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Friede um die Friedensburg

Die Stadt bekommt Grundstücke für den Wanderweg und Geld. Der Besitzer das Wohnrecht auf dem Anwesen.

Von Peter Redlich
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Über zehn Jahre haben sich die Besitzer und die Stadt Radebeul um die Nutzung der Friedensburg gestritten.
Über zehn Jahre haben sich die Besitzer und die Stadt Radebeul um die Nutzung der Friedensburg gestritten. © Norbert Millauer

Radebeul. "Es ist kein Sieg, aber eine große Freude, dass jetzt die Weinbergwanderer hier entlang spazieren können und ich hier wohnen darf.“ Der das am Freitag sagt, ist Oliver Kreider, der Besitzer der Friedensburg seit 2014/15.

Seit über zehn Jahren haben sich die Stadt Radebeul im Bunde mit dem Stadtrat mit den Besitzern der Friedensburg gestritten. Der Kern des Streites: Soll auf der Friedensburg weiter, wie früher, Gastronomie betrieben werden oder nicht. Schon 1993 ist die Gaststätte geschlossen worden. Sporadisch gab es noch eine Bewirtschaftung der Außenterrasse mit der herrlichen Aussicht. Doch auch die musste wegen Baufälligkeit geschlossen werden. Weil der damalige Besitzer verstarb, wurde das Anwesen 2003 an Carsten Weinberg, einen Druckereibetreiber aus Chemnitz, verkauft.

Dieser sagte in seinem ersten Bauantrag zur Sanierung zu, hier wieder eine Gaststätte mit 60 Plätzen betreiben zu wollen. Die Stadt stellte dazu einen Bebauungsplan auf, in dem für dieses Gebiet im Außenbereich gastronomische Nutzung steht. Doch ab 2008 wehrte sich Weinberg dagegen und klagte. Eines der vielen Gutachten besagte, dass die Friedensburg als Gaststätte einen Wert von rund 500.000 Euro haben sollte, als Anwesen mit Wohnungen allerdings mindestens das Vierfache. Der Besitzer bot die Immobilie im Internet für bis zu 3,5 Millionen Euro an, als Luxuswohnobjekt.

Er fand keinen Käufer. Der Streit zog sich hin. Weinberg geriet in finanzielle Schwierigkeiten. Der heutige Besitzer lieh ihm Geld und ließ sich als Sicherheit eine Option zum Kauf der Friedensburg eintragen. 2014 war es dann so weit – die Friedensburg wurde zwangsversteigert. Auch die Stadt versuchte mitzumischen, um in Sinne des Stadtratswillens wieder ein Restaurant auf der Höhe zu bekommen. Ersteigert hat das Anwesen schließlich Oliver Kreider, ein Immobilienkaufmann, der seinen Firmensitz in Hartmannsdorf bei Chemnitz hat.

© SZ-Grafik/Gernot Grundwald

Auch Kreider verfolgte weiter die Absicht, auf der Friedensburg wohnen zu wollen. Bislang war dies – neben der Gastronomie – nur mittels einer Hausmeisterwohnung gestattet. Wiederholt befasste sich inzwischen das Oberverwaltungsgericht in Bautzen mit dem Streit. In den Unterlagen passierten der Stadt Formfehler, die das Verfahren verlängerten. Neue Gutachten wurden angefertigt – sie sollten zuletzt aussagen, ob das Betreiben einer Gaststätte wirtschaftlich zumutbar ist oder nicht.

2017 zeichnete sich zunehmend ab, dass die Richter des OVG dem Ansinnen der Anwälte von Kreider folgen. Ihm eine Gastronomie zu verordnen, zeichnete sich als immer unwahrscheinlicher ab. Zugleich wurde im Stadtrat bekannt, dass die Stadt Radebeul in diesem Streit bereits fast 200.000 Euro an Anwaltskosten aufgewandt hat.

Oliver Kreider unterbreitete 2017 erste ernsthafte Vorschläge, wie der Streit beigelegt werden könnte. Er gibt ein Stück seines Grundstücks an die Stadt ab und macht damit den Weg in Fortsetzung der angefangenen Weinbergtreppe auf der Ostseite der Friedensburg frei. Zugleich beteiligt er sich mit 100 000 Euro an den Kosten für eine mögliche Besenwirtschaft auf dem Plateau auf der Ostseite der Friedensburg.

Doch nach wie vor stritten Anwälte für beide Seiten. Den Durchbruch brachte dann eine Wanderung der beiden wichtigsten Vertreter, Radebeuls OB Bert Wendsche (parteilos), und Oliver Kreider an einem kalten Novembertag vor einem Jahr durch die Moritzburger Teichlandschaft. Vorgeschlagen und organisiert war das Treffen – ohne Anwälte – durch die Sächsische Zeitung. Beide sprachen sich aus und erläuterten ihre Absichten. Fortan war es erstmalig seit Streitbeginn 2008 möglich, dass direkte Gespräche stattfinden konnten.

In der Zwischenzeit ergab sich, dass das Errichten einer zusätzlichen Besenwirtschaft unterhalb der Friedensburg im Landschaftsschutzgebiet eine lange Prozedur mit wenig Aussicht auf Erfolg sein kann. Zugleich eröffnete sich für die Stadt die Möglichkeit, den benachbarten Weinberg samt Besenwirtschaft vom Winzer Frank Förster zu erwerben. Förster bewirtschaftet das Anwesen schon längere Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr.

Damit war ein schlüssiger Kompromiss möglich: Grundstücke und Geld von Kreider gegen das Wohnrecht für ihn. Und nachfolgend die Zustimmung vom Stadtrat für Verhandlungen zum Erwerb von Försters Weinberg und Besenwirtschaft. Letzteres könnte beispielsweise das Stadtweingut Hoflößnitz betreiben.

All das mündete diese Woche in eine Beschlussvorlage der Stadtverwaltung. Wie inzwischen bekannt wurde, hat die Mehrheit der Stadträte dem zugestimmt. In den nächsten Wochen wird alles unterschriftsreif von den Anwälten vorbereitet. Wahrscheinlich kann so noch bis Jahresende der Friedensburg-Streit endgültig beigelegt werden.

Im nächsten Jahr könnte endlich die Planung für den Wanderweg fortgesetzt und anschließend die Weinbergtreppe mit Geländer versehen dann ihren eigentlichen Zweck erfüllen.