Freital: Endlich schwimmen lernen

Ein lautes Platschen erklingt und Wasser spritzt aus dem Becken im Freizeitzentrum "Hains". Drinnen hält sich eine Gruppe Kinder an den Händen. Auf Kommando von Schwimmlehrer Lars Tschirner reißen alle gleichzeitig die Arme in die Luft, um sie anschließend mit voller Wucht auf die Wasseroberfläche zu klatschen. Es wird gekichert.
Szenen wie diese hat es in den vergangenen anderthalb Jahren nur selten gegeben. Aufgrund der Corona-Pandemie musste ein großer Teil der Schulschwimmstunden ausfallen, und auch in der Freizeit war planschen nicht möglich. Sicher schwimmen lernen, das geht so nicht. "Dabei ist das wichtig, um so viele Ertrinkungstode wie möglich zu verhindern", sagt Lars Tschirner, Ortsgruppenleiter der Freitaler Wasserwacht. "Wir machen uns schon länger viele Gedanken darüber, wie wir den Schwimmunterricht für die knapp 500 Kinder irgendwie nachholen können".
Die Schwimmstunden, die Tschirner und seine Kollegin Manuela Seidel jeden Mittwochabend in den Sommerferien anbieten, sind ein erster Versuch in diese Richtung. Das Ziel der Probestunden ist allerdings allein die Einschätzung der Kinder, um sie später in den richtigen Schwimmkurs einteilen zu können. "Wir wollen erst mal sehen, wie groß der Bedarf ist und wie weit die Kinder in der Schule schon gekommen sind", sagt Tschirner.
"Endlich wird mal was für die Kinder getan"
Die Kinder, die nach den Sommerferien in die vierte Klasse kommen, haben von ihren Lehrern eine Einschätzung der Schwimmfähigkeiten erhalten. Wer noch kein sicherer Schwimmer ist, der bekam einen Gutschein für Schwimmstunden ausgestellt - bezahlt vom Freistaat. "Das war die richtige Entscheidung. Endlich wird mal was für die Kinder getan", sagt Claudia Rau. Ihre Tochter Chaleen hat zwar bereits das Seepferdchen bestanden, von ihrer Schule in Possendorf aber dennoch einen Gutschein bekommen.
Das sei auch richtig so, erklärt Schwimmlehrer Tschirner. "Ein bestandenes Seepferdchen ist kein Nachweis dafür, dass die Kinder sicher schwimmen können." Denn selbst wenn Menschen mehrere Bahnen schaffen, bedeute das nicht, dass ihre Technik dafür ausreiche, um sicher in anspruchsvollen Gewässern wie beispielsweise der Ostsee zu schwimmen. "Als sichere Schwimmer zählen die Kinder, die mindestens 15 Minuten am Stück schwimmen können und dabei mindestens 200 Meter zurücklegen", sagt Tschirner.

Genau aus diesem Grund möchte Annett Neuhäuser ihren neunjährigen Sohn Noah für einen weiteren Kurs anmelden. "Wir fahren oft in den Urlaub an die Ostsee. Da ist wichtig, dass mein Sohn gut schwimmt." Die Mutter ist froh, dass die Wasserwacht nun Unterricht anbietet und die Kosten dafür vom Freistaat übernommen werden. "So ist man abgesichert und muss nicht selbst einen teuren Kurs bezahlen."
Lehrer müssen selbst ins Becken
Neben der Wasserwacht gibt auch der SC Freital in den Sommerferien Schwimmkurse. Diese sogenannten Seepferdchen-Crashkurse finden jeweils zehn Werktage in Folge jeden Nachmittag statt. Der Preis ohne Gutschein beträgt 95,00 Euro. "Normalerweise übernimmt der SC Freital die Ausbildung der Kinder und wir kümmern uns eher um die Ausbildung der Lehrer", erklärt Lars Tschirner von der Wasserwacht. Denn alle Schwimmlehrer müssen laut Tschirner in jedem zweiten Jahr ihren Rettungsschwimmer nachweisen. Weil die Schwimmbäder lange geschlossen waren, müssen zahlreiche Lehrer das nun erst mal tun, bevor sie selbst unterrichten können.
Trotzdem will nun auch die Wasserwacht Freital Kinderschwimmkurse anbieten. "Wir hoffen, dass so bis Mitte nächsten Jahres alle ausgefallenen Schulschwimmkurse nachgeholt werden können." Damit auch ordentlich geplant werden kann, appelliert Tschirner an die Eltern: "Bitte bringen Sie Ihre Kinder während der Sommerferien zu unseren Probestunden und erzählen Sie anderen Eltern davon."
Eltern können auch selbst tätig werden
Wer sicher im Wasser ist, der kann als Elternteil aber auch selbst mit den Kindern üben. "Am Anfang sollte man den Nachwuchs erst mal ans Wasser gewöhnen", erklärt Tschirner. Das ginge auch in niedrigen Becken. "Viele Kinder konnten ja lange nicht plantschen."
Wie wichtig das ist, zeigt sich auch während des Probeschwimmens. Ein Mädchen im rosa Badeanzug fühlt sich anfangs noch sichtbar unwohl im Becken. Doch dank des Zuspruchs von Schwimmlehrerin Seidel schwimmt sie schon eine knappe Stunde später vergnügt durchs Becken und traut sich sogar einen Sprung vom Startblock zu.
Wer Kinder hat, die schon sicherer sind, der kann mit ihnen laut Tschirner auch das Bahnen-Schwimmen trainieren. "Allerdings müssen die Eltern auch dann noch immer dabei bleiben und aufpassen", mahnt der Rettungsschwimmer.