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Friedliche Rebellion

Rund 2 000 Punks feierten beim Back to Future-Festival in Glaubitz. Zwei Studenten erzählen von ihrem Besuch.

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Von Kevin Schwarzbach

Glaubitz. Freudestrahlend kommen Tina und Markus vom Kickertisch aus über das Festivalgelände gelaufen. Soeben hat die chinesische Punkrockband SMZB ihre letzten Töne gespielt, mit ein wenig Verspätung strömen nun noch die letzten Vibrationen durch den Boden. „Klasse Nummer“, ruft Markus und nippt mit seiner Gefährtin am Bier.

Gebannt lauscht eine Besucherin mit stilechter Haarpracht dem Auftritt der chinesischen Punkrock-Band SMZB am späten Sonnabendnachmittag.
Gebannt lauscht eine Besucherin mit stilechter Haarpracht dem Auftritt der chinesischen Punkrock-Band SMZB am späten Sonnabendnachmittag.

Die beiden Studenten sind aus Trier nach Glaubitz gekommen, um sich beim Back to Future-Festival die Seele aus dem Leib zu tanzen und ihre Ohren einem beängstigenden Stresstest zu unterziehen. Von Donnerstagabend bis Sonntagmorgen lassen die grellen Töne der Punkmusik das Gebiet am Glaubitzer Waldbad erzittern.

Einst ein Blues-Festival

Zum wievielten Mal die auffallenden Anhänger der rebellischen Subkultur bereits in dem 2 000 Seelen-Ort Glaubitz zu Gast sind, weiß heute keiner mehr. „Wir können das nur schwer nachvollziehen, weil die Veranstaltung in den 80er Jahren als Blues-Festival gestartet ist. Der Übergang zum Punk kam schleichend“, sagt Holm Weichhold. Gemeinsam mit seinem Team aus rund 50 ehrenamtlichen Helfern hat er das Festival auf die Beine gestellt.

Tina und Markus müssen nicht nachrechnen, sie sind das erste Mal beim Back to Future, Markus sogar das erste Mal in Sachsen. „Wir haben schon vor ein paar Jahren von diesem Festival gehört“, sagt er. „Aber wir haben uns meist für andere Veranstaltungen entschieden“, ergänzt Tina. „Doch dieses Jahr hat alles gepasst, wir haben uns dann gleich noch Dresden, Glaubitz und die Umgebung angesehen. Alles sehr schön.“

Ein positiver Nebeneffekt, den auch der Festival-Chef gern hervorhebt. „Ich höre von vielen Besuchern und Musikern, dass sie vor oder nach der Veranstaltung noch ein paar Tage in der Region bleiben“, sagt Holm Weichhold. Aus seiner Sicht ein beachtlicher Effekt, zumal seine Veranstaltung ohne Zuschüsse auskommen muss.

Die Männer und Frauen, die sich die Rebellion zumeist mit bunter Tinte unter die Haut geschrieben haben, wissen das Engagement der Organisatoren zu schätzen. „Sie feiern absolut friedlich“, sagt Holm Weichhold. Ihre Energie nutzen die Punks, um ihre Haare durch die Luft zu schwingen. Auf der Straße würde Markusauffallen; seine pinken Filzlocken, die wie schlaffe Hörner in sein Gesicht hängen, sind ein Blickfang. Doch beim Back to Future-Festival ist für den Student der Sozialpädagogik kein Frisuren-Wettbewerb zu gewinnen. Den Sieg machen die Besucher mit bunt gefärbtem Irokesenschnitt unter sich aus. Grün, blau, lila, rot, gelb und orange – die Farbenlehre gibt’s bei den Punks auf dem gen Himmel gestylten Haupthaar.

Familiäre Atmosphäre

Die rund 2 000 Festivalbesucher sind aus ganz Deutschland nach Glaubitz gereist, auch einige Engländer und Amerikaner sind dabei. Ähnlich weite Anreisen hatten wohl nur die Bands aus China und Australien. „Das Programm ist wirklich außergewöhnlich. Bei den über 30 Bands steckt vieles drin, was man sonst nicht bekommt“, lobt Tina. „Und die Atmosphäre hier in Glaubitz ist einfach wahnsinnig. Das Festival ist zwar klein, aber dafür richtig familiär“, sagt Markus.

Ein Lob, das Holm Weichhold gern hört. „Ich bin froh, dass wir die Gäste mit unseren begrenzten Mitteln glücklich machen können.“ Und dann ist da noch ein Dank: „Das Wetter hat etwas gebraucht, aber am Sonnabend hat es dann mitgespielt“, sagt Holm Weichhold und blickt in den strahlenden Sonnenschein. Festivalwetter. Nur der Irokese auf der Sonne fehlt.