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Corona-Proteste: Ärger um den Runden Tisch in Freital

Oberbürgermeister Uwe Rumberg lädt 20 Leute ein, fast alles Männer. Nur sieben Teilnehmer kommen sozusagen von der Straße. Doch die Kritik geht noch weiter.

Von Annett Heyse
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Freitals Oberbürgermeister diskutiert am Dienstag, dem 8. Februar, mit Bürgern - hinter verschlossenen Türen.
Freitals Oberbürgermeister diskutiert am Dienstag, dem 8. Februar, mit Bürgern - hinter verschlossenen Türen. © Egbert Kamprath

Groß war die Aufregung, als Freitals Oberbürgermeister Uwe Rumberg kurz vor Weihnachten einen Runden Tisch ankündigte. Unter dem Eindruck der damals nicht gestatteten "Spaziergänge" von Gegnern der Corona-Maßnahmen, aber auch der Kritik daran, wollte Rumberg mit allen ins Gespräch kommen. "Beginnen wir den Dialog", schrieb er damals über ein Statement.

Doch noch bevor dieser Dialog begonnen hat, sorgt er jetzt schon für erhebliche Debatten. Es geht um die Auswahl der geladenen Gäste und um die Tatsache, dass die Veranstaltung zwar im Kulturhaus stattfinden soll, aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Es sind keine Zuschauer und auch keine Medienvertreter zugelassen.

"Die Mitglieder der Freitaler SPD fragen sich, ob angesichts gefüllter Fußballstadien und anderer unter Schutzauflagen gestatteter Veranstaltungen bei der Teilnahme von nur sieben Bürgern und sieben Stadtratsvertretern von einem Bürgerdialog gesprochen werden kann", kommentiert beispielsweise SPD-Stadtverbandsvorsitzende Katja Wätzig. Selbst im Freizeitzentrum Hains würden sich im Schwimmbad und auf der Eisbahn am Wochenende wesentlich mehr Freitaler in engen Räumlichkeiten tummeln.

62 Bewerbungen für Runden Tisch

Was SPD-Frau Wätzig vergaß: Eingeladen sind zudem Personen "aus der Freitaler Stadtgesellschaft", wie es aus dem Rathaus heißt. Mit dabei sind unter anderem der Leiter des Freitaler Polizeireviers, der Vereinsvorsitzende des SC Freital, der Vorstandsvorsitzende des DRK-Kreisverbandes, die Elternratsvorsitzende des Weißeritzgymnasiums, der Geschäftsführer von Oskarshausen.

Insgesamt nehmen neben Rumberg 20 Personen am Runden Tisch Platz. Die sieben Männer und Frauen, die quasi als "Bürger von der Straße" mit dabei sein dürfen, wurden ausgelost. Insgesamt hatten sich 62 Menschen für einen Platz in der Runde beworben.

"Warum traut sich der Oberbürgermeister nicht zu, mit einer größeren Anzahl von Bürgern unter 3G-Bedingungen zu diskutieren?", fragt man sich bei der SPD.

Nicht nur die Sozialdemokraten sind enttäuscht. Ein Unternehmer, Branche grüne Berufe, meint in einen Brief an die Sächsische Zeitung: "Meine bescheidenen Kenntnisse über Demokratie können da leider nicht mitgehen. Die Einladungen eine Person pro Partei finde ich noch nachvollziehbar. Was natürlich gar nicht geht, sind sieben Bürger von zirka 40.000 Einwohner", äußert der Mann.

Fraktionsloser Stadtrat bleibt draußen

Enttäuscht ist man auch bei der Bürgerinitiative Freital. Die Truppe um Stadtrat René Seyfried hatte bereits bei den Demonstrationen gegen Flüchtlinge 2015 eine Anführerrolle gespielt. Zuletzt fielen Seyfried und Co. damit auf, die zunächst illegalen Protesten anzufeuern und zu ermutigen. Die Mutmaßung, die Demonstrationen zu veranstalten, wiesen sie jedoch zurück. Über ihren Facebook- Account bepöbelten sie stattdessen Polizisten und Stadträte der Mitte-Links-Fraktion. Seyfried und Co. hatten sich ausgerechnet, selbstverständlich am Runden Tisch Platz nehmen zu dürfen.

Doch der Oberbürgermeister lud pro Fraktion einen Stadtrat ein - Seyfried ist aber seit seinem AfD-Austritt vor einem Jahr fraktionsloser Stadtrat. Er bleibt nun außen vor und kommentiert das bei Facebook entsprechend verärgert.

Mag mancher Seyfrieds erzwungenes Fernbleiben nicht weiter bedauern, wirft ein anderer Blickwinkel hingegen Fragen auf. Es geht um die Quote von Männern und Frauen. Am Tisch werden 21 Menschen Platz nehmen - ein Querschnitt durch die Freitaler Gesellschaft, so hieß es immer aus dem Rathaus. Doch unter den Teilnehmern sind nur sechs Frauen, davon zwei Stadträtinnen.

Keine Online-Übertragung geplant

Der größte Vorwurf ist jedoch der, dass der Dialog nicht-öffentlich geführt wird. Das sorgte im Internet für Diskussionen und auch seitens der SPD sagt man, man hätte doch wenigstens eine Online-Übertragung organisieren können.

Der Oberbürgermeister hält dagegen: "Wir haben uns dafür entschieden, dieses erste Treffen so zu gestalten, dass es einerseits unter den gegebenen Einschränkungen stattfinden kann ­und andererseits um den Gedanken freien Lauf lassen zu können. Keiner soll Sorge haben, etwas Falsches zu sagen, was dann ungefiltert in der Öffentlichkeit steht. Jeder soll zu Wort kommen können. All das wäre mit mehr Teilnehmern nicht möglich gewesen."

Man wolle erst einmal klein starten, um auch Erfahrung für größere Veranstaltungen zu gewinnen.

Das sind die Teilnehmer:

Vertreter aus dem Stadtrat

  • Jutta Ebert (CDU), Frank Gliemann (Freie Wähler Freital), Thomas Käfer (Freitals konservative Mitte), Ines Kummer (Mitte-Links), Lars Tschirner (Bürger für Freital), Michael Zscherper (AfD)

Vertreter der Stadtgesellschaft

  • Silke Fenger (Elternratsvorsitzende Weißeritzgymnasium), Paul Leiteritz (Geschäftsführer SC Freital), Torsten Mager (Vorsitzender Soziokultur Freital), Andreas Ritter (Vorstandsvorsitzender DRK Kreisverband Freital), Alexander Steinke (Leiter Polizeirevier), Falk Walther (Vorsitzender Verein der selbstständigen Handwerker), Christian Wehlan (Geschäftsführer Oskarshausen)
Vertreter aus der Bürgerschaft:

  • Martina Baumann (Pensionärin), Rico Hiller (Pädagogische Fachkraft), Michael Kern (Rentner), Janet Nordmeier-Scholtis (Betriebswirtin), Torsten Rießland (Arzt), Silvia Ryll (Friseurmeisterin), René Wortha (Erzieher)

Moderation: Tobias Heinemann (.ipunct)

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