Sommerferienlager sind zusammengestrichen. © Karl-Ludwig Oberthür

Dies bedeutet, dass bei Angeboten, Inhalten und Material gekürzt wird. Ausflüge mit den Kindern - gestrichen. Neue Bastelmaterialien - gestrichen. Das nächste Sommerferienlager für 30 Schüler - gestrichen.

Und für den Regenbogen kommt es noch schlimmer. Der Hausmeister bleibt nur bis zum Frühjahr. Die Reinigungskraft wurde von 20 auf 15 Stunden heruntergesetzt. "Das ist eine Mutter mit sechs Kindern, sie saß bei mir im Büro und hat geweint. Das tut uns auch richtig weh."

Stadträte entscheiden über Vereinsförderung

Die Freitaler Vereine bekommen von der Stadt einen Zuschuss, über den unter anderem die Betriebskosten mitfinanziert werden können. Bislang hätten sich jedoch keine Vereine in der Angelegenheit an die Stadtverwaltung gewandt, teilt Freitals Sozialbürgermeister mit. "Es sind eher allgemeine Sorgen vor zukünftigen Unsicherheiten und Engpässen, die signalisiert werden", berichtet Peter Pfitzenreiter (Freitals Konservative Mitte).

Über das Budget der Vereinsförderung entscheidet der Stadtrat. Anschließend berät der Sozial- und Kulturausschuss, wie diese Summe verteilt wird. Grundlage dafür sind die Anträge, die die Vereine stellen. Der Finanz- und Verwaltungsausschuss beschließt dann, welche Vereine Fördermittel für Projekte sowie sonstige Zuschüsse bekommen.

Das Problem: Der Fördertopf wird voraussichtlich nicht voller und die Vereine stehen nicht an erster Stelle. "Im Kontext einer insgesamt angespannten Haushaltslage ist zunächst die Erfüllung der Pflichtaufgaben abzusichern", sagt Pfitzenreiter. Zu den Pflichtaufgaben zählen unter anderem der Betrieb von Schulen und Kindergärten. Erst danach, so Pfitzenreiter, seien die freiwilligen Ausgaben einzuordnen.

Bannewitzer wollen umrüsten

Also heißt es, zu sparen - und das nicht nur in Freital. Die Bannewitzer Sportler zum Beispiel wollen die Flutlichtanlage auf LED umrüsten, Bewegungsmelder installieren und die Heizungen mit intelligenten Thermostaten ausstatten.

"Allerdings liegt unser Förderantrag für die LED-Umrüstung schon seit Mai bei den zuständigen Stellen. Ohne eine Zusage können wir nicht beginnen", sagt Vereins-Chef Bräuer, der bei Gesamtkosten von 33.000 Euro mit 27.000 Euro Fördermitteln rechnet. Der Rest müsse über Eigenmittel, Einnahmen aus der Energiekostenpauschale und Sponsoren gedeckt werden. Der Ortschaftsrat will 2.000 Euro beisteuern.

"Auch mit der Gemeinde wollen wir ins Gespräch kommen und über die Hallenmiete verhandeln. Denn die belastet unser Budget sehr", sagt Bräuer.

Possendorfer zehren von den Rücklagen

Bei der benachbarten SG Empor Possendorf hält man sich mit Beitragserhöhungen zurück. Die 500 Mitglieder müssen vorerst nicht mehr bezahlen. Vielmehr zehre man von den Rücklagen aus Corona-Zeiten, als die Possendorfer Sportler nicht trainieren konnten.

Für Vorstandschef Markus Kirchner eine klare Sache: "Das Geld, was wir in der Zeit für Betriebskosten eingespart haben, können wir jetzt an die Mitglieder zurückgeben." Zudem wisse er noch gar nicht, was genau an Erhöhungen auf den Sportverein zukommt. "Wir wollen vielmehr schauen, wo was zu verbessern geht, bei Strom und Heizung sparen."

Im Gegensatz zum SV Bannewitz kann der Platz der Possendorfer auch teilweise beleuchtet werden. Zudem würden hier die Anlagen zu günstigen Konditionen von der Gemeinde gemietet.

Allerdings hatte die SG Empor zur Übergabe der Drei-Feld-Halle 2020 den Sockelbetrag, der für alle Mitglieder gilt, bereits um 13 Euro erhöht. Danach müssen Erwachsene 63, Jugendliche 43 und Kinder 28 Euro pro Jahr bezahlen. Was bei den einzelnen Sportarten noch dazu kommt, würden die Abteilungen je nach Aufwand selbst entscheiden, so Kirchner.

Rabenauer Sportverein hat 15.000 Euro Mehrkosten

Ohne Erhöhung geht es auch für die 324 Mitglieder des SV Rabenau nicht ab. Selbst wenn die Sporthalle mit Pellets geheizt wird, steigen die Preise, und zwar von jetzt 400 auf im nächsten Jahr 700 Euro pro Tonne. 14 Tonnen braucht der Verein im Jahr.

Senta und Erik spielen im Training ein Doppel, im Hintergrund findet parallel dazu ein Punktspiel statt. Dafür muss die Halle der SV Rabenau - besonders in den Wintermonaten - geheizt werden.
Senta und Erik spielen im Training ein Doppel, im Hintergrund findet parallel dazu ein Punktspiel statt. Dafür muss die Halle der SV Rabenau - besonders in den Wintermonaten - geheizt werden. © Karl-Ludwig Oberthür

"Um 2.000 Euro wird der Strom ab Januar teurer", sagt Vereinschef Harald Hegewald. Dabei würden jetzt schon die zwei in diesem Jahr auf LED umgestellte Lampen auf dem Hartplatz helfen. Dennoch: Unter dem Strich rechnet Hegewald 2023 mit 15.000 Euro Mehrkosten für den Verein.

Während der Stadtrat am 14. November über eine Erhöhung der Förderung um 1.500 Euro entscheiden soll, steigen auch die Beiträge. Die Mitgliederversammlung hat sich in dieser Woche auf eine monatliche Erhöhung um zwei Euro für Kinder und Jugendliche sowie vier Euro für Erwachsene festgelegt.

Über höhere Mitgliedsbeiträge will man beim Familienzentrum Regenbogen in Freital trotz der Misere noch nicht nachdenken. Hollube: "Wir sind ein Verein, der insbesondere auch sozial benachteiligten Menschen hilft. Diese jetzt noch mehr zu belasten, ist gar nicht möglich."