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Freude und Sorge beim Buchen

Wegen Terrorangst ist die Urlaubslaune dieses Jahr gedrückt. Die Freitaler suchen deshalb andere Reiseziele.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Linda Barthel

Freital. Die Hochzeitsreise soll nicht in die Türkei gehen. Das steht fest. Zwar sind die künftigen Eheleute immer gern in das Land gereist, doch die Mutter des Bräutigams hat Angst. Die Zeiten sind zu unruhig. Deshalb sucht Katja Günther vom DER- Reisebüro in Freital nach alternativen Zielen für die Flitterwochen. „Wir merken schon, dass anders gebucht wird. Früher wollten viele nach Ägypten, Tunesien und in die Türkei. Heute sind eher Spanien, Griechenland und Kroatien gefragt.“ Die beliebtesten Reiseziele der Deutschen haben sich geändert. Und nicht nur das, viele verzichten sogar ganz auf ihren Auslandsurlaub. Grund dafür ist vor allem die Angst vor Terror. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK gaben 21 Prozent an, in diesem Jahr keine mindestens fünftägige Urlaubsreise zu planen. Die Tourismusanalyse wurde für die Hamburger BAT-Stiftung für Zukunftsfragen durchgeführt.

Aus der Umfrage geht auch hervor, dass 37 Prozent noch gar keine konkreten Urlaubspläne haben. Ulrich Reinhardt, der Leiter der BAT-Stiftung, erklärte dies mit der Verunsicherung durch Terroranschläge in Tunesien, Ägypten, Kopenhagen und Paris. Zudem werde die wirtschaftliche Lage skeptisch gesehen. „Als Motto könnte man fast sagen: Urlaubsfrust statt Reiselust.“ Bereits 2015 seien erstmals seit Jahren weniger Menschen in den Urlaub gefahren.

Auch die Reisebüros in der Region merken, dass ihre Kunden verunsichert sind. Sie buchen kurzfristiger und sind vorsichtiger, sagt Katja Günther vom Freitaler DER-Reisebüro. Einen Buchungsrückgang könne sie aber nicht feststellen. Vor allem im Januar habe man viele Kunden gehabt. „Das Reisen will sich keiner so einfach nehmen lassen“, sagt Katja Günther. Einige Reiseveranstalter seien auch sehr kulant und lassen die Kunden kostenlos umbuchen, wenn die Lage im Urlaubsland zu kritisch wird. „Auch Reisen an die türkische Riviera buchen die Leute nach wie vor.“

Ihre Kollegin Annegret Ossmann vom DER-Reisebüro in Pirna schätzt die Situation ähnlich ein. Türkei, Tunesien, Ägypten, und Marokko seien „out“, Mallorca, Kanaren, England und Irland im Kommen. Wer jedes Jahr in die Türkei fliege, würde das jedoch auch 2016 tun. „Man muss aber schon sagen, dass die Leute insgesamt verunsichert sind und viel nachfragen“, sagt Annegret Ossmann. Die meisten Reisewilligen würden ihren Urlaub zwischen November und Januar buchen. „Da haben wir schon einen Rückgang gemerkt.“ Zahlen könne sie aber nicht nennen. „Vielleicht hoffen die Leute auch auf Last-Minute-Angebote.“

Türkei als großes Fragezeichen

Irinel Jahnke vom Freitaler Sonnenklar-Reisebüro ist sich dessen nicht so sicher. „Die Leute sind immer verunsichert, wenn es irgendwo eine Katastrophe oder Krise gibt.“ Das sei beispielsweise auch zu Zeiten der Schweinegrippe so gewesen. Im Sonnenklar müsse man ebenfalls einen Buchungsrückgang verzeichnen. Der halte sich allerdings in Grenzen. „Wenn Reisende aus kritischen Ländern zurück sind, dann fragen wir nach, wie es vor Ort war. Die Erfahrungen helfen dann anderen Kunden, die sich beim Buchen unsicher sind.“

Ulrich Reinhardt von der der BAT-Stiftung beschreibt vor allem die zurückgegangene Reiselust der älteren Generation als besorgniserregend. Sie sei der „Motor der vergangenen Jahre“ gewesen.

Auch im Dippoldiswalder Reiselädchen merken die Mitarbeiterinnen, dass ihre Kunden intensiver beraten werden wollen. Sie fragen viel nach, sagt Yvonne Richter. „Ich würde nicht sagen, dass wir weniger Buchungen haben, aber die Kunden weichen auf Spanien, Bulgarien oder innerdeutsche Reisen aus. Und sie überlegen lange, bevor sie sich entscheiden.

Dass Deutschland als Urlaubsort sehr beliebt ist, hat auch die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK ergeben. Fast ein Viertel der Befragten mit festen Plänen will die schönste Zeit des Jahres im Inland verbringen. Deutschland ist das mit Abstand beliebteste Reiseziel. Dabei legte im Zehn-Jahres-Vergleich besonders Mecklenburg-Vorpommern zu. „Die Türkei ist das ganz große Fragezeichen in dieser Saison“, sagt Ulrich Reinhardt von der der BAT-Stiftung. Er sehe die Lage trotz der Terroranschläge von Istanbul und Ankara allerdings nicht so pessimistisch. (mit dpa)