Kreischaer Musiker rockt die Pandemie

Die Gitarren haben erst einmal Pause. In Reihe aufgestellt ruhen sie in ihren Ständern. Tino Z hat stattdessen die Computer hochgefahren, mehrere PCs laufen im Studio unter dem Dach eines unscheinbaren Wohnhauses in Gombsen. Musik machen, das ist richtig viel Arbeit mit richtig viel Technik.
Dabei klingt es doch immer so locker und mühelos, wenn Tino Z zur Gitarre greift und seine Finger geradezu akrobatisch über das Griffbrett flitzen. Doch mit der Lockerheit ist es jetzt erst einmal vorbei. In dem kleinen Studio entsteht in mühseliger Puzzlearbeit gerade ein neues Album. "Highway Man" wird es heißen.
Die verschiedenen Lieder, vor allem Countrysongs aus siebzig Jahren Musikgeschichte, sind bereits eingespielt, die Instrumente aufgenommen. Nun müssen die einzelnen Titel abgemischt und fertig gemastert werden. "Bis Jahresende will ich damit fertig sein", sagt Tino Z. Im Frühjahr und damit pünktlich vor der nächsten sommerlichen Musiksaison kommt das neue Album heraus.
35 Lieblingssongs auf einem Blatt Papier
Es ist die zweite Scheibe einer vierteiligen Serie, die man getrost als Corona-Tetralogie bezeichnen könnte. "Im ersten Lockdown saß ich da, lebte von ein paar Tantiemen und meinen Rücklagen und habe mich gefragt, wie es weitergehen soll", berichtet Tino Z.
Er nahm sich damals ein leeres Blatt Papier und listete all die Lieder auf, die er selbst schon immer mal einspielen wollte. Seine ganz persönliche Hitliste aus Blues, Rock, Pop, Country. Die Idee war, ein paar Lieder für ein Album zusammenzubekommen. Am Ende waren es 35 Songs, was locker für drei oder eher für vier Scheiben reichte. Eine Tetralogie also.
Im Herbst 2020 machte Tino Z sich an die Arbeit. "Solitary Man" entstand. Der Titelsong wurde einst von Neil Diamond geschrieben und unter anderem von Johnny Cash gesungen. Unter dem wollte Tino Z gar nicht erst anfangen. Und "Solitary Man", also "Einzelgänger", das passt auch gut auf den Musiker Tino Z, der für sich als One Man Band wirbt.
Zeitreise durch die Musikgeschichte
Tino Z ist meistens als Solist auf den Bühnen des Landes unterwegs. Er spielt Gitarre, Bassdrum und singt - alles gleichzeitig. Er textet und komponiert selbst, singt aber auch gerne bekannte oder unbekannte Nummern aus Country, Rock und Blues. Ein Konzert von Tino Z ist immer eine Zeitreise durch die Musikgeschichte. Wobei er neueren Songs nicht abgeneigt ist. Auf seiner Hitliste steht beispielsweise auch ein Stück von den White Stripes, also Musik der 2000er-Jahre.
Sein aktuelles Projekt "Highway Man" knüpft an "Solitary Man" an. Für die Studioarbeit stehen ihm einige Musiker zur Seite. "Richtige Profis an Bass und Schlagzeug", wie Tino Z betont.
Dabei gilt er selbst als einer der besten Rockgitarristen Sachsens. Dass Tino Z, in Freital aufgewachsen, durchaus Talent hat, viel schon früh auf. Doch zunächst verschlug es den jungen Zetzsche - so sein voller Name - ins Freitaler Edelstahlwerk, wo er Schmied lernte.
Seine Zukunft sah er aber als Berufsmusiker und bewarb sich um einen der raren Studienplätze an der Dresdner Musikhochschule. Um sich darauf vorzubereiten, arbeitete er als Nachtpförtner und konnte dabei stundenlang ungestört an seinem Gitarrespiel feilen. Zum Studium kam es dann nicht mehr, die Wende verschlug den Freitaler nach Frankfurt/Main.
Album Nummer zwei heißt "Highway Man"
Aus seiner Sicht ein Glücksfall. "Ich konnte dort mit sehr guten Leuten gemeinsam spielen und habe dabei richtig viel gelernt. Das war sozusagen mein Studium." Außerdem ließ sich Tino Z zum Mediengestalter Bild und Ton ausbilden, ein Beruf, der ihm als Musiker mehr als entgegenkommt. Denn so kann er seine Alben selbst abmischen und produzieren, sich ums Layout der Cover kümmern, Videos produzieren.
Im Blick hat er neben "Highway Man" nun schon Pandemie-Album Nummer drei, "Blues Man". "Ich rechne ja schon ganz fest mit der Pandemiesaison 2022/23", sagt er und grinst. Denn unter normalen Bedingungen hätte er niemals Zeit für solch ein vier-Alben-Projekt.
Unter normalen Bedingungen wäre er demnächst im da capo in Freital aufgetreten, die Konzertreihe "Live-Musik-Bühne" sollte endlich wieder stattfinden, die Tino Z federführend organisiert.
Und dann hätte er Anfang Dezember gemeinsam mit Dresdner Schriftsteller Francis Mohr einen Auftritt im Kulturpalast gehabt, eine musikalische Lesung. "Im Kulturpalast. Da kommt man nur ganz schwer rein, das ist schon etwas Besonderes", schwärmt er. Abgesagt.
Freitaler Live-Musik-Bühne soll neu starten
Also bleibt nur das Studio-Projekt. Tino Z hofft, dass sich die Lage im Januar wenigstens so weit beruhigt hat, dass er wieder auf der Bühne stehen kann. Am 20. Januar zum Beispiel plant er gemeinsam mit dem Porzellankünstler und Schriftsteller Olaf Stoy einen Auftritt im Vereinshaus Kreischa.
Er hofft auch für all die anderen Musiker und schaut etwas ratlos auf die frisch gedruckten Flyer von der "Freitaler Live-Musik-Bühne". "Das war ein riesiger Erfolg, wir hatten uns viele Gäste erarbeitet. Wir haben ganz klein angefangen und waren zum Schluss knackevoll. Dann kam die Pandemie."
Jetzt will man neu starten, hat für 2022 neun Konzerte organisiert. Los geht es am 28. Januar mit der Elster Blues Band, am 25. Februar spielen Two Of Us. Es bleibt noch die Hoffnung. Und bis dahin wird im Studio gegen die Pandemie angerockt.