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Tierheim Freital kämpft gegen die Schließung

Die Kosten sind davongelaufen, 2023 gibt es bereits ein dickes Minus. Für die angedockten Städte und Gemeinden wäre aber eine Schließung des Hauses auch keine Lösung.

Von Katrin Fiedler
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Französische Bulldoggen sind beliebt - Grund genug für manche, die Tiere aus Osteuropa nach Deutschland einzuschmuggeln und damit Geld zu verdienen. Wenn das auffliegt, landen die Tiere im Heim.
Französische Bulldoggen sind beliebt - Grund genug für manche, die Tiere aus Osteuropa nach Deutschland einzuschmuggeln und damit Geld zu verdienen. Wenn das auffliegt, landen die Tiere im Heim. © dpa-tmn

Sie heißen Yucki, Kira oder Alfred. Die Hunde leben im Freitaler Tierheim und warten auf ein schönes zu Hause. "Durchschnittlich haben wir bis zu 100 Hunde, Katzen und Kleintiere", sagt Regina Barthel-Marr, Vorsitzende des Tierschutzvereins Freital und Umgebung (TSV). Sie sind aufgegriffene Streuner, abgegebene Haustiere oder Schmuggelware und leben im Tierheim auf dem Windberg oder auch in der neuen Außenstelle in Reichstädt.

Der älteste Bewohner, ein Hund, ist zwölf Jahre; die jüngste Bewohnerin, ein Kätzchen, ist gerade eine Woche alt. Für alle muss ein neuer Besitzer gefunden werden. Leicht ist das nicht, aber machbar. "Bislang haben wir hunderte Tiere vermittelt", zeigt sich Regina Barthel-Marr optimistisch.

Weniger hoffnungsvoll sehe es jedoch bei der Finanzierung aus. "40.000 Euro fehlten uns 2023. Dieses Jahr kämpfen wir um eine Schwarze Null". Was die Zukunft bringt? "Vielleicht eine Schließung!", befürchtet die Vereins-Chefin. Schon würden erste Stimmen in der Öffentlichkeit laut und schlügen vor, die Tiere zu töten. Doch dem Verein liegt das Tierwohl am Herzen. "Es sind doch Lebewesen", sagt die Vorstandsvorsitzende.

Schmuggel-Hunde im Tierheim verwahrt

Bei aller Tierliebe seien dennoch die steigenden Kosten kaum noch zu deckeln. Alle Kommunen und Gemeinden, die Verträge mit dem TSV Freital haben, konnten gewonnen werden, ihre Jahrespauschale an das Tierheim pro Einwohner auf 1,50 Euro zu erhöhen. Nur Freital selbst erhöhte nicht und bleibt bei 1,30 Euro, stellt der Verein klar. So oder so: "Die sieben Prozent Mehrwertsteuer gehen von der Pauschale noch ab", sagt Barthel-Marr. So geht es im Fall von Freital um rund 7.500 Euro. Steigende Kosten für Mitarbeiter, Fahrten, Tierarzt könnten kaum noch bewältigt werden. Da würden auch die Beiträge der 192 Vereinsmitglieder kaum helfen. "Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein." Sollte aber das Tierheim aus finanziellen Gründen schließen, haben die angedockten Städte und Gemeinden ein größeres Problem: Sie müssten dann die Aufgaben selbst übernehmen und dafür eigene Kapazitäten schaffen.

Gerade hat das Tierheim Freital wieder neue Mitbewohner aufgenommen: zwölf Französische Bulldoggen. Vor gut einem Monat wurden die Welpen auf der A17 über die tschechische Grenze nach Deutschland transportiert – ohne Nahrung und Wasser, zusammengepfercht in einem dunklen Kofferraum. Gültige Papiere konnte der Fahrer des Seat mit niederländischer Zulassung nicht vorweisen. Nachdem Einsatzkräfte der Bundespolizei in Bahretal die Tiere beschlagnahmt hatten, übergab später das zuständige Veterinäramt die Welpen an das Tierheim Freital.

Gegen den 28-jährigen Fahrer und 42-jährigen Beifahrer wurde ein Verfahren eingeleitet. Das bestätigte das Veterinäramt. Grund: Die beiden Niederländer werden verdächtigt, gegen das Tiergesundheitsgesetz verstoßen zu haben.

Bei gewerblichen Transporten gelten die Vorschriften der EU Tiertransportverordnung. Konkret: Das Transportunternehmen muss zugelassen sein und der Fahrer über die notwendige Sachkunde verfügen. Für alle Transporte gilt: Die Tierboxen müssen den vorgeschriebenen Maßen entsprechen. Außerdem müssen die Tiere genügend Futter und Wasser während des Transports erhalten.

Landkreis kommt für Schmuggel-Tiere auf

Zum laufenden Verfahren und einer eventuellen Geldstrafe schweigt das Veterinäramt, bestätigt aber, dass die Tiere jetzt gut betreut seien. "Sie wurden untersucht, behandelt und sind bis zum Ende der Isolationszeit im Tierheim untergebracht", teilt die Pressestelle des Landratsamtes auf Nachfrage mit. Der amtliche Tierarzt habe Kontakt zum Tierheim. Es ständen eine Wurmkur wie auch eine Impfungen entsprechend des Gesundheitsstatus' und Alters der Tiere auf dem Programm.

Die allgemein als gutmütig und charmant geltenden Französischen Bulldoggen werden es danken. Schließlich mögen diese Hunde, die vor allem durch ihre Fledermausohren auffallen, Gesellschaft und eine ausgeglichene Atmosphäre. Hitze oder Kälte vertragen sie nicht. Der Transport im Kofferraum war für sie ein Martyrium.

Kost, Logis, medizinische Betreuung der Französischen Bulldoggen: Laut Aussage des Veterinäramtes würden die Kosten dem Verursacher in Rechnung gestellt – nach Beendigung des derzeit laufenden Verfahrens. Derzeit kommt der Landkreis in großen Teilen dafür auf. Die Arbeit, die Vermittlung an zukünftige Besitzer - all dieser Aufwand bleibt an den Mitarbeitern des Tierheims hängen.

Im Landkreis scheint das illegale Geschäft mit niedlichen Tieren zu brummen. In den vergangenen zwei Jahren wurden laut Veterinäramt insgesamt in 74 Fällen Tiere in Verwahrung genommen, also mehrere hundert Tiere. Dabei handele es sich ausnahmslos um illegale Einfuhr, also Schmuggel.

Für das Tierheim sind die geschmuggelten Welpen jedoch nur die Spitze des Eisberges. Die allermeisten Tiere, die auf dem Windberg in Obhut genommen, kastriert und aufgepäppelt werden, stammen aus der Region. Was wird aus ihnen, wenn das Tierheim schließen müsste?

Nähere Infos zu Möglichkeiten einer Spende und/oder Vermittlung gibt es unter www.tierheim-freital.de