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Neue Streuobstwiesen-Touren in Kreischa

Der Landschaftspflegeverband SOE plant neue Streuobstwiesentouren. Alle drei sollen in und um Kreischa entstehen. Aus gutem Grund.

Von Beate Erler
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Bis die Obstbäume wieder blühen, dauert es noch einen ganzen Winter. Hier eine Wiese in Sobrigau in Kreischa, wo auch die drei Streuobstwiesentouren entstehen sollen.
Bis die Obstbäume wieder blühen, dauert es noch einen ganzen Winter. Hier eine Wiese in Sobrigau in Kreischa, wo auch die drei Streuobstwiesentouren entstehen sollen. © www.loesel-photographie.de

Dass die Streuobstwiesen für Menschen, Tiere und Pflanzen eine große Bedeutung haben, daran lässt Ines Thume keinen Zweifel. „Wir reden von einem mehr als 1.000 Jahre altem Kulturschatz“, sagt sie, „diese alte traditionelle Bewirtschaftung ist die Heimat für über 3.000 Pflanzen und Tiere.“ Um nur ein paar zu nennen: Schmetterlinge, Insekten, Ameisen, Igel, Fledermäuse und Vögel.

Die Projektkoordinatorin beim Landschaftspflegeverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge e. V. mit Sitz in Dippoldiswalde entwickelt zusammen mit einer Kollegin derzeit mehrere Streuobst-Erlebnistouren. Bisher gibt es im gesamten Landkreis nur einzelne Obstpfade, wie beispielsweise den Apfellehrpfad in Ehrenberg. Das Projekt Streuobstwiesentouren ist dann im Landkreis einzigartig, sagt Ines Thume.

Mit 125.000 Euro werden unter anderem das Konzept und die Personalkosten gefördert. Die drei Touren für Bürger und Gäste der Region entwickelt der Landschaftspflegeverband im Rahmen des Förderprojekts der Leader-Region „Silbernes Erzgebirge“.

25 Streuobstwiesen auf einer Tour

Die wichtigste Frage am Anfang war, wo die Touren am besten entstehen können. Das Leader-Förderprojekt erstreckt sich von Kreischa bis in den Freiberger Raum. „Es stellte sich heraus, dass die Bedingungen in Kreischa mit einer großen Zahl an alten und neuen Streuobstbeständen am besten geeignet sind“, sagt Ines Thume. Gemeinsam mit ihrer Kollegin ist sie die Wege abgelaufen und hat sich die Obstbestände angeschaut.

Daraus hat sich eine lange elf Kilometer-Tour entwickelt. Sie verläuft zwischen Kreischa und Possendorf mit etwa 25 Streuobstwiesen unterschiedlicher Größe. Zwei weitere Touren von jeweils etwa dreieinhalb Kilometern kommen noch dazu: Die Tour Gombsen mit zwölf und die Tour Saida mit acht Streuobstwiesen, erklärt Ines Thume. Und auch das gut ausgebaute Wanderwegenetz, von denen viele direkt an den Wiesen vorbeiführen, hat Kreischa begünstigt. „Wir wollten natürlich keine neuen Wege anlegen und es sollten Routen sein, die bei den Bürgern bekannt und beliebt sind.“

Die aktuellen Zahlen aus dem Landratsamt über die Anzahl von Streuobstwiesen im Landkreis sind aus dem Jahr 2015: Damals waren es etwa 1.500 Streuobstwiesen auf rund 700 Hektar. Es gibt aber immer wieder neue Pflanzungen und auch Obstwiesen, die wegfallen.

Wiesen stehen auf Roter Liste

Das klingt nicht wenig und trotzdem stehen die Streuobstwiesen auf der Roten Liste der Biotoptypen in Sachsen. Kurz nach der Wende wurden viele der Wiesen für Bauvorhaben geopfert. Heute sind die Wiesen gefährdet bis stark gefährdet, so Ines Thume, die Agraringenieurin ist und seit 2002 beim Landschaftspflegeverband arbeitet. Dabei spielen Faktoren wie die Anzahl und der Zustand der Biotope eine Rolle.

Laut dem Bundesnaturschutzgesetz handelt es sich um ein geschütztes Biotop, wenn die Fläche der Streuobstwiese mindestens 500 Quadratmeter beträgt und wenn auf ihr mindestens zehn große Hochstammobstbäume alter Sorten stehen. Typisch alte Sorten in unserer Region sind die Apfelsorten Boskop, Schöner von Herrnhut und Prinz Albrecht von Preußen, so Ines Thume.

Bis die Erlebnistouren für Wanderer begehbar sind, wird aber noch einige Zeit vergehen. Im Frühjahr werden Probespaziergänge gemacht, um zu entscheiden, wo die Informationstafeln aufgestellt werden können. Sie sollen über den Lebensraum Streuobstwiese, Artenschutz, über das Obst und die Pflanzen sowie die Tierwelt informieren. Bis alles fertig ist und die Routen eröffnen, wird es aber noch bis Ende 2025 oder sogar Anfang 2026 dauern.

Ein Grund dafür sind die vielen Abstimmungsgespräche mit den Flächenbewirtschaftern, Landwirten und Wanderwegewarten, die alle ein Wörtchen mitzureden haben, sagt Ines Thume. Sie alle sind mit dem Vorhaben einverstanden, aber einen Einwurf hat sie immer wieder gehört: Es gäbe viele Spaziergänger, die sich schon jetzt zu fleißig an dem Obst bedienen, weil sie vielleicht nicht wissen, dass die Wiesen einer Bewirtschaftung unterliegen. Das müsse auf den Informationstafeln und in Broschüren vermerkt werden. Schließlich will man den Kulturschatz Streuobstwiese nicht einzäunen müssen.